Cizîr: Kommunaler Besitz an staatliche Einrichtungen verschenkt

Der staatliche Zwangsverwalter in Cizîr hat 260 Millionen Lira Schulden hinterlassen. Kommunales Eigentum ist staatlichen Einrichtungen überschrieben worden. Der Bürgermeister der Stadt spricht von Verfassungsbruch.

Seit den Kommunalwahlen am 31. März in der Türkei wird in den Rathäusern in Kurdistan untersucht, welche Ausgaben in der Zeit der Zwangsverwaltung getätigt wurden. Das Rathaus in Cizîr (Cizre, Provinz Şirnex/Şırnak) war wie viele weitere Kommunalverwaltungen in den kurdischen Gebieten unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt worden. Als der aus Ankara eingesetzte Treuhänder die Verwaltung übernahm, befanden sich 32 Millionen Türkische Lira in der kommunalen Kasse. Die im März gewählten Ko-Bürgermeister*innen der Demokratischen Partei der Völker (HDP) übernahmen ihr Amt mit einem während der Zwangsverwaltung entstandenen Schuldenberg von 260 Millionen TL.

Über die Verschuldung hinaus ist bewegliches und unbewegliches Eigentum der Kommune in Milliardenhöhe unentgeltlich an staatliche Einrichtungen überschrieben worden. Gegenüber ANF bezeichnete Ko-Bürgermeister Mehmet Zırığ die Überschreibungen als ungesetzlich. Das gesamte Vorgehen des Treuhänders sei darauf ausgelegt gewesen, die Kommunalverwaltung handlungsunfähig zu machen oder gleich ganz abzuschaffen.

Zu der unentgeltlichen Überschreibung von kommunalem Besitz an staatliche Einrichtungen erläutert der Bürgermeister: „Unser Dienstleistungszentrum ist dem Landratsamt überschrieben worden. Es ist unfassbar, dass ein Mensch eine Einrichtung der Bevölkerung an sich selbst überschreibt. Es gibt noch weitere solche Beispiele: Ein öffentliches Schlachthaus, das mit kommunalen Geldern als Dienstleistung für die Bevölkerung eröffnet worden war, ist der nationalen Bildungsbehörde überschrieben worden. Wo der Zusammenhang zwischen einem Schlachthaus und der Bildungsbehörde ist, haben wir nicht verstanden.“

Der einzige öffentliche Platz in Cizîr ist nach Angaben von Mehmet Zırığ an die Polizeidirektion übergeben worden. „Der riesige Platz der Republik ist zu einem Wachposten geworden. Kurz gesagt hat der Zwangsverwalter verfassungswidrig gehandelt. Es handelt sich um einen Putsch gegen die verfassungsrechtlich abgesicherte Kommunalverwaltung. In einem demokratischen Staat wäre die Justiz längst gegen diese Plünderungen vorgegangen. Die Verantwortlichen hätten wegen Verstoß gegen die Verfassung vor Gericht gestellt werden müssen.“