35. Festival der Folkloretänze Kurdistans
In Esslingen findet an diesem Wochenende das 35. Festival der Folkloretänze Kurdistans (Mîhrîcana Govendên Kurdistanê) statt. Der von Govend Europa e.V. ausgerichtete Tanzwettbewerb begann am Samstagvormittag mit einer bunten Parade durch die baden-württembergische Kreisstadt. Danach ging das Programm im Neckar Forum weiter. Der große Saal war ab 14 Uhr bis auf den letzten Sitzplatz gefüllt. Vor den Tanzaufführungen wurde eine Gedenkminute für Gefallene eingelegt.
An dem traditionsreichen Festival nehmen in diesem Jahr 28 Tanzgruppen teil. Am Samstag traten 18 Gruppen auf: Koma Laliş, Govenda Şehîd Sîpan Amara, Govenda Aşê Îwe, Koma Hebûn, Koma Kaniya Spî, Govenda Nêrgîzên Çiya, Govenda Baran, Koma Şehîd Zulkuf, Koma Agirê Welat, Govenda Gelawej, Govenda Romanî, Govenda Baran II, Koma Azadî, Koma Şiyar Jin, Govenda Mezopotamya, Koma Dilçem, Govenda Esteriya, Koma Jiyan.
Acht dieser Gruppen (Koma Laliş, Koma Jiyan, Govenda Esteriya, Koma Şiyar Jin, Koma Azadî, Govenda Gelawej, Koma Hebûn und Govenda Aşê Îwe) sind reine Frauengruppen, auch bei den anderen bilden Frauen die Mehrheit. Beispielsweise trat Koma Şehîd Sîpan Amara aus Hamburg mit 13 Mitgliedern auf, zehn davon waren Frauen.
Gesellschaftlicher Wandel auch im Kulturbereich
Mustafa Şahin, der zu den Organisatoren des Festivals gehört, sieht darin einen Wandel, der mit der gesellschaftlichen Entwicklung einhergeht: Früher hätten junge Frauen öffentliche Auftritte gescheut, und auch ihre Eltern seien dagegen gewesen. Der kurdische Autor Firaz Baran, der als Zuschauer an der Veranstaltung teilnimmt, erklärte dazu: „Es beweist den Kampf der Frauen aus Kurdistan. Im Krieg und in der Politik sowie in zivilen Einrichtungen und Massenveranstaltungen nehmen Frauen seit einigen Jahren eine Führungsrolle ein. Heute sehen wir, dass Frauen auch im Bereich der Kunst und Kultur führend sind. Das ist auch ein Verdienst der Gefallenen. Die kurdischen Frauen folgen den Spuren unsterblicher Heldinnen wie Sakine Cansız und Arîn Mîrkan und bewahren die Werte ihres Landes.“
Von Generation zu Generation lebendig erhaltene Kultur
Die Gruppe Govenda Mezopotamya aus Saarbrücken hält diese Kultur lebendig und führte am Samstag traditionelle Tänze aus der Region Gimgim auf: Memyanê, Yawşirme, Zipkiro, Sivikî, Giranî, Serdesta und Yar Kuşte. Die Leiterin der Gruppe ist Gulê Êlihî, die zusammen mit ihrem Sohn Dîwan am Festival teilnimmt und zu ihrem Werdegang mitteilte: „Ich habe 1997 mit dem Tanzen begonnen. Ich nahm an einem Govend-Camp teil und wurde vier Jahre lang ausgebildet. Dabei habe ich die traditionellen Formationen aus Gimgim, Amed, Wan, Riha, Colemêrg, Bedlîs, Agirî und Koçgîrî gelernt. Später habe ich geheiratet und mein Sohn Dîwan kam zur Welt. Er ist jetzt 16 Jahre alt und Mitglied unserer Gruppe. Ich bin sehr glücklich, dass wir zusammen am Mîhrîcan teilnehmen. Wir wollen unsere Kultur bewahren und lebendig halten. Ohne die eigene Kultur verlieren Menschen ihre Wurzeln. Wir haben sie von unseren Eltern übernommen, und jetzt sind wir an der Reihe.“