Wie Rıza Altun, Mitglied des KCK-Exekutivrats, im ANF-Interview erklärt, befindet sich die Türkei in Bezug auf Idlib in einer Sackgasse: „Sie muss entweder ihre Milizen verkaufen und das Scheitern ihrer Syrien-Politik zugeben, oder sie muss sich hinter die Milizen stellen und gegen das syrische Regime, Russland und den Iran kämpfen.“
Im gestern veröffentlichten ersten Teil des Interviews hat sich Altun zur aktuellen Krise zwischen der Türkei und den USA geäußert. Im zweiten und letzten Teil geht es um die verschiedenen Kräfte in Syrien, ihre Beziehungen und Konflikte.
In der Region findet gerade eine neue Veränderung statt. Die Idlib-Operation, die im Rahmen der Syrien-Krise eine Schlüsselfunktion spielt, kommt langsam auf die Tagesordnung. Was für eine Phase wird die anstehende Idlib-Operation aus Sicht der in der Region vertretenen Akteure einleiten?
Idlib stellt nicht nur ein Problem Syriens dar. Es ist ein Problem für alle Kräfte, die in Syrien aktiv sind. Idlib ist definitiv ein Wendepunkt für Syrien. In Syrien waren neben den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) viele kleine Gruppen aktiv. Diese Gruppen wurden zum Großteil besiegt und in die Region zwischen Idlib und Cerablus gebracht. Dort haben wir es jetzt mit einer Kraft von 100.000 bis 150.000 Bewaffneten zu tun. Sie alle haben sich grundsätzlich unter dem Dach von HTS (Heyet Tehrir al-Sham) versammelt. Diese Gruppe wird seit Langem von zahlreichen Staaten unterstützt. Die USA, Israel, Saudi-Arabien und die Türkei unterhalten Beziehungen zu diesen Gruppen. Im Laufe der Zeit etablierte sich die Türkei als alleinige Garantiemacht dieser Milizen. Die Türkei unternahm im Rahmen der Astana-Verhandlungen viel, um all diese Gruppen in Idlib sammeln zu können. Auf diese Weise konnte die Türkei den Großteil der bewaffneten Gruppen in Syrien unter ihre Kontrolle bringen. Bis auf die QSD befinden sich heute alle Gruppen in Syrien, die wir als oppositionell bezeichnen können, in Idlib. In den anderen Teilen Syriens gibt es keine derartigen Gruppen mehr. Weder in Ghouta noch in anderen Gebieten gibt es noch oppositionelle Gruppen. Idlib ist also ein wichtiges Gebiet.
Ist die Position des syrischen Regimes stärker geworden? Wie hält sich das Regime auf den Beinen?
In einer Situation, in der das Regime selbst über keinerlei eigene Kraft mehr verfügte, wurde versucht, es mithilfe des Irans, der Hisbollah und Russlands wieder zu einer Macht werden zu lassen. Auch jetzt stellt das Regime eigentlich keine entscheidende Kraft dar. Seine Macht auf dem Boden wird eher von der Hisbollah und dem Iran sichergestellt. Der Eigenanteil des Regimes ist sehr begrenzt und findet eher auf dem Gebiet der internationalen Diplomatie statt. Auf politisch-militärischem Gebiet hält Russland das Regime auf den Beinen. Durch den von diesen Kräften geführten Krieg und ihre Unterstützung konnte es zu der heutigen Situation kommen, in der die bewaffneten Gruppen in Idlib versammelt sind. Das Regime verfügt also durch die Unterstützung Russlands und des Irans über Macht. Diese Macht ist aber keine, der unabhängig von ihren Unterstützern Ausdruck verliehen werden kann. Der Iran und Russland sprechen im Namen des Regimes.
Wie verhalten sich die USA in dieser Situation?
Während Russland deutlich an Einfluss über Syrien gewonnen hat, möchten sich die USA eher im Rahmen ihrer Beziehungen zu Nordsyrien einen Einflussbereich eröffnen. Bezüglich der Entwicklung Syriens befinden sich beide Akteure sowohl in Kontakt miteinander, als auch im Widerspruch zueinander. Beide sind darum bemüht, das Problem zu lösen, ohne dabei direkt miteinander in eine kriegerische Auseinandersetzung zu geraten.
In Nordsyrien befinden sich die Kräfte der QSD. Ist die QSD keine unabhängige Organisation?
Weil die QSD seit ihrer Gründung unabhängig sind, orientieren sie sich an der Forderung nach einem demokratischen, föderalen Syrien. Sie sind daher offen für eine Veränderung Syriens im Rahmen von Verhandlungen. Sie befinden sich tatsächlich in einer starken Position. Sie kontrollieren ein großes Gebiet und unterhalten nicht zu unterschätzende internationale Beziehungen.
Besteht keine Chance, das Idlib-Problem im Rahmen von Gesprächen zu lösen?
In Syrien besteht folgendes Problem: Erstens, der Beginn eines Prozesses, in dessen Rahmen die Einheit Syriens unter Einbeziehung der von den QSD kontrollierten Gebiete gewährleistet wird. Zweitens, eine Lösung für die Situation in Idlib zu finden. Es sieht nicht danach aus, als ließe sich die Situation in Idlib auf dem Verhandlungsweg lösen. Die Kräfte in Idlib streben nach der Macht. Sie fordern die Entmachtung des derzeitigen Regimes und streben die eigene Machtübernahme an.
Viele der Gruppen in Idlib werden offiziell als ‚terroristisch‘ anerkannt und verfügen daher über keinerlei Legitimität. Auch wenn das Regime und Russland akzeptieren, einige dieser Gruppen in das Regime zu integrieren, wird der Großteil der Gruppen im Rahmen eines Krieges zur Aufgabe gezwungen werden müssen. International besteht in diesem Punkt weitgehend Einigkeit. Die Beziehungen zwischen der Türkei, Russland und dem Iran lassen sowohl eine Lösung als auch einen Krieg als komplizierte Optionen erscheinen. Die Türkei versucht mithilfe dieser Gruppen ihren Einfluss bei der Gestaltung der Zukunft Syriens zu sichern. Russland, das Regime und der Iran betrachten diese Gruppen jedoch als ‚Terroristen‘ und möchten sie zerschlagen. Aus diesem Grund erwartet alle Seiten des Krieges in Idlib eine große Prüfung. Ohne dieses Problem gemeinsam mit der Frage nach dem Status der Demokratischen Föderation Nordsyrien zu lösen, kann keine Kraft in Syrien Einfluss ausüben.
Der Demokratische Syrienrat (MSD) und das Regime haben erste offizielle Gespräche miteinander geführt. Welcher politischen Lage verleihen diese Gespräche Ausdruck?
In den Medien sind einige Meldungen über diese Gespräche erschienen. Die Gespräche können die Tür für eine Verhandlungsphase eröffnen. Wie ich bereits gesagt habe, besteht für dieses Gebiet eher die Chance für eine Verhandlungslösung. In Idlib ist das nicht der Fall. Idlib stellt in Syrien wirklich einen Wendepunkt dar. Für diesen Wendepunkt spielt auch die Politik eine Rolle, die zur Entstehung der Situation in Idlib geführt hat.
Bei der Sammlung derartig vieler bewaffneter Gruppen in Idlib spielen auch der Iran, Russland und das Regime eine Rolle. Sie haben mit der Türkei diesbezüglich Abkommen geschlossen. Die Türkei unterstützte zu Beginn diese Kräfte im Kampf gegen das Regime. Sie hat Idlib kontinuierlich gestützt. Doch dann kam es zu einem Bündnis zwischen der Türkei, Russland und dem Iran.
Auf welchen Abkommen fußt dieses Bündnis?
Dieses Bündnis basiert auf folgender Vereinbarung: Die Türkei erhält Efrîn. Als Gegenleistung werden die bewaffneten Gruppen aus allen Teilen Syriens nach Idlib gebracht und die Türkei erhält alle Befugnisse bezüglich dieser Gruppen. Auf diesem Weg konnte die Türkei alle Gruppen als Trumpf für sich sichern. Das erschien ihr als attraktive Lösung. Auf Grundlage dieser Vereinbarung wurden alle bewaffneten Gruppen aus Ghouta und anderen Orten nach Idlib gebracht. Efrîn wurde der Türkei überlassen. In diesem Zuge kam es zu der heutigen Situation in dem Gebiet von Cerablus bis nach Idlib.
Man kann sich natürlich fragen, wie lange sich eine Waffenruhe dieser Kräfte und die Kontrolle über sie aufrechterhalten lässt. Das hat solange funktioniert, wie alle Gruppen in den anderen Teilen Syriens besiegt und in Idlib angesiedelt wurden. So kam es zur heutigen Situation. Idlib ist mittlerweile zum entscheidenden Problem in Syrien geworden.
Werden sich jetzt alle Idlib zuwenden?
Wenn das Regime wirklich wieder zu einer Macht werden möchte, dann muss es Idlib unter seine Kontrolle bringen und die dortigen bewaffneten Gruppen zerschlagen. Wenn die 150.000 Mann zählende Kraft wiederum an Bedeutung gewinnen möchte, muss sie den Krieg mit dem Regime auf die eine oder andere Art und Weise fortsetzen. Die früheren Abkommen zwischen Russland und der Türkei entsprachen der damaligen Konjunktur. Diese hat sich nun aber geändert. Russland akzeptiert dieses Gleichgewicht nicht mehr. Die Kräfte in Idlib wollen immer wieder mal über Aleppo Angriffe gegen das Regime richten. Das Regime wiederum verfolgt eine Politik der Umzingelung Idlibs. Es möchte die dortigen Gruppen entweder zur Aufgabe zwingen oder die Türkei dazu bringen, sie zur Aufgabe zu bewegen. Das bedeutet, dass jederzeit der Ausbruch von bewaffneten Auseinandersetzungen droht.
Hat die Türkei die USA nicht überzeugen können?
Die türkisch-amerikanischen Beziehungen befinden sich in einer sehr kritischen Lage. So lange diese Widersprüche andauern, wird es der Türkei nicht gelingen, ihre Politik zu verändern und neue Beziehungen zur internationalen Koalition und der NATO aufzubauen, in denen auch die bewaffneten Gruppen mit einbezogen sein können. Sie ist dazu nicht in der Lage. Denn die internationalen Mächte akzeptieren Tahrir al-Sham und ähnliche Gruppen nicht. Die Türkei wollte ihnen Legitimität verschaffen. Der Plan der Türkei war es eigentlich, nach der Wahl wieder einen ruhigeren Ton anzuschlagen und die Beziehungen zu den USA zu entspannen. In diesem Rahmen sollte dann auch der Status mit Legitimität ausgestattet werden. Doch das gelang der Türkei nicht. Es wurde behauptet, die Beziehungen zu den USA seien gut und man habe sich auf eine Übergabe von Minbic geeinigt. Doch relativ schnell wurde deutlich, dass es sich bei diesen Verlautbarungen um Lügen handelte. Weil die Türkei es nicht geschafft hatte, sich politisch mit den USA zu einigen, war sie plötzlich noch stärker in den Beziehungen gefangen, die sie zuvor zu Russland und dem Iran aufgebaut hatte. Diesen Zustand nutzt Russland jetzt aus. Russland möchte die Türkei gegen die USA und die EU einsetzen. Wir sehen derzeit, dass Russland und der Iran zweierlei tun: Zum einen setzen sie die Türkei unter Druck, damit sie Idlib aufgibt. Und zum anderen erklären sie im Zusammenhang mit den türkisch-amerikanischen Spannungen, an der Seite der Türkei zu stehen. Die Türkei hat in dieser Lage weder etwas gegen die USA, noch gegen Russland und den Iran in der Hand.
Was beabsichtigen Russland und der Iran, wenn sie davon sprechen, sie stünden an der Seite der Türkei?
Russland und der Iran verfügen weder über Geld, das sie der Türkei geben könnten, noch würden sie für die Türkei in einen Krieg gegen die USA oder die NATO ziehen. Ihre öffentlichen Erklärungen sollen also nicht viel mehr, als Erdogan ermutigen. Erdogan wiederum versucht Stimmung in der Bevölkerung zu schaffen, indem er die Beziehungen als stabil und ernstzunehmend darstellt. Zugleich sind sie sich der schwierigen Lage der Türkei bewusst und machen daher auch die türkische Präsenz in Idlib zu einem Diskussionsgegenstand. Laut Medienberichten verlangt Russland, dass die Türkei sich rasch aus Syrien zurückzieht. Mit seinen Angriffen auf Idlib bringt das Regime die Türkei in eine Zwangslage. Es sagt der Türkei in etwa Folgendes: „Du hast keine Kraft mehr. Wenn du uns auch gegen dich aufbringst, brichst du komplett zusammen. Akzeptiere also, was wir dir vorschlagen. Lass uns gemeinsam planen, wie wir die bewaffneten Gruppen komplett zerschlagen.“ Sie wollen die Türkei an diesen Punkt bringen. Auch wenn dieses Szenario nicht eintritt, sind sie zu einer Operation gegen Idlib bereit. Die Vorbereitungen für die Operation laufen. Alle wichtigen Punkte in Idlib befinden sich unter einem Belagerungszustand. Das bedeutet letztendlich, dass eine Operation gegen Idlib jederzeit beginnen kann.
Hängt die Zukunft Syriens nun also von Idlib ab?
Je nachdem wie das Idlib-Problem gelöst werden kann, wird sich auch die Zukunft Syriens ergeben. Bisher war Idlib einer von vielen Kampfschauplätzen. Heute steht Idlib für ganz Syrien. Alle, die an der Gestaltung der Zukunft Syriens beteiligt sein wollen, müssen sich zwangsläufig an der Idlib-Operation beteiligen oder am Ende der Operation in einer starken Position sein. Die Türkei befindet sich weder in einer Lage, in der sie an der Idlib-Operation teilnehmen kann, noch wird die Türkei am Ende der Operation in einer starken Verfassung sein. Die Türkei hat keinen großen Bewegungsspielraum. Außer der omnipräsenten Kurdenfeindlichkeit gibt es nichts, worauf die türkische Politik beruht. Sie steht dementsprechend vor einem Bankrott.
In einem Interview im Januar sprachen Sie davon, dass die Türkei sich mit ihrer Intervention im Gebiet zwischen Cerablus und al-Bab in einen tiefen Sumpf begeben habe. Was wird in Efrîn, auch im Zusammenhang mit Idlib, geschehen?
Efrîn ist definitiv ein Problem. Wenn wir von Idlib sprechen, meinen wir diese ganze zusammenhängende Region. Efrîn ist aber sicherlich auch ein Problem für sich. Sosehr Efrîn Teil unserer Bewertungen der Situation in Idlib ist, müssen wir auch die Eigenheiten der Situation in Efrîn beachten. Russland, der Iran und das Regime haben die Türkei benutzt, um nach Efrîn zu gelangen. Die QSD haben sich damals dagegen positioniert. In diesem Zusammenhang dürfen wir Folgendes nicht vergessen: Beim Fall Efrîns spielt nicht nur die Türkei eine Rolle. Da dürfen wir uns nicht täuschen lassen. Die Türkei, Russland, der Iran und das Regime sind alle schuldig. Im Rahmen eines schmutzigen Deals haben sie Efrîn der Türkei übergeben. Die Freiheitskräfte haben in Efrîn entschlossen Widerstand gegen diesen Deal und die Besatzung geleistet. Dieser Widerstand geht heute weiter. Diese Kräfte verteidigen ihren politischen Ansatz und bekämpfen zugleich die türkischen und islamistischen Besatzer.
Was wird mit der Präsenz der Türkei und der islamistischen Gruppen in Efrîn geschehen?
Das hängt mit den oben erwähnten Entwicklungen zusammen. Diese Entwicklungen werden auch Efrîn umfassen. Die Präsenz der Türkei in Efrîn wird in Frage gestellt werden. Zweifellos werden die Regime-Kräfte in Efrîn die Position der Türkei übernehmen wollen. Doch die Kräfte der YPG werden Efrîn niemals aufgeben.
Welche Folgen wird das mit sich bringen?
Das werden die praktischen Entwicklungen, die Beziehungen und Widersprüche vor Ort zeigen.
Sie sagten, dass die Syrien-Krise auch eine Krise der dort aktiven Kräfte sei. Auch der Iran ist Teil dieser Krise. Zuletzt erklärte der Iran, die Türkei angesichts der Krise zu unterstützen. Zudem befindet sich der Iran selbst auch in einer Krise. Wie wird diese krisenhafte Situation, in der sich der Iran befindet, weitergehen?
Die USA und Israel haben dazu eine klare Position dargelegt. Der Iran ist die Zielscheibe der internationalen Kräfte. Der Iran und die Türkei haben eine spezielle Position im Mittleren Osten inne. Die zentralen Kräfte, die bereits in der Vergangenheit innerhalb des Nationalstaatensystems einflussreich im Mittleren Osten gemacht wurden, sind die Araber, der Iran und die Türkei. Dies sind die herrschenden Kräfte im Mittleren Osten.
Aus historischen Gründen wurden die Araber gespalten und geschwächt, aber nicht verleugnet. Der Iran und die Türkei sind infolge ihrer Kraft aus ihrer imperialen Tradition zu zwei wirksamen Mächten im Mittleren Osten geworden. Wenn wir von der Mittelost-Krise sprechen, sprechen wir im Wesentlichen von einer Situation, die mit dem Iran und der Türkei zusammenhängt. Die Lage der Türkei und des Iran werden die Qualität und Lösung der Krise im Mittleren Osten bestimmen. Darüber hinaus ist auch die Lage der Araber und der Kurden bedeutend. Nicht als Staat, aber als Gesellschaft. Weil die Araber so sehr gespalten sind, haben sie keine große Wirkung. Die Kurden hingegen sind trotz ihrer Dynamik umzingelt. Die Situation des Iran und der Türkei hat eine Schlüsselrolle in der Veränderung des Status quo. Mit ihren seit Jahrhunderten angewandten Methoden wurden sie die Hauptursache für die Krise. Die heutige Krise ist Folge der Politik dieser beiden Kräfte. Es spiegelt ihre Politik und ideologisch-politische Hegemonie wieder. Aus dieser Perspektive können wir das Problem der Türkei und des Iran verstehen.
Sie haben von den Interventionen gegen die Nationalstaaten im Mittleren Osten gesprochen. Wie wird im Iran eingegriffen?
Der Iran wurde voll und ganz zur Zielscheibe erklärt, weil er sich nicht unter Kontrolle kriegen lässt. Seine ideologisch-politische Struktur eignet sich nicht dafür. Der Iran ist heute das grundlegende Ziel im Mittleren Osten. Man wollte bereits in der Vergangenheit den Einfluss des Iran im Mittleren Osten eindämmen und schwächen. Es gab eine US-amerikanische und internationale Politik, einen nach innen gewandten Iran zu bezwingen oder einen Regime-Change zu forcieren. Weil die Mittelost-Krise bislang auf eine andere Art und Weise geführt wurde, konnte sich der Iran dadurch vielleicht am Leben halten. Er war nicht ganz auf der Agenda. Der Iran konnte die verschiedenen Krisenherde im Mittleren Osten, wie in den Golfstaaten, dem Jemen und Syrien zu seinen Gunsten nutzen.
Nach sieben Jahren wurde der Raum des Iran eingeschränkt. Die internationalen Kräfte haben nun zunehmend den Iran zur Zielscheibe gemacht und versuchen mit einer Politik, die sich an der Türkei und dem Iran orientiert, eine Vorherrschaft im Mittleren Osten aufzubauen. Die Türkei und der Iran erleben damit nun Probleme. Die Bündnisse mit Russland und die Widersprüche mit der internationalen Koalition rühren daher. In der kommenden Phase werden sich diese Widersprüche noch mehr vertiefen. Die USA und der Iran haben gegenseitig ihre Position dargelegt. Es ist schwer, einen Punkt für einen Kompromiss zu finden. Auch wenn die USA erklären, dass Gespräche mit dem Iran möglich seien, geht es nur darum, den Iran in die Ecke zu drängen. Es geht nicht um eine Lösung des Problems. Der Iran hat daher Gespräche mit den USA ohne Bedingungen abgelehnt. Dies hat er nicht aufgrund seiner Stärke getan, sondern aus dem Wissen über die Absicht der USA. Das Problem ist also sehr ernst. Es ist so ernst wie der Widerspruch zwischen der Türkei und den USA. Der Iran soll militärisch, politisch, diplomatisch und wirtschaftlich umzingelt und so in das Weltsystem integriert werden. Der Iran hat sich dagegen positioniert. Das bedeutet, dass der Iran es im Mittleren Osten schwer haben wird. Das gilt für viele Gebiete wie Jemen, den Golf und Libanon. Denn die klare Position der Arabischen Liga, von Israel und den USA bringen den Iran in eine verzwickte Lage.