Zum Newrozfest in Frankfurt am Main ist die Broschüre „Selbstbestimmung statt Flucht. Demokratische Autonomie im Camp Mexmûr“ erschienen. Sie ist das Ergebnis einer Delegationsreise aus Deutschland nach Südkurdistan (Nordirak) im Sommer 2018 und entstand in Kooperation mit den Kampagnen „Gemeinsam kämpfen“ und „TATORT Kurdistan“. Auf ca. 65 Seiten sind zahlreiche Interviews mit unterschiedlichen Strukturen der örtlichen Selbstverwaltungsstrukturen des Camps abgedruckt, unter anderem mit dem Frauenrat Iştar, dem Gesundheitsrat und der Ökonomiekommission.
Die Broschüre wird in den kommenden Tagen über www.black-mosquito.org erhältlich sein. Zudem werden die Broschüren beim Stand der Informationsstelle Kurdistan (ISKU) auf dem bundesweiten Newroz-Fest in der Mainmetropole Frankfurt am morgigen Samstag erhältlich sein. Alle Erlöse aus dem Verkauf gehen im Rahmen der Spendenkampagne „Ein Krankenwagen für Mexmûr“ an den Gesundheitsrat des Camps. Im Folgenden eine Leseprobe aus der Broschüre:
Editorial
Im Juli 2018 machten wir uns als siebenköpfige Delegation auf den Weg nach Südkurdistan (Nordirak). Wir wollten vor Ort erleben, wie der Demokratische Konföderalismus in der Praxis gelebt wird. Wie leben Menschen zusammen, die sich nach den drei Paradigmen Basisdemokratie, Frauenbefreiung und Ökologie selbst organisieren? Was bewegt sie dazu? Welche Widersprüche ergeben sich vor Ort?
Mit all diesen Fragen und noch einigen mehr im Gepäck machten wir uns auf den Weg. Wir verbrachten ca. drei Wochen im Camp Mexmûr, das eine knappe Stunde südlich von Erbil in Südkurdistan (Nordirak) liegt. Dort leben seit nunmehr 20 Jahren mehr als 20.000 Menschen, die allesamt Anfang der 90er Jahre zur Flucht aus ihren Dörfern in Nordkurdistan (Südosttürkei) gezwungen wurden. Die Menschen in Mexmûr bezeichnen sich dementsprechend selbst als Geflüchtete. Und das obwohl sie sich bewusst dafür entschieden haben in Kurdistan zu bleiben und nicht in die türkischen Metropolen oder nach Europa zu fliehen. Flucht ist ein omnipräsentes Thema im Camp Mexmûr. Und doch haben wir während unseres dreiwöchigen Aufenthalts im Camp eine andere Art der Flucht kennen gelernt: kollektives und solidarisches Miteinander, Aufbau von Selbstverwaltungsstrukturen für alle Lebensbereiche, entschlossener Widerstand gegen jegliche Bevormundung und das stete Pochen auf das Recht, in die Heimatdörfer in Nordkurdistan zurückkehren zu dürfen. Mexmûr eröffnete uns einen ganz neuen Blick auf Flucht und damit auf ein Thema, das uns hier in Deutschland und ganz Europa tagtäglich beschäftigt.
Mit dieser Broschüre wollen wir einen Einblick in die Geschichte, die Philosophie und das Selbstverwaltungssystem des Camps geben. Dafür sollen die zahlreichen Interviews dienen, die wir mit verschiedenen Menschen aus dem Camp geführt haben. Sie alle sind in verschiedenen Räten des Camps aktiv und geben durch ihre Berichte einen unmittelbaren Eindruck von einer alternativen Lebensweise.
Wir hoffen, dass die Stimmen der Bewohnerinnen und Bewohner Mexmûrs euch genauso viel Lust auf eine andere Welt machen, wie uns! Die Einnahmen aus dem Verkauf der Broschüre gehen an den Gesundheitsrat des Camps, der von dem Geld einen Krankenwagen kaufen möchte. Derzeit verfügt das Camp mit seinen knapp 20.000 Menschen über kein geeignetes Fahrzeug. Deshalb haben wir in Absprache mit dem Gesundheitsrat Mexmûrs eine Spendenkampagne gestartet, an der ihr euch gerne beteiligen könnt. Alle Infos findet ihr auf den letzten Seiten dieser Broschüre.
Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen!