„Hêza“ gewinnt BIFF-Preis als beste Dokumentation

Auf dem „Boden International Film Festival“ gewann der Dokumentation „Hêza“ den Preis als beste Dokumentation. Der Film beschäftigt sich mit dem Weg der Ezidin Hêza von der IS-Gefangenschaft in die Führung der Frauenverteidigungseinheiten.

Der Film „Hêza“ von Derya Deniz wurde auf dem „Boden International Film Festival“ (BIFF) in Schweden zur besten Dokumentation gekürt. Der Dokumentarfilm „Hêza“ erzählt die Geschichte der Ezidin Suad Murad Xelef (Hêza), die zusammen mit 25 Mitgliedern ihrer Familie beim am 3. August 2014 beginnenden IS-Genozid in Şengal verschleppt wurde, der es gelingt zu fliehen und die zu einer Kommandantin der YJŞ (Fraueneinheiten Şengals) wird. Der Dokumentarfilm wurde in Nord- und Ostsyrien, Raqqa und Şengal gedreht und entstand im Rahmen eines einjährigen Projekts der Filmkommune Rojava. Die Musik wurde von dem kurdischen Musiker Mehmud Berazi komponiert. Die Dreharbeiten und der Schnitt wurden von Şaristan Mahîr, Aza Boran, Afat Baz und Îbrahim Sedî durchgeführt.

Trailer - heza-film.com

​​​​​​​Die Geschichte von Hêza

Der „Islamische Staat“ (IS) nahm nach dem fluchtartigen Rückzug der südkurdischen PDK am 3. August 2014 große Teile der Şengal-Region ein und verübte einen Genozid an den Ezid:innen. Unzählige Menschen flohen in die Berge und wurden von Einheiten der Volksverteidigungskräfte (HPG) und der Volks- und Frauenverteidigungseinheiten (YPG/YPJ) geschützt und in Sicherheit gebracht. Tausende gerieten in IS-Gefangenschaft. Männer wurden meist sofort ermordet. Frauen und Kinder kamen auf die Sklavinnenmärkte des IS. Eine von ihnen war die Protagonistin der Dokumentation Hêza. Suad Murad Xelef berichtete 2019 gegenüber ANF auf einem internationalen Forum zur Aufarbeitung der IS-Verbrechen in Amûdê: „Von meiner Familie wurden 25 Personen vom IS gefangengenommen. Wir wurden zunächst im Irak festgehalten und dann nach Syrien gebracht. In Syrien wurden wir alle ins Gefängnis geworfen, Frauen, Kinder, Alte. Nach einer Weile wurden wir von unseren Müttern getrennt. Wir jungen Frauen wurden verkauft. Die Männer kamen und suchten sich eine Frau aus.

Vom IS versklavt

Ich wurde als Dienerin gekauft. Wir mussten wie Sklavinnen für diese Leute arbeiten. Später wurden alle Ezidinnen an einem Ort versammelt, es wurde ein Markt daraus gemacht, auf dem man ezidische Frauen und Mädchen kaufen konnte. Die IS-Leute haben uns grausam behandelt. Wir wurden geschlagen und gefoltert. Sie setzten alle Waffen ein, um uns das denkbar Schlechteste anzutun. Frauen und Kinder wurden gefoltert. Die Kinder wurden von ihren Müttern getrennt. Das Zentrum des IS war Raqqa, dort wurden wir verkauft. Tausende Ezidinnen sind auf dem Daim-Platz verkauft worden. Hunderte haben Selbstmord begangen.“

Der Weg in den Widerstand

In Raqqa versuchte sich Hêza mehrfach das Leben zu nehmen. Ihre Suizidversuche scheiterten jedoch. Sie berichtet weiter: „Ich habe dreimal versucht, mich zu töten. Der IS verhinderte es jedes Mal, weil wir ja weiterverkauft werden sollten. Irgendwann vertraute ich meiner eigenen Kraft und wurde mit Hilfe einer Familie von den YPG/YPJ und QSD befreit. Nach meiner Befreiung ging ich nach Şengal. In Şengal haben 74 Ferman stattgefunden, niemand hat sich für uns eingesetzt. Aber bei dem letzten Genozid war es die Philosophie Abdullah Öcalans, die für uns eingetreten ist.“ In Şengal schloss sie sich den YJŞ an und wurde eine der Kommandantinnen der Frauenverteidigungseinheiten von Şengal.

Rückkehr nach Raqqa als Befreierin

2016 kehrte sie als YJŞ-Kommandantin nach Raqqa als Befreierin zurück. Die YJŞ nahmen führend an der Operation der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) zur Befreiung der Hauptstadt des selbsternannten IS-Kalifats teil. Dort suchte sie die kurdische Familie, die ihr bei ihrer Flucht geholfen hatte. Sie beschreibt ihren Kampf in den YJŞ und ihre Rückkehr nach Raqqa: „Für die ezidischen Frauen bedeuten die YJŞ eine große Hoffnung. Die Fraueneinheiten sind die Antwort für alle Ezidinnen, die misshandelt und verkauft wurden. Der Grund dafür, dass ich heute bei den YJŞ bin, war der Wunsch nach Rache. Ich will nicht nur Vergeltung für mich selbst, sondern für alle ezidischen Frauen, die ermordet und verschleppt worden sind. Deshalb schloss mich den YJŞ an und ging ich zurück nach Raqqa.

In Raqqa habe ich gekämpft. Ich habe dort gekämpft, wo wir auf dem Markt verkauft worden sind, um die ezidischen Frauen zu rächen. Und ich habe mich gerächt. Als Ezidin, die das Grauen des IS erlebt hat, möchte ich, dass hier über den IS gerichtet wird, weil der IS hier besiegt worden ist. Als ezidische Frauen wollen wir dabei sein, wenn die IS-Verbrecher vor Gericht gestellt werden.“

Hêza tritt den Zuschauer:innen in dem Film als Zeugin des IS-Genozids und Befreierin vom sogenannten „Islamischen Staat“ entgegen. Sie berichtet über die Grausamkeiten der Terrororganisation, ihre Suizidversuche und ihren Weg in den Widerstand.

Die kurdische Regisseurin Derya Deniz

Derya Deniz wurde 1985 in der südlichen Provinz Mersin in der Türkei geboren. Ihre Familie stammt aus dem Bezirk Sêwreg (tr. Siverek) in der südöstlichen Provinz Riha (Urfa). Seit ihrem Abschluss an der Ivanova-Universität in Russland arbeitet sie an Dokumentarfilmprojekten und Fernsehprogrammen. Sie produzierte Dokumentarfilme in Şengal und in den selbstverwalteten Regionen in Nord- und Ostsyrien.

Boden International Film Fest“

Beim BIFF handelt es sich um ein Filmfestival für Kurzfilme und Dokumentationen. Der Schwerpunkt des Festivals liegt darauf, Filme aus der ganzen Welt zu präsentieren und vor allem unabhängige Produktionen durch Nominierungen und Preise bekannter zu machen.