Kurdische Kulturschaffende: Morgen kann es zu spät sein

Kurdische Kulturschaffende haben in Köln darüber beraten, was gegen die türkische Besatzung getan werden kann. Der Musiker Hozan Diyar warnte vor einem Krieg zwischen kurdischen Kräften: „Damit würden wir weitere hundert Jahre verlieren.“

Kurdische Kulturschaffende haben am Samstag in Köln über die aktuelle Situation in Kurdistan beraten. Die etwa fünfzig Musiker:innen, Schauspieler:innen, Maler:innen, Dichter:innen, Regisseur:innen, Schriftsteller:innen und Übersetzer:innen diskutierten darüber, was gegen die türkische Besatzung Kurdistans getan werden kann und wie sich eine Einheit unter den verschiedenen kurdischen Kräften bewerkstelligen lässt.

An der von dem Übersetzer Jemal Hacî moderierten Veranstaltung nahmen unter anderem die Musiker:innen Şivan Perwer, Diyar und Beser Şahin teil, die kürzlich als Delegation zu Gesprächen nach Südkurdistan gereist waren. Weitere prominente Teilnehmende waren die Musiker:innen Seyîdxan, Emekçi, Canê, Denîz Deman, Murat Yapıştıran, Cevad Merwanî, Comerd, Ganî Nar, Kawa, Peywan Arjîn, Memo Gül, Ali İkizer und Dilêr, der Regisseur Ersin Çelik, die Maler Mîrê Hêkan und Alî Zulfîkar, der Dichter Hekîm Sefkan und Hakan Akay als Direktor des Kurdisch-Deutschen Kulturinstituts.

Diyar: Bevor es zu spät ist

Hozan Diyar ging in seinem einleitenden Redebeitrag auf den Vertrag von Lausanne ein, der vor knapp hundert Jahren zur Vierteilung Kurdistans geführt hat. Die Kurdinnen und Kurden hätten im Kampf für ihr Existenzrecht einen hohen Tribut zahlen müssen, niemals zuvor sei jedoch die Ausgangslage so günstig wie heute gewesen. „Für uns geht die Sonne auf, erstmalig lacht die Geschichte uns an. Wir haben wichtige Errungenschaften erkämpft. Das kurdische Volk möchte einen Status erhalten und schafft die notwendigen Voraussetzungen“, sagte der Sänger und machte gleichzeitig auf die großen Gefahren für Kurdistan aufmerksam:

„Die kolonialistischen Nationalstaaten wollen diese positiven Bedingungen blockieren. Erdogan verliert weltweit an Prestige und ihm bleibt nur ein einziger Ausweg: Er will die Kurden gegeneinander kämpfen lassen und sich selbst heraushalten. Auf diese Weise will der türkische Staat Rojava und Südkurdistan besetzen und alle kurdischen Errungenschaften zunichte machen. Er hat siebzig Militärstützpunkte in Südkurdistan errichtet und trifft umfassende Vorbereitungen. Inzwischen ist auch der bestehende Status von Südkurdistan in Gefahr. Wenn es zu einem inneren Krieg kommt, werden wir weitere hundert Jahre verlieren. Kein Kurde kann behaupten, dass ihn das nichts angeht. Wenn wir im Süden verlieren, verliert ganz Kurdistan. Deshalb müssen wir sofort aktiv werden und nicht erst in zwei Monaten. Bevor es zu spät ist, müssen wir uns für eine Einheit der kurdischen Akteure einsetzen.“