Neue Prozesstermine im Frankfurter PKK-Verfahren

Im Juni wird in Frankfurt das laufende PKK-Verfahren gegen Ali Ö. fortgesetzt. Der 55-Jährige befindet sich seit seiner Festnahme im Mai 2022 unter verschärften Bedingungen in Untersuchungshaft.

Vor dem Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt wird in der kommenden Woche das laufende 129b-Verfahren gegen Ali Ö. fortgesetzt. Das teilt der Kölner Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. mit und informiert über die Verhandlungstermine. Der 55-jährige Kurde befindet sich seit seiner Festnahme im Mai vergangenen Jahres unter verschärften Bedingungen in Untersuchungshaft in der JVA Frankfurt. Der nächste Prozesstermin ist für Mittwoch, 7. Juni, datiert. Weitere Verhandlungstermine finden an folgenden Tagen statt (alle Verhandlungen beginnen jeweils um 9:30 Uhr, Konrad-Adenauer-Str. 20, Frankfurt am Main):

Montag, 12. Juni
Freitag, 16. Juni
Mittwoch, 21. Juni
Freitag, 23. Juni
Mittwoch, 28. Juni und
Freitag, 30. Juni.

Keine individuelle Straftat

Die Generalstaatsanwaltschaft beschuldigt Ali Ö. alias „Dijwar“, als Mitglied der kurdischen Arbeiterpartei PKK eine „Kader“-Tätigkeit ausgeübt zu haben. So soll er seit Juli 2019 bis zu seiner Festnahme für die politische und organisatorische Betreuung der Gebiete „Gießen“, später „Kassel“ und „Erfurt“ verantwortlich gewesen sein. Dabei habe er Versammlungen durchgeführt, die Arbeit von Aktivist:innen koordiniert oder zur Teilnahme an Festivals oder anderen Großveranstaltungen mobilisiert, Nachwuchs angeworben und Spendengeldkampagnen überwacht. Eine individuelle Straftat wird ihm nicht vorgeworfen.

Die Legitimierung zur strafrechtlichen Verfolgung und Durchführung dieses politisch motivierten Verfahrens hat das Bundesjustizministerium mit der Ermächtigung vom 6. September 2011 erteilt (§129b Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 StGB). Wie in allen 129a/b-Verfahren üblich basiert die Anklage auf „Erkenntnissen“ aus Durchsuchungen und hierbei beschlagnahmten Unterlagen, aus der Fahrzeuginnenraumüberwachung, der Observierung eines bestimmten Personenkreises sowie einer umfassenden Kontrolle der Telekommunikation.

Weil er in der Türkei staatlicher Repression ausgesetzt war, ist Ali Ö. Ende 1994 nach Deutschland exiliert und hat hier politisches Asyl beantragt, das jedoch abgelehnt wurde. In den Folgejahren erhielt der Kurde regelmäßig Aufenthaltstitel in Form von Duldungen. Seit der Vater von sechs Kindern in Deutschland lebt, hat er sich für den gerechten Kampf der Kurdinnen und Kurden um Befreiung, gegen Kolonialisierung, für Frieden, Demokratie und Selbstbestimmung politisch eingesetzt.

Ali Ö. bereits mehrfach verurteilt

Dass dieses Engagement für den Kurden auch hier angesichts der staatlichen Kriminalisierungspolitik gegenüber der kurdischen Bewegung folgenreich war, hat er schmerzlich erleben müssen: Verurteilung wegen Mitgliedschaft in einer „kriminellen“ Vereinigung (§129 StGB), Bewährungsstrafe wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz und im Oktober 2016 Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten nach §129a/b StGB. Dieses systematisch als „Terrorismus“ kriminalisierte politische Engagement wird mit diesem Verfahren fortgeführt in dem Bestreben, die politische Identität und Gesinnung des Angeklagten zu brechen. Ob dieses Ziel aber erreicht wird, dürfte mehr als fraglich sein.

Drei PKK-Prozesse im Mai mit hohen Haftstrafen beendet

Im vergangenen Monat ist eine Reihe von PKK-Prozessen mit einer Verurteilung der Betroffenen zu Ende gegangen. So wurde Özgür A. (49) am 10. Mai vom OLG Koblenz zu einer ungewöhnlich hohen Haftstrafe von fünf Jahren und Abdullah Ö. (59) vom OLG Frankfurt am Main einen Tag später zu viereinhalb Jahren verurteilt. Ali E. (72) ist am 30. Mai in Stuttgart zu drei Jahren Haft verurteilt worden. AZADÎ erwartet, dass in den nächsten Monaten weitere Hauptverfahren wegen angeblicher PKK-Mitgliedschaft eröffnet werden. Insgesamt sind laut AZADÎ nach aktuellem Stand 65 Aktivist:innen von abgeschlossenen beziehungsweise laufenden §129a/b-Verfahren betroffen; zwölf Kurden sind derzeit in deutschen Gefängnissen in Straf- oder Untersuchungshaft, unter anderem in Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Bayern.