Amed: Ampullen mit Blutproben auf Friedhof verscharrt

Auf einem Friedhof in Amed sind in einem Abschnitt für „Tote ohne Namen“ gefüllte Blutentnahmeröhrchen gefunden worden. Es wird angenommen, dass es sich um Proben von Guerillakämpfer:innen und ihren Angehörigen handelt.

Auf dem Friedhof Yeniköy im nordkurdischen Amed (tr. Diyarbakir) sind in einem Abschnitt für „Tote ohne Namen“ dutzende Blutentnahmeröhrchen gefunden worden. Der Großteil der Ampullen sei mit Blut gefüllt, andere enthielten gelbe Flüssigkeiten, teilte die Rechtsanwältin Gulan Çağın Kaleli von der Vereinigung für freiheitliche Jurist:innen (ÖHD) mit. Den Fund machten Angehörige von Toten diesen Donnerstag bei einem Friedhofsbesuch anlässlich des muslimischen Zuckerfestes.

Wann die Ampullen auf die Begräbnisstätte gelangt sind und wer sie dort verscharrt hat, sei jetzt Gegenstand von Ermittlungen, so Kaleli. Insgesamt seien es rund hundert Röhrchen, die gefunden wurden. Weiter unterhalb der Erde könnten möglicherweise noch mehr liegen, vermutet die Juristin. Die meisten Proben sollen in den Jahren 2015 und 2017 entnommen worden sein.

2015 brach die Regierung des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan die Friedensgespräche mit der PKK einseitig ab und ging wieder über zu einem martialischen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung und die Befreiungsbewegung. Dieser Krieg dauert auch heute weiter an und richtet sich ebenfalls gegen die Toten des Befreiungskampfes. Regelmäßig werden Gefallenengräber und -friedhöfe geschändet. 2015 war der Guerillafriedhof in Licê sogar aus der Luft bombardiert worden.

ÖHD kündigt ersten Bericht an

Auf den Etiketten einiger gefundener Blutentnahmeröhrchen ist das Datum der Entnahme samt Bearbeitungsnummer der Rechtsmedizin sowie den Namen der Patient:innen / Toten zu lesen: „Ali Demir“, „Gurbet Ergün“, „Rıdvan Aksu”, „Medine Osman“, „Seyithan Aydın”. Es wird vermutet, dass es sich bei den Personen, denen die Proben entnommen wurden, um Guerillakämpfer:innen und ihre Angehörigen handelt. Der ÖHD hat sich der Sache angenommen und will in den nächsten Tagen einen ersten Bericht veröffentlichen.