Leichen seit Jahren nicht ausgehändigt
Hesin Erkol hat im bewaffneten Kampf in Kurdistan zwei seiner Kinder verloren. Bis heute wartet er darauf, dass der türkische Staat ihm ihre Leichen aushändigt. In einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Mezopotamya äußerte sich Erkol über den Schmerz des Verlusts, die politische Verantwortung des Staates und seine Hoffnung auf eine friedliche Lösung der kurdischen Frage – insbesondere im Lichte des jüngsten Friedensappells von Abdullah Öcalan.
Die Leichen wurden nicht übergeben
Die Familie Erkol engagiert sich seit den 1980er Jahren für die kurdische Befreiungsbewegung. Mercan Erkol, deren Nom de Guerre Berîtan Tolhildan lautete, schloss sich 2007 den Verbänden freier Frauen (YJA Star) an. Ihr Bruder Sercan Erkol, bekannt als Şoreş Zewkî, folgte ihr 2013 und ging zu den Volksverteidigungskräften (HPG).
Mercan Erkol starb im Oktober 2017 bei Gefechten im nordkurdischen Pasûr (tr. Kulp). Obwohl ihre Identität etwa eineinhalb Jahre später offiziell bestätigt wurde, ist ihre Leiche bis heute nicht der Familie übergeben worden. Die Begründung: fehlende amtliche Dokumente. Sercan Erkol kam im November 2023 in der Serhed-Region ums Leben. Auch seine Leiche wird der Familie vorenthalten.
Sercan Erkol (l.) und Mercan Erkol © Ruken Polat / Mazlum Engindeniz / MA
„Wir haben Hoffnung durch Öcalans Aufruf“
Trotz des tiefen Schmerzes äußert sich Hesin Erkol hoffnungsvoll über den Friedensaufruf, den Abdullah Öcalan am 27. Februar dieses Jahres aus der Haft auf der Gefängnisinsel Imrali heraus veröffentlicht hatte. „Dieser Aufruf hat uns Hoffnung gegeben“, sagt Erkol. „Unsere Gesellschaft muss das richtig verstehen. Es geht nicht nur um einen Waffenstillstand – es geht um einen echten Wandel, um Frieden.“
Öcalans Botschaft, die zur demokratischen Lösung der kurdischen Frage und zur Beendigung des bewaffneten Kampfes aufruft, sei international beachtet worden und ein Zeichen des politischen Willens zur Verständigung. „Wenn ihm zugehört wird, kann das Blutvergießen in der Türkei enden“, betont Erkol.
„Der Staat muss handeln“
Kritisch äußert sich Erkol über das Verhalten des türkischen Staates. „Seit dem Aufruf gab es keine Reaktion, keinen Schritt in Richtung Frieden“, sagt er. Dabei habe die PKK mit ihrem einseitigen Waffenstillstand bereits signalisiert, auf den Vorschlag Öcalans einzugehen. Erkol fordert daher: „Der Staat muss die ausgestreckte Hand ergreifen. Konkrete und ehrliche Schritte sind notwendig.“
Die Forderung nach einer Freilassung Öcalans steht für ihn dabei im Zentrum: „Seine Freiheit ist der Schlüssel zur Lösung der Probleme in der Türkei. Öcalan hat sich stets für Frieden und Freiheit eingesetzt.“
Ein Appell an Gesellschaft und Politik
Abschließend ruft Erkol die gesamte Gesellschaft dazu auf, die Worte Öcalans ernst zu nehmen: „Es muss endlich eine Lösung für die kurdische und die türkische Frage gefunden werden. Der Krieg muss ein Ende haben, die Rechte der Kurd:innen müssen anerkannt werden.“