Angaben zu gefallenen Guerillakämpfer:innen veröffentlicht

Die HPG haben Angaben zu den Mitte der Woche bei einer Militäroperation der türkischen Armee im Landkreis Heskîf gefallenen Guerillakämpfer:innen veröffentlicht.

Şervan Botan und Axîn Gabar

Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) hat einen Nachruf auf die am Mittwoch im Zuge einer türkischen Militäroperation im Landkreis Heskîf gefallenen Guerillakämpfer:innen veröffentlicht. „Am 19. Juni 2024 kam es zu einem Feindkontakt zwischen unseren im Gebiet Mawa in Botan befindlichen Genossinnen und Genossen und dem türkischen Besatzerstaat. Bei den darauf folgenden Angriffen sind die apoistischen Fedai-Militanten Axîn und Şervan gefallen“, teilten die HPG mit und sprachen den Angehörigen und dem Volk Kurdistans ihr Beileid aus. Zu den Gefallenen machten die HPG folgende Angaben:
 

Codename: Axîn Gabar
Vor- und Nachname: Zeynep Özkan
Geburtsort: Şirnex
Namen von Mutter und Vater: Emine – Abdullah
Todestag und -ort: 19. Juni 2024 / Botan

 

Codename: Şervan Botan
Vor- und Nachname: Şakir Erdemci
Geburtsort: Mersin
Namen von Mutter und Vater: Hatun – Sadullah
Todestag und -ort: 19. Juni 2024 / Botan

 

Axîn Gabar


Axîn Gabars Familie stammt aus dem Dorf Bana in Şirnex-Basa (Şırnak-Güçlükonak), sie selbst kam in Cizîr zur Welt. Bana wurde wie Tausende weitere kurdische Dörfer 1993 zerstört. Weil die Familie sich weigerte, als „Dorfschützer“ in den Dienst des türkischen Staates zu treten, musste sie die Heimat verlassen und zog nach Cizîr. Auch dort war sie weiter mit Repression konfrontiert. Axîns Kindheit war von der staatlichen Unterdrückung geprägt. Nahe Verwandte von ihr, die sich in den 1990er Jahren der Guerilla angeschlossen hatten, kamen im Kampf ums Leben. Sie waren die Held:innen ihrer Kindheit. Als Jugendliche fuhr sie zum ersten Mal nach Bana und traf dort auf Guerillakämpfer:innen, die sie tief beeindruckten. Nach dieser Begegnung unterstützte sie die Guerilla in der Region lange Zeit als Milizionärin. Aufgrund ihrer Tätigkeit wurde sie festgenommen, konnte dem Druck jedoch standhalten. Sehr bald wollte sie selbst der Guerilla beitreten und brachte diesen Wunsch mehrmals zur Sprache. Wegen ihrer erfolgreichen Arbeit in der Miliz wurde ihr Beitritt immer wieder auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. In dieser Zeit verabschiedete sie sich gedanklich und emotional vollständig von einem Leben innerhalb des bestehenden Systems. Erst 2014 ging sie in die Berge und wurde Guerillakämpferin.


Nach einem kurzen Aufenthalt in den Bergen in Botan kam Axîn für eine Grundausbildung in die Medya-Verteidigungsgebiete. Damals sagte sie, dass sie bei der Guerilla zu sich selbst gefunden und ihre Identität als Frau entdeckt habe. Sie war eine Zeitlang in Gare und anschließend fünf Jahre in Qendîl, wo sie verschiedene Aufgaben übernahm und in den Strukturen der KJK (Gemeinschaft der Frauen Kurdistans) arbeitete. Dadurch konnte sie ihre ideologischen Erkenntnisse vertiefen und die Entwicklung der kurdischen Frauenbewegung unmittelbar verfolgen.

2019 nahm Axîn an einem ideologischen und militärischen Lehrgang an der Haki-Karer-Akademie teil und ging danach nach Heftanîn, um sich am Widerstand gegen die türkischen Besatzungsangriffe zu beteiligen. Sie kämpfte in Xantûr und weiteren Gebieten und übernahm nach der teilweisen Besatzung der Region große Verantwortung. Nach einer weiteren Fortbildung an der Frauenakademie „Şehîd Berîtan“ wurde sie auf eigenen Vorschlag nach Botan versetzt, wo sie bis zuletzt als Militante der YJA Star entschlossen für die Freiheit aller unterdrückten Völker und Frauen kämpfte.

Şervan Botan


Şervan Botan ist in Mersin geboren, seine aus Sêrt-Dih (Siirt-Eruh) stammenden Eltern mussten Kurdistan aufgrund der staatlichen Unterdrückung verlassen. Er wuchs im Bewusstsein seiner kurdischen Identität auf und erlebte einen seiner ersten Konflikte mit dem türkischen Staat in der Grundschule, weil er seine Muttersprache nicht sprechen durfte. Bereits in jungen Jahren entwickelte er Sympathie für die Freiheitsbewegung Kurdistans und wurde politisch aktiv. Im Zuge seines Engagements übernahm er auch konspirative Aufgaben, die große Disziplin erforderten. Nach dem Tod des Guerillakommandanten Numan Amed (Ertem Karabulut), der 2012 in Amed ums Leben kam und den er persönlich kennengelernt hatte, entschied sich Şervan für den bewaffneten Kampf. Weil er zuvor strategisch wichtige Aufgaben übernommen hatte, musste er seinen Beitritt zur Guerilla zunächst zurückstellen und arbeitete weiter in den Städten der Türkei und Nordkurdistans. Erst 2014, während der IS-Angriffe auf Rojava und Şengal, ging er in Amed in die Berge.


Nach einem kurzen Aufenthalt bei der Guerilla in Amed kam Şervan für eine Grundausbildung nach Metîna, wo er ein Jahr in der Praxis blieb. Er entwickelte sich schnell zu einem fähigen Kämpfer und wurde 2015 auf eigenen Wunsch nach Botan versetzt. In dieser Zeit beendete der türkische Staat die Verhandlungen über eine friedliche Lösung der Kurdistan-Frage und startete einen neuen Vernichtungsfeldzug gegen die kurdische Freiheitsbewegung. Şervan beteiligte sich am Widerstand in Gabar, Cûdî, Besta, Wan, Kato und weiteren Gebieten und führte einen atemlosen Kampf.

Nach mehreren Jahren kehrte Şervan zurück in die Medya-Verteidigungsgebiete und hatte an der Şehîd-Îbrahîm-Akademie die Möglichkeit, seine bisherige Praxis auszuwerten und eigene Schwächen und Fehler zu überdenken. Er setzte sich intensiv mit Analysen von Abdullah Öcalan auseinander und gewann neue ideologische Perspektiven. Im Anschluss setzte er seinen Kampf in Botan fort. Die HPG erklären, Şervan Botan habe unter den schwierigsten Umständen gekämpft und mit seiner opferbereiten, bescheidenen und reifen Persönlichkeiten unauslöschbare Spuren hinterlassen.