Textilbranche in der Türkei: Der Lohn reicht nicht zum Leben
Die ökonomische Krise in der Türkei hat dazu geführt, dass Textilarbeiter*innen auch mit 13 Stunden täglicher Arbeitszeit ihre Lebenshaltungskosten nicht mehr decken können.
Die ökonomische Krise in der Türkei hat dazu geführt, dass Textilarbeiter*innen auch mit 13 Stunden täglicher Arbeitszeit ihre Lebenshaltungskosten nicht mehr decken können.
Einer der Sektoren, in denen schwerste Arbeitsbedingungen und heftigste Ausbeutung herrschen, ist die Textilindustrie. Die aktuell besonders umgehende Angst vor Arbeitslosigkeit verschärft die Ausbeutung noch weiter. Auch Berufskrankheiten wie Rückenprobleme und Erkrankungen der Halswirbelsäule sind häufig. Die Löhne in diesem Bereich reichen nicht mehr zum Überleben. Die Arbeiter*innen berichten, dass sie bisher von der Hand in den Mund gelebt haben, aber jetzt, mit der Verteuerung durch die Wirtschaftskrise, sei das nicht mehr möglich.
Muzaffer Uzer, der seit zehn Jahren in einem Sweatshop in Bağcılar arbeitet, berichtet von 12 bis 13 Stunden täglicher Arbeitszeit und sagt: „Manchmal müssen wir auch am Wochenende arbeiten. Wir reißen uns ein Bein aus, da wir für den absoluten Mindestlohn arbeiten. Wenn wir am Wochenende nicht arbeiten, dann reicht das Geld einfach nicht aus.“ Uzer betont, dass seine Arbeit nicht angemessen entlohnt werde und berichtet von den Folgen der Krise: „Die Arbeiterinnen und Arbeiter hier fangen zum Mindestlohn von 1600 (269,– Euro) an. Der Lohn geht dann bis 2.000 (336,– Euro). Das Kilo Tomaten kostet sechs Lira (1,– Euro) und ich rede erstmal gar nicht vom Obst. Du gehst mit 200 Lira zum Markt und gehst ohne 4–5 Tüten zu füllen nach Hause. Diejenigen, die hier arbeiten, können sich wegen der Krise seit zwei Monaten kein ordentliches Essen mehr leisten. Wir sind fast alles Mieter. Das ist den Chefs egal. Ich habe drei Kinder. Manche Freunde haben vier oder fünf. Eine Freundin hier hat fünf Kinder. Sie arbeitet bis Mittag, dann geht sie nach Hause und macht essen. Am Nachmittag kommt sie wieder und arbeitet weiter. Ich muss für meine Wohnung 1.100 Lira Miete zahlen. Mein Lohn liegt bei 2.500 Lira. Es gibt dann noch die Rechnungen. Die liegen dann so bei 400–500 Lira. Es bleibt nichts mehr übrig. Ich muss an den Wochenenden auch arbeiten. Manchmal gehe ich auch sonntags zur Arbeit. Ich nehme Baumwoll-T-Shirts und verkaufe sie.
Die Arbeit wird nicht angemessen bezahlt
Fatma Olgaç arbeitet seit 17 Jahren im Textilsektor. Sie sagt: „In der Woche arbeiten wir in zwei Tagesschichten. Früher haben wir bis um 22.00 Uhr gearbeitet. Es geht einem schlecht, es treten Gesundheitsprobleme und Schmerzen im Rücken und den Beinen auf. Wenn du nach Hause gehst, kannst du dich nicht ausruhen. Unsere Arbeit ist schwer. Wenn wir wenigstens den Gegenwert für unsere Arbeit erhielten, dann würde uns das beruhigen, aber die Bezahlung ist sehr gering, und wir kommen kaum über die Runden.“
Alan Aluş sagt zu den Arbeitsbedingungen: „Ich habe ein Kind. Ich arbeite ohne Versicherung. Wenn ich in ein Krankenhaus gehe, dann muss ich das bezahlen. Mein Lohn beträgt 2.500 Lira und ich wohne zur Miete. Der Lohn reicht nicht aus.“
Pamuk Çoşkun, die schon seit zehn Jahren die gleiche Arbeit in der Textilindustrie macht, sagt: „An den meisten Orten sind wir dazu gezwungen, ohne Versicherung zu arbeiten. Du wirst auf jede Weise ausgebeutet. Wenn du krank wirst und in der Textilindustrie arbeitest, hast du keine Chance dich auszuruhen. Wenn du nicht arbeitest, dann bekommst du kein Geld, und an einem Tag, an dem du kein Geld bekommst, bleibst du hungrig. Denn die Lebensbedingungen sind sehr schwer, das Leben ist sehr teuer. Ich wohne zur Miete. Zwei Kinder gehen zur Schule. Ich gehe am Wochenende noch zusätzlich putzen. Ich kann so nicht überleben …“