In Elbistan in der Provinz Gurgum (tr. Maraş), in der das Epizentrum der beiden aufeinander folgenden Erdbeben am 6. Februar lag, wird die koordinierte Solidaritätsarbeit der HDP und der linken Organisation Partizan von staatlich unterstützten Banden sabotiert. Mit den zunehmenden Angriffen sollen die Freiwilligen offenbar aus der Region vertrieben werden.
Wie die Freiwilligen gegenüber ANF berichten, waren zunächst Geflüchtete von den Angriffen betroffen. In den letzten Tagen richtet sich die Aggression auch direkt gegen die Arbeit der HDP und Partizan. Die Freiwilligen sagen, dass zunächst ein junger Syrer, dem sie Hilfsgüter gebracht hatten, einem Lynchversuch ausgesetzt war. Er sei von zwanzig Personen verfolgt worden, dabei seien Schüsse gefallen. Der junge Mann suchte Zuflucht in einem alevitischen Gemeindehaus. Seine Verfolger belagerten mit rassistischen Parolen das Zentrum und forderten seine Herausgabe. Die Hetzjagd endete erst, als HDP-Mitglieder intervenierten und erklärten, dass der Syrer kein Dieb sei. Die Polizei verständigte sich anschließend mit der Leitung des alevitischen Zentrums darauf, dauerhaft in der Einrichtung präsent zu sein und in der Umgebung Patrouillen durchzuführen.
Die Freiwilligen von HDP und Partizan haben kurz nach dem Erdbeben damit begonnen, einen Raum des Gemeindehauses als Lager für Hilfsgüter zu nutzen und innerhalb des Zentrums Unterkünfte für Erdbebenopfer zu errichten. Die Leitung des alevitischen Gemeindehauses machte von Anfang an deutlich, dass sie damit nicht einverstanden ist, und ging den Angaben zufolge nicht auf Gesprächsversuche ein.
Die Freiwilligen sagen, dass die Leitung des Gemeindehauses nicht direkt gegen die Unterstützung für die Erdbebenopfer vorgehen konnte und deshalb mit den Banden in Elbistan kooperiert hat. So sei eine Person zu dem Lager gekommen und habe sich darüber beschwert, dass ihr nicht geholfen wurde. Eine weitere Person beschimpfte daraufhin die Freiwilligen, die Stimmung wurde zunehmend aggressiver. Als die HDP-Mitglieder zu beschwichtigen versuchten, habe eine weitere Person die Polizei gerufen und behauptet, sein Vater sei angegriffen worden. Der HDP gelang es nach einigen Bemühungen, den Provokationsversuch abzuwenden. Die Gemeindehausleitung forderte trotzdem, dass die HDP das Lager räumen müsse.
Die Freiwilligen gehen davon aus, dass ihre Arbeit aufgrund ihrer kurdischen und revolutionären Identität sabotiert werden soll. Sie sind jedoch entschlossen, die Solidaritätsarbeit fortzusetzen. Unterdessen hat die Leitung auch Soldaten und sogenannte „Dorfschützer“ in das alevitische Gemeindehaus geholt. Die paramilitärischen Dorfschützer kommen aus Riha (Urfa) und haben bei der Müllentsorgung aus dem Garten des Gemeindehauses versucht, mit den Freiwilligen ins Gespräch zu kommen und sie auszuhorchen.
Darüber hinaus berichten die Freiwilligen, dass sie von der Antiterrorpolizei observiert werden. Dabei kommen sogar Drohnen zum Einsatz. Die Polizei habe außerdem Erdbebenopfer zu der von ihnen geleisteten Solidaritätsarbeit befragt. In der Stadt herrscht zudem eine auffällig hohe Militärpräsenz.