Vorwurf: Verstoß gegen §129b StGB
Der kurdische Aktivist und Politiker Yüksel Koç sitzt nach seiner Festnahme am Vortag inzwischen in Untersuchungshaft. Nach der Vorführung vor dem Ermittlungsrichter in Karlsruhe wurde der 61-Jährige am Mittwoch auf Grundlage eines Haftbefehls des Bundesgerichtshofs vom 4. April in die Justizvollzugsanstalt Bremen überstellt. Die Ermittlungen führt die Bundesanwaltschaft, der Vorwurf lautet: „Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung“ gemäß §129b StGB.
Öffentlichkeitsarbeit als angeblicher Straftatbestand
Koç wird vorgeworfen, zwischen 2016 und 2023 in führender Funktion für die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) aktiv gewesen zu sein. Laut Bundesanwaltschaft soll der mehrfache Familienvater unter anderem Propagandaarbeit in Europa koordiniert, als Verbindungsperson zur Führungsebene fungiert und Veranstaltungen organisiert haben. Einer individuellen Straftat wird er nicht beschuldigt.
Die Verteidigung weist die Vorwürfe zurück. Rechtsanwältin Fatma Sayın, die Koç juristisch vertritt, erklärte: „Mein Mandant war in einer Dachorganisation tätig, die in Deutschland legal arbeitet. Sämtliche Aktivitäten, auf die sich die Vorwürfe stützen, waren öffentlich, friedlich und politischer Natur.“
Freund:innen und Unterstützer:innen fordern in Karlsruhe die Freilassung Koçs
Tatsächlich betreffen die Vorwürfe gegen Koç einen Zeitraum, in dem er Ko-Vorsitzender des KCDK-E – Kongress der demokratischen Gemeinschaften Kurdistans in Europa – war. Dabei handelt es sich um den größten kurdischen Dachverband in Europa mit mehr als 400 Mitgliedsorganisationen. Die Einrichtung ist in Belgien registriert und arbeitet völlig legal. Sayin kündigte an, gegen den Haftbefehl rechtlich vorzugehen und betonte, dass die Anklage aus ihrer Sicht politisch motiviert sei.
Politischer Umbruch – juristische Repression?
Die Festnahme Koçs fällt in eine politisch sensible Zeit: Erst Anfang Mai hatte die PKK auf ihrem 12. Kongress die Entscheidung zur Selbstauflösung und zur Niederlegung der Waffen getroffen – als Reaktion auf den Friedensaufruf ihres in der Türkei inhaftierten Begründers Abdullah Öcalan vom 27. Februar. Aus Sicht der kurdischen Community sendet die Verhaftung Koçs in diesem Kontext ein widersprüchliches Signal.
Protest in Bremen: „Friedensprozess nicht kriminalisieren“
Am Mittag demonstrierten rund 50 Personen vor der Bremischen Bürgerschaft gegen die Festnahme. Die Teilnehmenden forderten die sofortige Freilassung von Yüksel Koç und warfen der Bundesregierung vor, dem Friedensprozess in der Türkei und Kurdistan Steine in den Weg zu legen.
Zübeyde Zümrüt, die gegenwärtige Ko-Vorsitzende des KCDK-E, erklärte bei der Kundgebung: „Deutschland hat die Friedenssignale begrüßt, handelt aber entgegengesetzt. Die Festnahme von Yüksel Koç ist ein Angriff auf den Friedenswillen der kurdischen Seite.“
Die Demonstration dauerte etwa eine Stunde und endete mit kurdischen, deutschen und türkischen Redebeiträgen sowie Parolen für Frieden und Gerechtigkeit. Die Beteiligten kündigten für die nächsten Tage weitere Proteste an.