Der Musiker Bülent Turan hat sich gegenüber ANF als Ko-Vorsitzender der kurdischen Kulturbewegung TEV-ÇAND zur Rolle von Kunstschaffenden bei der Entstehung einer demokratischen Moderne als Alternative zur Krisen und Krankheiten produzierenden kapitalistischen Moderne geäußert.
„Künstlerinnen und Künstler sind starkem Druck ausgesetzt, wenn sie auf der Suche nach einem demokratischen System und Freiheit sind. Natürlich sind Künstler keine Politiker, aber sie befinden sich auch nicht außerhalb der politischen Situation“, führte Bülent Turan aus. Auch für ihn als Musiker sei eine demokratische und freie Gesellschaft das Ideal: „Aber Künstler sind eben keine Politiker. Sie haben einen anderen Umgang mit Vorfällen und Phänomenen. Trotzdem kann ihnen die Politik nicht gleichgültig sein, denn sie wissen, dass ihr eigenes künstlerisches Leben und ihre Freiheit direkt von der Politik beeinflusst werden.“
Ein freies Umfeld fördere Kunst und Kultur, in totalitären und unterdrückerischen Systemen drohe die Kunst auszutrocknen, so Bülent Turan: „In Ländern, in denen Kunstschaffende nicht auf die Politik einwirken, kann man kaum von Demokratie und Freiheit sprechen. Man kann schwer behaupten, dass Künstlerinnen und Künstler genug für die Befreiung Kurdistans und eine Demokratisierung der Türkei tun. Die Kunstszene in der Türkei und in Kurdistan agiert nicht als politisches Subjekt und ist sehr unorganisiert. Natürlich ist es unrealistisch, die Lösung für das Problem der Demokratisierung und Befreiung von den Künstlern zu erwarten, wenn es den Politikern nicht gelingt. Aber da auch die Kunstschaffenden ein großes Problem im Faschismus haben, dürfen sie vor den Feinden der Freiheit nicht kapitulieren und müssen sich am Befreiungskampf beteiligen.
Ein Künstler will Freiheit und Wahrheit auf ästhetischem Weg ausdrücken. Was kann er in einem System erschaffen, in dem dagegen interveniert wird? In dieser Hinsicht tragen Künstlerinnen und Künstler viel zu wenig zum Kampf bei. Die Repression gegen Kunstschaffende findet ja nicht unabhängig von dem Demokratie- und Freiheitsproblem in der Türkei und Kurdistan statt. In der kapitalistischen Moderne, die zu globaler Krise und Krankheit führt, müssen sich Künstler global organisieren, um für die demokratische Moderne zu kämpfen. Die aktuelle Lage bietet große Chancen für Oppositionelle und Künstler, dementsprechend groß ist auch ihre Verantwortung.“