VA in Bielefeld: „Krieg in der Ukraine, Krieg in Kurdistan“

Die Bielefelder Initiative gegen Krieg und Militarismus veranstaltet am Dienstag eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Krieg in der Ukraine, Krieg in Kurdistan oder ‚Die Beine der größeren Lügen‘“. Es referieren Susann Witt-Stahl und Yilmaz Pêşkevin Kaba.

Die „Initiative gegen Krieg und Militarismus“ veranstaltet in Bielefeld eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Krieg in der Ukraine, Krieg in Kurdistan oder ‚Die Beine der größeren Lügen‘ - E. Fried“. Zu Hintergründen und Perspektiven äußern sich die deutsche Journalistin Susann Witt-Stahl und der ezidische Aktivist und Moderator Yilmaz Pêşkevin Kaba. Die Veranstaltung findet am kommenden Dienstag, 23. August, im Grünen Würfel auf dem Kesselbrink statt und beginnt um 18:30 Uhr. In der Ankündigung heißt es:

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine geht jetzt mit heftigen Gefechten in den sechsten Monat. Tausende tote Zivilist:innen und Soldat:innen, Vergewaltigungen, marodierende russische Verbände, zerstörte Infrastruktur, eine russische und ukrainische Zivilgesellschaft, die unter den Folgen des Krieges über Jahrzehnte leiden wird. Die Kriegsdauer wird von einschlägigen NATO-Generälen und politischen Akteur:innen inzwischen in Jahren gerechnet. Das Wort vom Stellungskrieg, kritisch vom Stellvertreterkrieg, macht die Runde. In den ersten Wochen galt es noch, eine schnelle Beendigung der Kriegshandlungen zu erreichen. Jetzt, unter den vermeintlichen Erfolgen des ukrainischen Militärs, wird allerdings von Sieg gesprochen – das Kriegsziel reicht von Russland strategisch schwächen (für immer?), bis Rückzug und Aufgabe der Krim. Der Krieg gräbt sich ein und wer nicht mitzieht wird des Verrates geziehen.

Sorge bereitet den Politiker:innen und Beratenden die allmählich schwindende Akzeptanz für die sozial einschneidenden gesellschaftlichen Veränderungen. Die Heimatfront droht zu wackeln, denn propagandistisch verteidigt die Ukraine nicht nur ihre Selbstständigkeit, sondern die „Freiheit und Werte“ Europas. Der nationale Taumel, die Militarisierung der Gesellschaft, die mediale Inszenierung ist grenzenlos und dient der Verschleierung einer aufziehenden Kriegsökonomie.

Die Waffenindustrie ist dabei in Feierlaune. Rheinmetall als zentraler Produzent von Munition und Kriegsgerät aller Art gilt als systemrelevant, Rüstungsaufträge und -exporte sind auf Jahre hinaus gesichert.

Für uns muss es um die Menschen gehen – in der Ukraine, in Russland, und in allen Ländern, wo jetzt im Schatten des Krieges die Zeit günstig erscheint, neue militärische „Lösungen“ zu suchen. Das NATO-Mitglied Türkei sticht da mit seiner Offensive im Nordirak und in Rojava / Syrien besonders hervor, weitestgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit.

Der türkische Präsident Erdogan verkündete nach einer Kabinettssitzung in Ankara, dass eine 30 Kilometer tiefe „Sicherheitszone“ bzw. eine Besatzungszone von der türkischen Grenze tief nach Rojava errichtet werden soll. Das heißt also: Kriegsverbrechen, zivile Opfer, humanitäre Krisen, Flucht und Zerstörung.

Unzählige Völkerrechtsbrüche beging die Türkei dabei, wie beispielsweise bei der mehrfachen Bombardierung von zivilen Unterkünften, den Luftangriffen auf das Geflüchtetencamp Machmur (Nordirak), Bombardements auf ein Krankenhaus im jesidischen Kerngebiet Shingal und einem Drohnenangriff auf eine Frauenklinik in Rojava. Zudem setzt die Türkei bei ihren Angriffen gegen Kurd:innen bekanntlich international verbotene Chemiewaffen und Streubomben ein.

Keine Sanktionsforderungen und kein öffentliches Auflehnen wie im Falle des völkerrechtswidrigen Überfalls Russlands auf die Ukraine, im Gegenteil: die Türkei begeht ungestraft und nachweislich mit Hilfe ihrer dschihadistischen Verbündeten Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen und all dies wird öffentlich angekündigt und geschieht schlussendlich vor den Augen internationaler Großmächte.

Es ist unübersehbar, dass die Türkei bei ihren Verbrechen durch das internationale Schweigen entscheidend unterstützt wird. Die große Ignoranz der internationalen Gemeinschaft widerspricht dabei jedoch faktisch jedem Ansatz, die Stabilität der Region aufrechtzuerhalten und nachhaltige Sicherheit vor dem IS-Terror zu garantieren. Die Risiken einer türkischen Invasion in Rojava sind gewaltig und hätten nicht nur lokale, sondern auch internationale Folgen. Die Vertretung der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien in Deutschland veröffentlichte vor kurzem in einem offenen Brief die Risiken einer türkischen Invasion.

Unser Blickwinkel für eine Neubewertung dieser „Zeitenwende“ liegt im Antimilitarismus, dem Internationalismus und dem Antifaschismus. Hier liegen viele neue Diskussionen und Bewertungen vor uns, historische Rückblicke können helfen, aber auch neue Initiativen, die die Fragen von Krieg, Klasse, Feminismus und Klimagerechtigkeit zusammenbringen. Zwischen dem fossilen Kapitalismus des Westens und seiner Gier nach Brennstoff und einer brachialen Plünderungsökonomie des Ostens müssen wir einen eigenen Standpunkt suchen und Stellung beziehen...

Wir wollen uns informieren und diskutieren. Für eine neue antimilitaristische Bewegung.