„Geist des 14. Juli“ an den Wänden von Amed

Seit dem 27. November sind politische Gefangene in der Türkei mit einem Hungerstreik im Widerstand gegen ihre entwürdigende Behandlung. In Amed wird mit Wandbildern der Pioniere des „großen Todesfastens“ von 1982 zu Solidarität aufgerufen.

Seit einem Monat leisten politische Gefangene in der Türkei mit einem Hungerstreik Widerstand gegen ihre entwürdigende Behandlung. Sie fordern die Aufhebung der Isolation Abdullah Öcalans und des Konzepts ihrer physischen, psychischen und politischen Vernichtung. Außerhalb der Haftanstalten bekommen die Gefangenen für ihren Widerstand Unterstützung aus unterschiedlichen Richtungen. In der kurdischen Widerstandshochburg Amed (tr. Diyarbakir) wird mit Wandbildern der Pioniere des „großen Todesfastens“ vom 14. Juli 1982 zu Solidarität mit den hungerstreikenden Gefangenen aufgerufen.

Entdeckt wurden die Stencils mit den Konterfeis der PKK-Kader Kemal Pir, Mehmet Hayri Durmuş, Akif Yılmaz und Ali Çiçek im Altstadtbezirk Sûr, der im Zuge der türkischen Militärbelagerung ab November 2015 großflächig zerstört wurde. Kemal Pir und seine Weggefährten waren zu Beginn der achtziger Jahre im Gefängnis von Diyarbakir inhaftiert. Für die kurdische Befreiungsbewegung steht der Bau als Synonym für Folter und Widerstand. Die Strafvollzugsanstalt wurde 1980 vom türkischen Justizministerium als Typ-E-Gefängnis erbaut und am Tag des Militärputschs am 12. September der Junta übergeben.


Als Militärgefängnis im Kriegsrecht erlangte die Haftanstalt durch brutale Foltermethoden wie systematische Prügel, Pfahlhängen, Elektroschocks (bei denen spezielle Elektroden an den Genitalien befestigt wurden), sexuelle Folter, Vergewaltigung, Disco (das Baden in Fäkalien), Schlaf-, Nahrungs- und Wasserentzug für lange Zeiträume, Übungen unter extremen Temperaturen, das Quetschen, Abpressen und Strecken von Körperteilen und Genitalien, Verbrennen mit Zigaretten und Herausreißen von Haaren, Nägeln und Zähnen unter der Bezeichnung „Zindana Amedê” (Die Hölle von Diyarbakir) weltweit Berühmtheit.

Erster Funke des Widerstands

Am 14. Juli 1982 wurde in der Hölle von Amed der Beginn eines Todesfastens ausgerufen. Die Gefangenen forderten das „Ende der Folter, der eingeforderten Militärdisziplin und der Einheitskleidung“. Diese Aktion gilt als „erster Funke des Widerstands“, wurde aber nicht nur begonnen, um die Zustände in den Gefängnissen anzuprangern, sondern auch, um ein revolutionäres Zeichen zu setzen an die Menschen außerhalb der Gefängnismauern, in den Dörfern und Städten und an die linken Bewegungen, um die Massen aufs Neue zum Kampf gegen das Unterdrückungsregime der Türkei anzufeuern. 55 Tage nach Beginn des Todesfastens verlor der PKK-Kader Kemal Pir sein Leben. Die Gefangenen Mehmet Hayri Durmuş, Ali Çiçek und Akif Yılmaz starben ebenfalls im Verlauf der Aktion. Das Todesfasten wird seitdem als „großer Widerstand des 14. Juli“ bezeichnet.

„Bijî Berxwedana Zindana“ - Es lebe der Widerstand in den Gefängnissen - darüber das Konfertei des PKK-Kaders Mazlum Doğan. An Newroz 1982 entzündete Doğan drei Streichhölzer in seiner Zelle im Gefängnis von Amed, legte sie auf den Tisch und nahm sich das Leben. Er hinterließ die Nachricht „Aufgeben ist Verrat, der Widerstand bringt den Sieg”. Fotos: Mezopotamya (MA)