DAANES kritisiert Zusammensetzung von Komitee für Dialogkonferenz

Eine von den neuen Herrschern in Damaskus angekündigte „Konferenz des nationalen Dialogs“ soll über die Zukunft Syriens bestimmen. Ein Komitee, das zur Vorbereitung gegründet wurde, besteht aber hauptsächlich aus HTS-Kadern.

Dialog kann nicht im Licht der Ausgrenzung stattfinden

Die syrische Übergangsregierung hat vergangene Woche die Bildung eines Komitees für die Vorbereitung der „Konferenz des nationalen Dialogs“ bekanntgegeben, die Syriens De-facto-Machthaber Abu Mohammed Al-Dscholani, der sich inzwischen mit seinem bürgerlichen Namen Ahmed Al-Scharaa ansprechen lässt, Ende Januar angekündigt hatte. Der Chef der Islamistenmiliz „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS), die derzeit die Interimsregierung stellt und sich offiziell aufgelöst haben will, hatte eine „inklusive Übergangsregierung“ angekündigt, „die die Vielfalt Syriens, seiner Männer, Frauen und Jugendlichen widerspiegelt“ und staatliche Institutionen aufbaut. Der nun gebildete Ausschuss soll nun den politischen Weg zu einer neuen Verfassung sowie Wahlen ebnen und die sogenannte Dialogkonferenz planen.

Politische Farbe des Komitees ist HTS

Ein Blick auf die Personalien des Vorbereitungskomitees lässt allerdings Zweifel über die von Al-Scharaa betonte „Inklusivität“ aufkommen, da weder die von Kurdinnen und Kurden geprägte Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) vertreten ist, noch die Repräsentanz nicht-sunnitisch-arabischer Volksgruppen im Vielvölkerstaat Syrien gegeben ist, etwa die drusische Minderheit, die Suryoye oder die alawitische Gemeinschaft. Mindestens fünf der sieben Mitglieder stehen HTS nahe, bei zwei weiteren handelt es sich um Frauen.

Gründer von Scharia-Gerichten im besetzten Rojava im Komitee

Youssef al-Hajer ist der frühere Leiter des politischen Büros von HTS; Mustafa al-Moussa war Chef des Gesundheitsausschusses der HTS-Regierung in Idlib; der Arzt Mohammed Mastet war Mitglied des sogenannten Gesundheitsministeriums in Idlib und Hassan al-Daghim, der sich neuerdings als „Islamforscher“ ausgibt, war Verantwortlicher der „Direktion für moralische Führung“ der Türkei-gesteuerten Dschihadistenallianz „Syrische Nationalarmee“ (SNA) und zuständig für die Gründung von Scharia-Gerichten in den besetzten Gebieten Rojavas. Weitere Mitglieder des Komitees sind der islamistische Autor Maher Alloush, die Direktorin des „Syrischen Zen­trums für Dialog, Frieden und Versöhnung“ mit Sitz im kanadischen Toronto, Hind Kabawat, und die Architektin Huda Al-Atassi, die nach ihrer Flucht aus Syrien im Libanon die „International Humanitarian Relief Foundation“ gründete.

DAANES: Rückkehr zum zentralen System

Die DAANES reagierte verständlicherweise entsetzt auf die Zusammensetzung des Vorbereitungsausschusses für die Dialogkonferenz. In einer Mitteilung erklärte die Autonomieverwaltung: „Der Fall des Assad-Regimes hat die Hoffnungen auf einen Wandel im Verhalten der Zentralregierung in Damaskus erneuert. Nun ist es möglich, der Aufbau einer demokratischen Zukunft durch die Bevölkerung in Syrien, zu erreichen. Dies war das allgemeine Ziel des syrischen Volkes seit Beginn der syrischen Revolution.

Die Gründung des Vorbereitungskomitees für den nationalen Dialog in Syrien findet leider nicht unter dem Vorzeichen der Inklusion statt. Dieser Ansatz basiert auf einer Fehleinschätzung der aktuellen Lage in Syrien. Er zeigt auch deutliche Versäumnisse im Prozess der demokratischen Transformation für ein neues Syrien. Die Exklusion durch dieses Vorbereitungskomitee droht, die Dinge zum alten zentralen System zurückzuführen, und das ist etwas, was wir in Nord- und Ostsyrien weder hoffen noch bevorzugen.

Die aktuelle Situation erfordert eine echte Vertretung aller Syrerinnen und Syrer ohne Exklusion. Bei der Entwicklung der syrischen nationalen Einheit muss die tatsächliche und demokratische Partizipation aller politischen und ziviler Akteure sowie der Frauen gewährleistet werden. Nur wenn der Wille der etwa fünf Millionen Syrerinnen und Syrer in den Gebieten der Selbstverwaltung einbezogen wird, ist es möglich einen inklusiven Staat in Syrien zu schaffen.

Ausschuss repräsentiert nicht die syrische Bevölkerung

Das Komitee, das zur Vorbereitung des nationalen Dialogs gebildet wurde, repräsentiert nicht die syrische Bevölkerung und wird den verschiedenen Bevölkerungsgruppen nicht gerecht. Ein Dialog kann nicht im Licht der Ausgrenzung stattfinden. Dieses Komitee stellt den Beginn einer Politik der Marginalisierung dar, die die Syrerinnen und Syrer niemals akzeptieren werden.

Wir rufen alle, die sich ein vereintes, starkes Syrien wünschen, dazu auf, die syrische Realität so zu lesen, wie sie ist, ohne jede Leugnung oder Marginalisierung. Die Stärke unseres syrischen Heimatlandes liegt in der Einheit, Solidarität und dem gemeinsamen Willen seiner Bevölkerung. Dies sind die wahren Garantien für eine vielversprechende demokratische Zukunft, die der Geschichte Syriens würdig ist.“

 Das Komitee, das den nationalen Dialog über die Zukunft Syriens organisiert, verlangte die Entwaffnung aller Rebellenfraktionen. Gruppen, die sich weigerten, ihre Waffen niederzulegen und sich der Autorität des Verteidigungsministeriums zu unterwerfen, würden keine Rolle bei der Konferenz spielen.“