Friedensstatue in Kassel enthüllt

An der Universität Kassel steht seit vergangener Woche eine Statur, die an die vom japanischen Militär zwecks Zwangsprostitution verschleppten Mädchen und Frauen erinnert.

Schätzungsweise 200.000 bis 300.000 Mädchen und junge Frauen aus der „Großostasiatischen Wohlstandssphäre“ hat das japanische Militär während des Asien-Pazifik-Krieges (1937-1945) verschleppt, um sie ihren Soldaten und Offizieren sexuell zur Verfügung zu stellen. Die Opfer, meist zwischen elf und neunzehn Jahre alt, wurden auf regelrechten Feldzügen aus ehemaligen japanischen Kolonien wie Korea und Taiwan, sowie aus den im Krieg besetzten Ländern „zwangsrekrutiert“ und zur Ausbeutung in Militärbordelle gesperrt. Euphemistisch „Trostfrauen“ genannt, dienten sie den japanischen Soldaten zur „moralischen Ertüchtigung“ und als „Mittel der Disziplinförderung“. In den sogenannten „Troststationen“ – den flächendeckend und systematisch verbreiteten Militärbordellen – herrschten Zwang und Gewalt.

Bis heute hat die japanische Regierung keine juristische Verantwortung dafür übernommen, mit den „Troststationen“ ein System zur Massenvergewaltigung hinter verschlossenen Türen etabliert zu haben, das für viele Frauen ein Dauerzustand war, den sie über mehrere Monate oder sogar Jahre hinweg täglich erdulden mussten. Als die koreanische Menschenrechtsaktivistin Kim Hak-Sun 1991 als erste der ehemaligen „Trostfrauen” mit ihrem Schicksal an die Öffentlichkeit ging und so das ganze Ausmaß der japanischen Kriegsverbrechen aufdeckte, wurde eine transnationale „Trostfrauen“-Bewegung angestoßen, die auch heute für Gerechtigkeit kämpft. Sie fordert eine Anerkennung des militärischen Systems der sexuellen Sklaverei als Kriegsverbrechen, die Offenlegung aller relevanten offiziellen Dokumente, eine aufrichtige Entschuldigung durch den japanischen Staat, Entschädigung für die Überlebenden, die Bestrafung der verantwortlichen Täter, die wahrheitsgemäße Aufnahme des Systems der Massenvergewaltigung in die Schulbildung und ein gesamtgesellschaftliches Gedenken sowie Erinnerungsarbeit durch Denkmäler, Museen und Archive. Doch selbst die Erinnerung an dieses Verbrechen wird in Japan unterdrückt.

Um der verweigerten Anerkennung entgegenzusetzen und den Wunsch der „Trostfrauen“-Bewegung auf eine angemessene Geschichtsbewältigung in das öffentliche Gedächtnis zu rücken, entwarf das südkoreanische Künstlerehepaar Seo Kyung und Eun Sung Kim eine „Friedensstatue“, die 2011 erstmals vor der japanischen Botschaft in Seoul errichtet wurde. Das Mahnmal verkörpert das Bild eines Mädchens, das eine koreanische Tracht (Hanbok) trägt, wie koreanische Mädchen es damals eben oft taten, als sie zu Opfern der sexualisierten Kriegsgewalt Japans wurden. Das Mädchen ist etwa 13 bis 15 Jahre alt, so wie viele der ehemaligen „Trostfrauen“ während ihrer Verschleppung.

Der Konflikt um die Friedensstatue in Berlin

Seit der Errichtung der ersten Friedensstaue in Seoul wurden weitere Monumente nicht nur in Südkorea, sondern auch in Australien, Nordamerika und Kanada errichtet. Die Friedensstatue gedenkt den ehemaligen „Trostfrauen” und stellt sich entschieden gegen die Ausübung sexueller Gewalt in Kriegszeiten. Solche Statuen gibt es auch in Deutschland, etwa in Berlin-Moabit. Dass die japanische Regierung dafür kein Verständnis aufbringt, verwundert mit Blick auf die verweigerte Anerkennung der Kriegsgräuel des Landes an den verschleppten Mädchen und Frauen nicht. Kritisch wird es jedoch, wenn Japan hierzulande erfolgreich gegen die Berliner Friedensstatue vorgehen kann. Ende September läuft die Bleibefrist für die Bronzefrau an der Ecke zur Birkenstraße aus. Das Denkmal war im September 2020 als Initiative des in Berlin ansässigen Korea-Verbands e.V. enthüllt worden, sollte jedoch schon innerhalb einer Woche wieder entfernt werden. Das Bezirksamt war unter dem Druck der japanischen Regierung eingeknickt und begründete die entzogene Erlaubnis mit politischen „Irritationen“. So werde mit der „Friedensstatue und ihrer Texttafel ein politisch-historisch belasteter und komplexer Konflikt zwischen zwei Staaten aufgegriffen, der sich nicht für die Aufarbeitung in Deutschland eignet“. Gemeint sind Japan und Korea. Gegen die behördliche Aufforderung, die Statue zu entfernen, hatte es zahlreiche Proteste gegeben. Zudem stellte der Korea-Verband einen erfolgreichen Eilantrag beim Verwaltungsgericht.

Friedensstatue an der Universität Kassel

Unterdessen wird eine Friedensstatue zum Gedenken an die Opfer der Zwangsprostitution dauerhaft auf dem Campus der Universität Kassel ausgestellt. Der AStA Kassel hat die Statue in enger Kooperation mit dem Koreaverband am vergangenen Freitag enthüllt. Ausgangspunkt war die dringende Situation in Berlin, als die japanische Regierung massiven Druck auf die Bundesregierung ausgeübt hat, mit der Forderung, die Berliner Friedensstatue entfernen zu lassen. Die Mitglieder des AStA wollten verhindern, dass die Leidtragenden der sexualisierten Gewalt des japanischen Militärs den diplomatischen Interessen zum Opfer fallen. Die Statue wurde vom Künstlerpaar Kim Seo-kyung und Kim Eun-sung gespendet und der Transport nach Deutschland mit Spenden von Menschen aus der ganzen Welt finanziert.

In den Redebeiträgen vom Koreaverband, des VVN-BdA, des Ausländerbeirates und des kurdischen Vereins NCK bei der Enthüllung der Statue in Kassel wurde die Grausamkeit von Vergewaltigungen als Kriegsakt und Zwangsprostitution während und nach Kriegszeiten nochmal deutlich. Besonders berührend für die Anwesenden war der Redebeitrag vom NCK, in dem an die Tausenden in Şengal von der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) versklavten ezidischen Frauen und die fehlende Aufklärungsarbeit in Deutschland erinnert wurde.