Kirmanckî-Kurse in Qamişlo erfolgreich abgeschlossen

Nach vier Monaten erfolgeichen gemeinsamen Lernens haben 20 Absolvent:innen der Kirmanckî-Kurse in Qamişlo ihre Urkunden erhalten.

Im Rahmen eines feierlichen Festaktes haben 20 Teilnehmer:innen aus zwei verschiedenen Kirmanckî-Kursen in Qamişlo am Donnerstag ihre Urkunden erhalten. Vier Monate lang trafen sich die Schüler:innen im „Kurdischen Sprachinstitut” im Zentrum von Qamişlo mit ihrer Lehrerin Hacer Petekkaya, um diese vom Aussterben bedrohte kurdische Sprache zu lernen. Mit dem Abschluss dieser Kurse ist die erste Stufe erreicht. Noch im November beginnen die weiterführenden Kurse.

Ein Kurs zum Erlernen von Kirmanckî – diese Varietät des Kurdischen wird auch Zazakî, Dimilkî oder Kirdkî genannt – ist keine Selbstverständlichkeit. Hier in Rojava wurden in diesem Jahr zum ersten Mal zwei Kurse im Sprachinstitut und ein Kurs an der Rojava-Universität als Pflichtfach im Studiengang Kurdische Literatur angeboten. Natürlich sind die Kurse offen für alle, aber die Schüler:innen kommen mehrheitlich aus intellektuellen Kreisen.

Kirmanckî ist eine der ältesten kurdischen Sprachen, die hauptsächlich gesprochen und erst sehr spät verschriftlicht wurde. Erste Texte finden sich vereinzelt im späten 19. Jahrhundert. Es war einmal eine weit verbreitete Sprache, die heute nur noch in Teilen einiger Provinzen Nordkurdistans gesprochen wird: in Dersim und Çewlîg (tr. Bingöl), im Norden und Westen von Amed (Diyarbakir), in Sêwreg in der Provinz Riha (Urfa), in Teilen von Mûş, Erzîrom, Xarpêt (Elazığ), Bedlîs, Qoçgirî, Meletî und Semsûr. In diesen Provinzen ist Kirmanckî vor allem eine Sprache der Alten. Die nachfolgenden Generationen sprechen nur noch bruchstückhaft oder gar nicht diese ehemals so wichtige Sprache.

Der Lehrerin Hacer Petekkaya wurde für ihren Einsatz um den Erhalt des Kirmanckî ausgezeichnet

Deshalb ist jedes gelernte Wort im Kurs ein Widerstand gegen das Vergessen, denn mit dem Sterben einer Sprache stirbt auch eine Kultur.

Entsprechend der Bedeutung dieser Kurse hat das Institut für kurdische Sprachen einen feierlichen und stimmungsvollen Rahmen für die Verleihung der Urkunden organisiert. Der Saal im zweiten Stock bot genügend Raum für viele interessierte Besucher:innen, die Absolvent:innen trugen zusammen mit ihrer Lehrerin das Lied Ximximê to rê van vor. Auffällig viele Frauen trugen wunderschöne farbige traditionelle Kleider. Dem Anlass angemessen gedachten alle gemeinsam in einer Schweigeminute der Gefallenen. Kurze Redebeiträge und Grußbotschaften hoben die Bedeutung der Sprache hervor und auch zwei wichtige Institutionen, die 1996 in Stockholm gegründete „Arbeitsgruppe Vate” und das in Istanbul ansässige „Institut für kurdische Studien” (ehemals Kurdisches Institut) würdigten in virtuellen Grußbotschaften die Bedeutung der Sprachkurse. Besonders beeindruckt hat die persönliche Botschaft von dem Schriftsteller Malmîsanij (alias Mehmet Tayfun), der seine Bücher konsequent auf  Kirmanckî schreibt und Ergebnisse seiner  Sprachforschungen veröffentlicht.

Gewidmet wurden die Kirmanckî-Kurse in Qamişlo dem geistlichen und tribalen Vordenker des Widerstands im alevitisch-kurdischen Dersim, Pîr Sey Rızo (Seyit Rıza), der 1937 vom türkischen Staat hingerichtet wurde. Im Sprachinstitut befindet sich auch eine Büste von ihm.

Zum Ausklang sang die Opernsängerin Mizgîn Tahir, begleitet vom „Jugendorchester Rojava” traditionelle Lieder in drei kurdischen Sprachen.

Ein glückliches Publikum und glückliche Absolvent:innen wollten sich nicht voneinander trennen und blieben noch lange in Kleingruppen beieinander. Dieser Festakt bot auch zahlreiche Gesprächsanlässe.