Premiere von „7 Akte gegen die Menschlichkeit – Die Odyssee von Abdullah Öcalan“

Die interaktive Theaterperformance „7 Akte gegen die Menschlichkeit – Die Odyssee von Abdullah Öcalan“ hatte Premiere in Hannover. Das Stück zeichnet die Phase vom 9. Oktober 1998 bis zum 15. Februar 1999 nach.

Interaktive Theaterperformance

Am Jahrestag des Beginns des internationalen Komplotts gegen Abdullah Öcalan wurde in Hannover ein eindrucksvolles Theaterstück aufgeführt. Unter dem Titel „7 Akte gegen die Menschlichkeit – Die Odyssee von Abdullah Öcalan“ präsentierten internationalistische Aktivist:innen von Junge Frauenkommunen, Jugendkommunen, Gemeinsam Kämpfen, Women Defend Rojava sowie Frauenrat Ronahî und Nav-Dem Hannover in der Premiere die dramatischen Etappen, die den Vordenker der kurdischen Befreiungsbewegung von seiner Ausweisung aus Syrien bis zu seiner Inhaftierung auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali führten.

Da das ursprünglich geplante Theaterstück aufgrund der schlechten Wetterverhältnisse nicht wie vorgesehen im Freien aufgeführt werden konnte, wurde es spontan ins Trockene verlegt – eine kurzfristige Änderung, die dem Erfolg der Premiere jedoch keinen Abbruch tat.

Rund 50 Zuschauer:innen verfolgten die Vorstellung, die nicht nur Öcalans persönliche Tragödie thematisierte, sondern auch die politischen und internationalen Verstrickungen, die zu seiner illegalen Verschleppung und Auslieferung führten. Dabei stand die Chronologie der Ereignisse im Mittelpunkt: Beginnend mit Öcalans Ausreise aus Damaskus am 9. Oktober 1998, über seine vergeblichen Asylversuche in Russland und Italien, bis hin zu seiner illegalen Verhaftung in Kenia am 15. Februar 1999. Die Mächte Europas und der USA spielten dabei eine zentrale Rolle – ein Akt der Unmenschlichkeit, der bis heute das Schicksal des kurdischen Volkes prägt.


Demokratisches Theater

Die interaktive Theaterperformance wurde von allen Schauspieler:innen gemeinsam geschrieben. Die Aktivist:innen hatten ursprünglich geplant, mit diesem Stück Freund:innen und befreundete Aktivist:innen aus dem Umfeld einzubinden um eine kollektive Vertiefung in die Geschehnisse vor 26 Jahren in der Breite zu erreichen. „Anfangs“, so eine der Aktivistinnen, „waren wir doppelt so viele Personen, allerdings haben wir zu Beginn dieses Prozesses unterschätzt, wie zeitintensiv es sein wird aufgrund von eigenen Recherchen Dialoge zu schreiben und Bühnenbilder zu entwerfen.“

Die Aktivist:innen haben die sieben Stationen der Odyssee in die Verantwortung an sieben Kleingruppen gegeben. Nach dem Schreiben der einzelnen Szenen wurde anhand der Erzähler-Perspektive von Abdullah Öcalan ein roter Faden erstellt, welcher zusammen mit einer anonymen Erzählstimme das Publikum durch die Geschichte führt.

Kritik an der Darstellung Deutschlands

Nach der Vorstellung gab es die Rückmeldung, dass die Rolle Deutschlands im Komplott gegen Öcalan unzureichend dargestellt wurde. Im Stück kam eine tiefergehende Auseinandersetzung mit den geopolitischen Interessen, die Deutschland während dieser Zeit verfolgte und die zur Eskalation der Ereignisse beitrugen, zu kurz.

Eine Kritik, die das Ensemble gerne annimmt und in der Weiterentwicklung mitdenken will.

Die sieben Szenen des Stücks

Das Stück ist in sieben Szenen unterteilt, die die wichtigsten Stationen von Öcalans Reise und Verfolgung darstellen:

Der Prolog: Öcalans Flucht und Verfolgung

Der Prolog des Stücks führt das Publikum in die Welt Abdullah Öcalans ein. Als Philosoph, Vordenker und Begründer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sieht sich Öcalan immer stärkerem internationalen Druck ausgesetzt. Nachdem er in Syrien Zuflucht gefunden hatte, geriet er ins Visier internationaler Mächte, die versuchten, die kurdische Bewegung zu zerschlagen. Der Druck auf Syrien wuchs, auch durch Drohungen der USA und der Türkei. Schließlich sieht sich Öcalan gezwungen, Syrien zu verlassen.

Von Damaskus aus beginnt seine Odyssee – zunächst ein optimistischer Versuch – kurze Zeit später ein verzweifelter Versuch, in Europa eine politische Lösung für die kurdische Frage zu finden. Doch statt Unterstützung zu erhalten, wird Öcalan von Land zu Land abgeschoben und in ein Netz internationaler Verschwörungen gezogen, das schließlich zu seiner illegalen Entführung führte.

1. Abreise aus Damaskus – Der Beginn seiner Reise am 9. Oktober 1998 und Ausweisung aus Athen

Im ersten Akt bricht Öcalan, um einen militärischen Konflikt im Land zu vermeiden, aus Syriens Hauptstadt Damaskus in Richtung Athen auf, wo er wiederum auch nicht verweilen kann. Verstrickungen von verschiedenen Geheimdiensten in seine Suche nach einem Aufenthaltsort werden sichtbar. Was ist Moral und was ist Unmoral?

2. Moskauer Tage – Öcalans vergebliche Asylsuche in Russland

Die wirtschaftlichen Interessen überwiegen den politischen Entscheidungen. Obwohl sich das russische Parlament dafür ausspricht, Öcalan könne politisches Asyl erhalten, muss er Russland verlassen.

3. 66 Tage in Rom – Die Hoffnung auf eine Lösung der kurdischen Frage in Italien, die jedoch scheiterte

In Rom finden Bemühungen zur Lösung der kurdischen Frage statt. Tausende Menschen sind in die Stadt gekommen, um gemeinsam an einer demokratischen Perspektive zu arbeiten. Doch obwohl der Wille der Gesellschaft so groß ist, muss Öcalan auch Italien wieder verlassen.

4. Aufenthalt in Moskau und Minsk – Weitere vergebliche Versuche, Aufenthalt, Schutz und Ansprechpersonen zu finden

Zurück in Moskau wird Abdullah Öcalan zu einem Spielball der globalen Mächte. Die USA, Türkei und Russland ringen um einen „geeigneten“ Aufenthaltsort.

5. Zwischenstation auf Korfu – Ein weiterer missglückter Versuch des Aufenthalts

Öcalans Perspektive findet in den Verhandlungen kein Gehör. Er und seine Begleiter müssen sich auf falsche Versprechungen einlassen und Europa mit einem Flug ins Ungewisse verlassen.

6. In Kenia – Die dramatischen Tage in Nairobi (Hölle von Nairobi), die schließlich zur Entführung führten

In Kenia befindet sich Öcalan in der griechischen Botschaft. Zu seiner Sicherheit wird er diese nicht aus eigenen Schritten verlassen, bis er schließlich durch ein internationales Netz aus Absprachen von Regierungen und Geheimdiensten entführt wird. Unter menschenrechtsverletzenden Bedingungen wird er verhaftet und in die Türkei ausgeliefert.

7. Gefängnisinsel Imrali – Öcalans Inhaftierung, die bis heute andauert

Das Stück endet auf der Insel Imrali, wo Öcalan seit 1999 inhaftiert ist und seitdem als Symbol für den andauernden Kampf der Kurd:innen für Freiheit und Gerechtigkeit steht. Zwei Anwält:innen Öcalans berichten über die nicht hinnehmbaren Bedingungen des Gerichtsprozesses und seinen Haftbedingungen, sowie über den im Gefängnis weitergeführten Kampf Abdullah Öcalans.

Der Epilog: Ein Ausblick auf den ungelösten Konflikt

Der Epilog des Stücks stellt drängende Fragen in den Raum: Wie kann es sein, dass der türkische Staat trotz der zahlreichen Friedensinitiativen und Lösungsversuche Abdullah Öcalans die Isolationsfolter gegen ihn weiter verschärft? Und warum bleibt die internationale Gemeinschaft still gegenüber dieser völkerrechtswidrigen Politik der Türkei?

Diese Fragen, so die Aufführung, bleiben offen, doch die Hoffnung auf eine Wende lebt weiter. Mit dem eindringlichen Ruf „Wir werden die Folter brechen und Herrn Öcalan wiedersehen! Wir werden die Isolation brechen!“ endet das Stück, welches klar macht, dass der Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit für Abdullah Öcalan und die kurdische Bewegung noch lange nicht beendet ist.

Fazit

Die Premiere von „7 Akte gegen die Menschlichkeit – Die Odyssee von Abdullah Öcalan“ bot eine fesselnde Darstellung eines der bedeutendsten politischen Komplotte der letzten Jahrzehnte. Trotz der kritischen Rückmeldungen zur Rolle Deutschlands und der kurzfristigen Ortsänderung gelang es dem Ensemble, die komplexen internationalen Verstrickungen, die zur Gefangennahme von Öcalan führten, eindrucksvoll auf die Bühne zu bringen.