Premiere von „Mem“ in Stuttgart

In Anwesenheit des Regisseurs und einigen Musiker*innen feierte der Film „Mem“ über das Leben des kurdischen Sängers und Komponisten Mehmet Çapan Premiere in Stuttgart. Zu Gast war auch der armenische Dudukspieler Suren Asaduryan.

Die Dokumentation „Mem“ hat in Stuttgart Premiere gefeiert. Viele Menschen kamen am Donnerstagabend ins Arthaus Filmtheater, um den Film über das Leben des Musikers und Komponisten Mehmet Çapan zu sehen. Çapan, 1945 in Qılaçi, einem Dorf in Mazgêrd (auch Mêzgir, türk. Mazgirt) in der Provinz Dersim geboren, zählt zu den wichtigsten Vertretern der kirmanckîsprachigen Musik. Nach seinem Abitur in Dersim wurde er zunächst Lehrer. Die Musik von Davut Sulari, dem bekannten Volkssänger und Poeten mit der Laute hat ihn stark beeinflusst. Im Jahr 1970 begann Çapan seine professionelle Musikkarriere mit dem „Chor der Freunde“ von Ruhi Su. Aus politischen Gründen musste er 1986 das Land verlassen. Zuerst ging er nach Griechenland, 1989 zog er dann nach Stuttgart, wo er bis heute lebt.

Die Premiere des Films „Mem“ in Anwesenheit des Regisseurs Hasan Sağlam begann mit einer musikalischen Darbietung des armenischen Dudukspielers Suren Asaduryan, der das bekannte armenische Lied Sari Aghjik (Sari Galin) vortrug. Anschließend performte die Sängerin Devrim Kavallı das Lied Daye Daye und das türkischsprachige Stück Turnanın Ağıdı.

„Wenn unsere Sprache stirbt, verschwinden auch wir“

Als ältester in Stuttgart lebender Kurde aus Dersim richtete Ali Haydar Sever einige Worte an das Publikum, bevor die Dokumentation abgespielt wurde. Sever verurteilte zunächst das rechtsextremistische Massaker von Hanau und sprach den Hinterbliebenen der Todesopfer sein Beileid aus. Danach ging er auf die Assimilationspolitik des türkischen Staates ein, die zur Folge hat, dass in einigen kurdischen Siedlungsgebieten die kurdische Sprache zurückgedrängt wurde. Sever mahnte, dass sich die gesamte kurdische Gesellschaft für den Erhalt der Muttersprache einsetzen müsse, damit es nie wieder verlorene Generationen gibt. „Wenn unsere Sprache stirbt, verschwinden auch wir“, sagte Sever und rief zur Förderung von Kirmanckî auf.

In Dersim und den Provinzen Ezirgan (Erzincan), Çewlîg (Bingöl) und Mûş (Muş) wird neben Kurmancî, dem am weitesten verbreiteten Dialekt des Kurdischen, auch die Varietät des Kirmanckî gesprochen, die auch Zazakî, Dimilkî oder Kirdkî genannt wird. Diese Varietät, die von einigen Linguist*innen nicht als kurdischer Dialekt, sondern als eigene Sprache betrachtet wird, deren Sprecher*innen sich aber zu großen Teilen als Kurd*innen identifizieren, war besonders starkem Assimilationsdruck ausgesetzt und wird heute nur noch von etwa zwei Millionen Menschen gesprochen. Nach Einschätzung der UNESCO gehört Kirmanckî damit zur Gruppe der massiv vom Aussterben bedrohten Sprachen.

Mehmet Çapan spricht außer seiner Muttersprache Kirmanckî noch Türkisch, Deutsch, Französisch und Griechisch. Er komponiert Lieder in seiner Muttersprache, malt gern Bilder und ist außerdem Hobby-Imker. Seine Kompositionen wurden von vielen Sängern interpretiert. Zu Mehmet Çapans bekanntesten Liedern zählen „Daye, Daye“ (Mutter, Mutter), „Destana Dere Laçi“ (Die Sage vom Bach Laçi), „Bawa Duzgın” (Heiliger Vater Duzgın), „Mezela Seyide mı“ (Die Grabstätte meines Seyid), „Ovacıxe verra“ (Vor der Stadt Ovacıx) und „Apo Sileman“ (Onkel Sileman).