Eine Zeitlang fanden wiederholt Angriffe auf Tourist*innen in der Türkei statt, die insbesondere auf Frauen abzielten. Immer wieder wurden Frauen vergewaltigt und dann ermordet. Die Presse beschäftigte sich in ihren Schlagzeilen mit den Morden und die Medien spielten dabei eine entscheidende Rolle, die entsprechenden Botschaften im Rahmen des Herrschaftsdiskurses in die Gesellschaft zu tragen.
Eine der Frauen, die damals ermordet wurde, wurde als die „Friedensbraut“ bekannt. Zunächst war im Fernsehen über das Verschwinden von Pippa Bacca berichtet worden, anschließend wurde ihre Leiche am 31. März 2008 in der von Morden durch die Kontraguerilla besonders betroffenen Region Gebze-Tavşanlı gefunden. Später gab es in Istanbul einen ähnlichen Mord. Diesmal verließ der Mörder nach der Tat Istanbul, ging nach Syrien und schloss sich einer von der Türkei organisierten Miliz an. Aufgrund heftiger Reaktionen in der Öffentlichkeit in der Türkei und weltweit war der türkische Staat schließlich gezwungen, ihn wieder in die Türkei zu bringen und festnehmen zu lassen. Dies warf Fragen auf. Insbesondere die Frage, ob es zwischen dem Mörder und dem türkischen Geheimdienst MIT irgendeine Verbindung gegeben hat, wurde aus gutem Grund gestellt. Denn der Mörder schloss sich nach seiner Tat einer vom MIT gegründeten Miliz in Syrien an und entzog sich so zunächst der Strafverfolgung. Bezüglich der in der letzten Zeit verschwundenen und ermordeten Mädchen werfen sich ähnliche Fragen auf.
Ohne Zweifel finden solche schrecklichen Morde auch durch Individuen aus der Gesellschaft statt. In der Türkei wie auch in anderen Ländern kommen solche Morde und Täter vor. Derartige Morde können nur Menschen begehen, die mental völlig verkommen sind. Die Frage, ob die Personen, die solche Morde begehen, auch von anderen dafür benutzt werden, ist jedoch offen. Immer wieder haben wir erlebt, wie solche Personen von Geheimdiensten und Milizen genutzt worden sind. Lebhaftes Beispiel ist das Vorgehen türkeitreuer Milizen in Nordsyrien oder der Kontraguerillas in Nordkurdistan.
Es ist auffällig, dass bei den Kindermorden in der letzten Zeit in der Türkei ähnliche Aspekte eine Rolle zu spielen scheinen. Es verschwinden immer wieder Kinder, die alle etwa im gleichen Alter sind. Sie werden missbraucht und dann grausam ermordet. Die Verbrechen finden nicht nur in einer Provinz der Türkei statt, sondern in mehreren Regionen fast gleichzeitig.
Schon vor den Wahlen am 24. Juni begann das „Verschwinden“ der Kinder die Gesellschaft in Aufregung zu versetzen. Als nach den Wahlen die Leichen gefunden wurden, erreichte das gesellschaftliche Klima einen Siedepunkt und der Staat begann, diese Stimmung intensiv in seinem Interesse zu nutzen, um so schnell wie möglich die Todesstrafe in der Türkei einführen zu können.
Es ıst öffentlich bekannt, gegen wen die faschistische AKP/MHP-Clique die Todesstrafe eigentlich richten will: Nämlich gegen revolutionäre und demokratische Kreise, gegen all diejenigen, die der Staat als eine Gefahr für sich ansieht. Sonst würde die Frage nach der Hinrichtung von Vergewaltigern, Mördern und Feinden der Bevölkerung gar nicht gestellt werden. Denn wenn es so wäre, dann würden sich die AKP/MHP von Bandenführern wie Alaattin Çakıcı, Sedat Peker und anderen fernhalten. Erdoğan und Bahçeli pflegen jedoch mit diesen Mafiabossen schon seit über 40 Jahren herzliche Beziehungen.
Natürlich ist die Reaktion der Bevölkerung auf die Morde an Mädchen nicht mit den Reaktionen der faschistischen AKP/MHP-Clique gleichzusetzen. Dass die Gesellschaft sich gegen so etwas stellt, ist richtig und notwendig. Die Gesellschaft muss gegen diese Mörder schärfste Reaktionen zeigen. Dem kann niemand widersprechen. Es ist aber genauso notwendig zu verhindern, dass die Regierung, dass der Staat seine schmutzigen Ziele erreicht, in dem er die Kindermorde als einen Vorwand benutzt.
Die AKP/MHP-Clique versucht die Morde an den Mädchen in diesem Sinne zu nutzen. Das bringt wieder die Fragen mit sich, die sich schon bei den Frauenmorden gestellt haben. Inwiefern steht der Geheimdienst des türkischen Staates in Verbindung mit den Verbrechen?
YENI ÖZGÜR POLITIKA