Jedes Lied ist eine Antwort auf die Assimilation

Mit jeder Strophe ihrer Lieder tragen die Frauen aus Colemêrg die erlebte Unterdrückung, die Massaker und die Tyrannei in die Gegenwart: „Gegen die Drohung der kulturellen Auslöschung und die Assimilation ist jedes Lied ein Schild.“

Das kurdische Volk erzählt in seinen Liedern vom Glück und der Liebe, aber auch von Unterdrückung und Massakern. Diese Volkslieder sind Teil der Dengbêj-Kultur – einer Form des poetischen Sprechgesangs, in diesem Fall auch Klam genannt. Die Frauen in Colemêrg (Hakkari) lassen auf diese Weise die kurdische Sprache, die der Assimilation ausgesetzt ist, und die Kultur in ihren Liedern weiterleben. Die Frauen sprechen von einem „kulturellen Genozid“ gegen die Kurd*innen und sagen, dass die Dengbêj-Tradition erhalten bleiben muss.

Nachdem unsere Dörfer geräumt wurden

Mume Turan erzählt, dass sie seit ihrer Kindheit Dengbêj praktiziert. Sie erinnert sich: „Früher gab es unser Dorf, aber nachdem es geräumt wurde, wurde versucht, uns kulturell zu assimilieren. Die Technologie entwickelte sich und griff in unsere Lebenskultur ein. Früher sangen die Frauen Klams zum Beispiel auf Hochzeiten. Es gab keinen Tag ohne Klam. Auf den Almen und den Hochebenen, wir sangen immer Klams.“

Sie werden es uns nicht vergessen lassen

Turan berichtet, dass nach der Räumung der Dörfer die Denbêj-Kultur allmählich in Vergessenheit zu geraten begann. „Aber sie haben ihre Ziele nicht erreichen können“, fährt sie fort: „Ich mache immer noch Dengbêj und widersetze mich der Assimilation. Jedes unserer Lieder ist ein Schutzschild gegen die Assimilation. Wir bewahren unsere kulturellen Werte, indem wir den Dengbêj leben. Sie werden uns den Dengbêj nicht vergessen machen können. Solange es kurdische Frauen gibt, solange geht die Dengbêj-Kultur weiter. Es ist wichtig daran zu denken, dass jedes Lied, das wir singen, jeder Klam, den sie uns nicht vergessen lassen konnten, eine Antwort auf die Vernichtung unserer Kultur ist.“

Es wurde alles getan, um unsere Stimmen zum Schweigen zu bringen

Werde Dayan sagt, der Dengbêj gibt ihr Frieden: „Als wir noch im Dorf waren, da nahmen uns unsere Mütter immer wieder zu Hochzeiten oder Besuchen mit. Sie wollten, dass wir die Klams lernen, die sie sangen. Nachdem ich sie gelernt hatte, erschien mir jeder Tag ohne Klam wie Folter. In der Zeit, als unsere Dörfer geräumt wurden, wurde alles getan, um unsere Stimmen zum Schweigen zu bringen Aber auch wenn es manchmal leise war, wir haben nie aufgegeben Klams zu singen und haben den Dengbêj bis jetzt bewahrt.“

Fünf Dengbêj-Frauen gegen das Vergessen

Die kurdischen Frauen haben in ihrer Geschichte viele Massaker und Grausamkeit erlebt, an all das soll durch die Klams erinnert werden, betont Dayan: „Wir fünf Dengbêj-Frauen kommen einen Tag in der Woche zusammen und singen Klams. Wo wir auch immer leben, wir dürfen unsere Kultur nicht vergessen. Wenn wir sie vergessen, dann werden wir zu Komplizinnen der Assimilation. Die kurdische Kultur begann mit dem Dengbêj. Wir müssen diese Kultur leben.“

Eine Ermahnung unserer Mütter

Neriman Keskin spricht über die Bedeutung des Dengbêj: „Unsere Mütter haben uns immer wieder ermahnt, dass wir auch nach ihnen den Dengbêj fortsetzen sollen. Dengbêj zu sein bedeutet, sich mit den Schmerzen der Gesellschaft zu vereinen. In jedem der Lieder, die wir singen, wird das Herz des Menschen im tiefsten Inneren getroffen. Wo auch immer uns das Leben hinbringt, wir dürfen diese Kultur nicht vergessen.“