Kalkan: Der Krieg in Kurdistan ist ein NATO-Krieg

Im vierten Teil des ANF-Interviews äußert sich Duran Kalkan (PKK) zur Vorbereitungsphase für den „ersten Schuss“ der kurdischen Befreiungsbewegung und die Reaktionen der Türkei und der NATO darauf.

Wie verlief die praktische Organisierung der Offensive vom 15. August? Wo genau fanden die Vorbereitungen statt?

Diese Phase startete mit etwas Verspätung. Ende 1982 und im darauffolgenden Jahr begann die Rückkehr ins Land. Im Mai 1983 fiel unser Freund Mehmet Karasungur. Außerdem wurde Südkurdistan angegriffen. Daraufhin begaben sich einige Freund:innen in den Norden. Die fehlende Erfahrung und unzureichende Planung erlaubte es uns nicht, das Jahr 1983 richtig zu nutzen. Die Ergebnisse dieser Phase wurden in der Sitzung des Zentralkomitees ausgewertet, die im Januar und Februar 1984 stattfand. Der Vorsitzende übte in diesem Zusammenhang Kritik und verdeutlichte die Notwendigkeit gewisser Schritte zum Aufbau der Guerilla. Denn innerhalb unserer Reihen gab es Bestrebungen, uns zur Kapitulation zu bewegen. Um diese Strömung zu besiegen, musste die Guerilla unbedingt aufgebaut werden. Der Feind [der türkische Staat] war bemüht, weitere Todesurteile zu verhängen, die von den Putschrichtern ausgesprochen wurden. Als Reaktion darauf begannen wir das Jahr 1984 mit einem deutlich größeren Antrieb. Im Frühling wurden die Ergebnisse der Sitzung des Zentralkomitees in den Regionen Çiyayê Reş und Behdînan diskutiert. Als Resultat wurden Uludere (ku. Qilaban) und Çukurca (Çelê) als Orte für die ersten Guerillaangriffe ausgewählt. Auch die Freunde, die diese Aktionen ausführen sollten, waren bestimmt worden.

Hevalê Egîd wurde als Kommandant mit der Planung und Durchführung der Angriffe in Uludere beauftragt, während Abdullah Ekinci den Angriff in Çukurca vorbereiten sollte. Sie hatten bereits einige kleinere Aktionen durchgeführt, die aber wenig Wirkung zeigten. Es war immer noch unklar, wie wir beginnen und welche Schritte wir danach gehen sollten. Auch waren Angriffsziel und Ort weiterhin ungeklärt. Zudem waren wir uns der Folgen unserer Aktionen nicht bewusst. Es gab also viele offene Fragen. Es war notwendig, sich mit großem Mut dieser Sache anzunehmen, aber es war schwer zu bestimmen, wie genau das alles geschehen sollte. Denn die Unfähigkeit Lösungen zu finden, führte allmählich zu Rückschritten. Als Reaktion darauf intensivierte der Vorsitzende seine Analysen und Kritik. Er gab dem Freund Fuat einen sehr konkreten Plan für die Organisierung und Arbeiten, den dieser ins Land bringen sollte. Er kam gemeinsam mit Fatma. Es handelte sich um eine wirklich umfassende Perspektive, die vollständig praktischer Natur war. Um sie gemeinsam zu diskutieren, versammelten wir uns als Leitung in der Region Xinere.

Das Ergebnis dieser Diskussionen war die Organisierung der HRK (Hêzên Rizgarîya Kurdistan), die Gründung der bewaffneten Propaganda-Einheiten und die Planung von überfallartigen Angriffen in Eruh (Dih) und Şemdinli (Şemzînan) – ein geplanter Angriff in Çatak (Şax) fand nie statt. Zu diesen Ergebnissen waren wir durch unsere Diskussionen gelangt, an denen auch der Freund Cuma [Cemil Bayik] beteiligt war. Dort beschlossen wir die Gründung der HRK. Ich glaube, diese Diskussionen fanden Anfang/Mitte Juli 1984 statt. Selbst die Gründungserklärung der HRK wurde dort gemeinsam verfasst. Ebenfalls einigten wir uns dort auf die Bildung der bewaffneten Propagandaeinheiten. Die Leitung beschloss deren Namen und nahm die Einteilung der Freund:innen für die verschiedenen Arbeiten vor. Hevalê Egîd wurde als Kommandant der „Bewaffneten Propagandaeinheit 14. Juli” bestimmt. Als Verantwortlicher der „Bewaffneten Propagandaeinheit 21. März” wurde der Freund Abdullah Ekinci auserwählt.

Zusammengefasst fanden damals sehr wichtige Vorbereitungen statt. Wir konnten all diese Entwicklungen nicht auf einmal stemmen. Doch die Planung der verschiedenen Aktionen wurde bald darauf in Behdînan in Angriff genommen. Dort beschlossen wir wie bereits erwähnt die HRK-Gründung, verfassten deren Gründungserklärung und bildeten verschiedene Einheiten. Es wurde entschieden, zunächst Angriffe auszuführen und dann erst die Gründung der HRK zu verkünden. Aber wo und wie genau, das wollten wir gemeinsam mit den Einheiten, die in den Gebieten Çukurca, Gever und Şemdinli aktiv waren und sich dort am besten auskannten, diskutieren und beschließen. Ihre Überlegungen und Vorschläge mussten berücksichtigt werden. Wir begaben uns deshalb nach Behdînan und trafen uns mit den besagten Einheiten zu einer Sitzung auf dem Berg, den wir „Şikefta Brindara” nennen. Die konkrete Planung der Angriffe fand bei dieser Sitzung statt. Die Freund:innen brachten eine Karte von Şemdinli mit, auf der die geographische und demographische Beschaffenheit verzeichnet war. Dort diskutierten wir miteinander und entwickelten so die konkrete Idee zum Angriff.

Nur an einem Ort anzugreifen würde nicht ausreichen. Deshalb machten wir uns Gedanken darüber, wo noch Angriffe stattfinden könnten. Ich habe ja bereits erwähnt, dass wir das Gebiet zwischen der Grenze zu Syrien und dem Iran als Kampfgebiet festgelegt hatten. Wir hielten es daher für notwendig, dass die Angriffe diesen gesamten Raum umfassten. Es wurde beschlossen, dass mindestens drei Angriffe stattfinden sollten, in Eruh, Çatak und Şemdinli. Bei diesem Gebiet handelt es sich um das Botan-Zagros-Dreieck. Was auch immer an diesen drei Orten geschah, die gesamte Bevölkerung würde es umgehend erfahren. Denn der Feind konnte unsere Angriffe verheimlichen. Wie zuvor erwähnt, fanden die Angriffe in Çatak, Çukurca und Uludere medial überhaupt keine Beachtung, sie waren verschwiegen worden. Wir gingen davon aus, dass der Staat erneut auf diese Weise handeln würde. Deshalb konnten die Angriffe nur ihre Wirkung entfalten, wenn die Gesellschaft direkt davon erfuhr. Doch von einem Angriff in Şemdinli würde man in Eruh nichts mitbekommen. Es bestand damals schlichtweg kein derartiger Austausch zwischen diesen Regionen. Deshalb mussten die Überfälle so geplant und ausgeführt werden, dass ganz Botan und Zagros direkt informiert würden. Auf Grundlage dieser Überlegungen entwickelten wir unsere Idee für die Angriffe.

Diese drei Kleinstädte waren damals die kleinsten ihrer Art in Botan. Wir hielten sie für geeignet, um jeweils mit einer einzigen Guerillaeinheit einen Angriff auszuführen. Wir wählten sie aufgrund ihrer Lage in diesem geographischen Dreieck und ihrer geringen Größe aus, um zu gewährleisten, dass alle Regionen in der Umgebung von den Angriffen erfahren würden. Dann planten wir den genauen Ablauf. Alle Freund:innen vor Ort hatten mittlerweile Kriegserfahrungen in Kurdistan gesammelt. Auch aus Palästina besaßen wir Kenntnisse für den Krieg. Was musste bei derartigen Angriffen bedacht werden? Da war zum einen die militärische Dimension, aber auch die Frage der Propaganda. Denn wir führten ja eine Aktion der Partei aus. Es war dementsprechend eine ideologische, politische und militärische Aktion. All diese Aspekte wurden durchdacht. Hinter den Angriffen vom 15. August 1984 steckte also nicht nur eine militärische Planung. Da war auch die Propaganda. Es wurden Flugblätter verteilt und Reden in Kaffeehäusern gehalten. All das war Teil dieser Angriffe. Aber grundlegend betrachtet handelte es sich natürlich um militärische Aktionen.

Es wurde damals gemeinsam bestimmt, wie lange die Kräfte, die an der Planungssitzung beteiligt waren, brauchen würden, um an die entsprechenden Orte zu gelangen und dort die Angriffe durchzuführen. Dieser Zeitraum wurde festgelegt. Dann diskutierten wir, welches Datum in diesem Zeitraum man sich am besten einprägen könnte. So einigten wir uns auf den 15. August. Es musste entweder Anfang oder Mitte August sein. Hätten wir den 12. August bestimmt, wäre das von vielen wieder vergessen worden. Denn bis dahin würden Wochen vergehen, in denen wir weite Strecken zu Fuß zurücklegen und dementsprechend erschöpft sein würden. Wir schrieben damals ja nichts auf. Es gab also keinerlei schriftliche Notizen. Außer geographischen Karten fertigten wir während der Vorbereitungen für den 15. August keinerlei Dokumentation an. Alles wurde nur mündlich besprochen und weitergeleitet, damit niemand von den Plänen erfuhr. Wir achteten sehr auf Geheimhaltung. Damit alle Angriffe zur gleichen Zeit und wirkungsvoll stattfinden konnten, einigten wir uns auf den 15. August – ein Datum, das niemand vergessen würde.

Sobald der 15. August bestimmt worden war, teilten wir unsere dortigen Freund:innen ihrer jeweiligen Aufgabe zu, also einer der drei bewaffneten Propagandaeinheiten. Eine Gruppe machte sich daraufhin auf den Weg nach Eruh. Hevalê Egîd leitete die Informationen und Planung weiter und übernahm die Aufgabeneinteilung. Eine andere Gruppe ging nach Çatak. Doch sie führten den geplanten Angriff nicht aus, weil sie, wie sie später sagten, den Ort nicht erreichen konnten. Bei der besagten Planungssitzung waren ohnehin größtenteils jene Kräfte anwesend, die mit dem Angriff in Şemdinli beauftragt worden waren. Sie organisierten sich dementsprechend als eine eigene Einheit. Nach dieser Sitzung machten wir uns auf den Weg in die Region Avaşîn. In der Nähe des Berges Mamreşo versammelten wir uns zu unserer letzten Sitzung. In einem Dorf, das an einem Hang zwischen den beiden Berggipfeln Girê Xwedê und Girê Govendê gelegen war, fand unsere letzte Besprechung statt. Damals gab es noch Dörfer in der Region. Es handelte sich um ein großes Dorf mit dem Namen Heroj. Die finale Planung für den Angriff in Şemdinli fand also dort statt. Von dort machten sich dann alle auf den Weg und am Abend desselben Tages wurde Şemdinli angegriffen.

Wir reagierte der türkische Staat auf die Offensive vom 15. August 1984? Wie ging er mit diesem Angriff um?

Für uns war völlig unklar, wie der Feind reagieren würde. Wir versuchten dies permanent abzuschätzen. Entsprechend unserer Annahmen entwickelten wir auch gewisse Vorkehrungen. Zum Beispiel entschieden wir, die Angriffe zeitgleich und auf eine Weise durchzuführen, dass alle angrenzenden Gebiete davon erfahren würden. Damit sich die Nachricht verbreiten konnte, selbst wenn der Feind versuchen würde, die Angriffe zu verheimlichen. Und genau das tat der Feind später auch. Nach den Angriffen vom 15. August wurde in der Türkei heimlich Alarm ausgelöst. Die türkische Armee war damals darauf ausgerichtet, einen Volksaufstand zu unterdrücken. Diese Ausrichtung stammte aus der Zeit der osmanischen Armee. Ihr gesamtes System war vollständig auf die Unterdrückung eines solchen Aufstandes ausgerichtet. Die Abteilung für asymmetrische Kriegsführung gegen die Guerilla war noch ganz neu und entsprechend ineffektiv. Sie gingen davon aus, dass die Angriffe der Beginn eines kurdischen Aufstandes waren, und versetzten als Reaktion die gesamte Armee in Alarmbereitschaft. Zugleich verschwiegen sie ihre Maßnahmen den Medien gegenüber. Turgut Özal befand sich damals im Urlaub. Er verließ seinen Urlaubsort Marmaris sofort und eilte direkt nach Ankara. Die Armee wurde in Alarmbereitschaft versetzt. Es gelang ihnen nicht wirklich, alles vor der allgemeinen Öffentlichkeit und den Medien zu verheimlichen.

Ich glaube, es war der 17. August, als BBC im Radio die erste Meldung zu dem Angriff verbreitete. Dadurch wurde die Öffentlichkeit erreicht. Von da an versuchten sie die Entwicklungen in ihrem Sinne zu steuern. Wie sah auf dieser Basis die praktische Reaktion des Feindes aus? Als Teil ihrer Aufstandsbekämpfungspläne begannen sie sofort, von Verbrechern und Terroristen zu sprechen, die das Land angegriffen hätten. So verkündeten sie ihren Plan und begannen mit dem Gegenangriff. Sie behaupteten, die Guerilla innerhalb von 24 Stunden zu eliminieren und gaben dieser Operation den Namen „Operation Sonne”. Erst sprachen sie von 24 Stunden, dann von 72 Stunden. Nachdem 48 Stunden vergangen waren, sagten sie immer noch, dass sie die Guerilla zermalmen würden. Tansu Çiller redete am häufigsten darüber, dass die Guerilla unter allen Umständen vernichtet werden würde.

Im Verlauf der seither vergangenen 37 Jahre sind dutzende Politiker:innen, Parteien und Organisationen von der Bildfläche verschwunden. Doch der Widerstand der Guerilla vom 15. August 1984 findet heute nicht mehr nur in Eruh und Şemdinli statt und ist nicht mehr lediglich auf Nordkurdistan begrenzt. Er hat sich auf alle vier Teile Kurdistans ausgebreitet und wird auch nicht mehr nur in den Bergen, sondern auch in den Städten und Tälern ausgetragen. Der Widerstand ist heute überall. Eine derart weitreichende Entwicklung wurde damals angestoßen. Das konnte schlichtweg nicht verhindert werden. Der türkische Staat griff zu jener Zeit mit dem Ziel an, die Guerilla in jedem Fall zu vernichten. Dafür wurden allerlei Methoden und Mittel verwendet. Man war extrem martialisch und fest entschlossen, die Guerilla zu eliminieren. Doch es gelang ihnen nicht. Ihre Kraft, Methoden und Taktik reichten dafür nicht aus. Sie wurden von der Guerilla besiegt. Der Guerilla gegenüber erwiesen sie sich als schwach. Die Guerilla hatte die Erfahrungen aller Völker dieser Erde, die Widerstands- und Guerillatraditionen aus der Türkei, Arabien, dem Iran und dem gesamten Mittleren Osten zu einer Synthese vereint. Der Kampf der PKK-Guerilla, der apoistischen Guerilla, der damaligen HRK und ARGK und der heutigen HPG und YJA-Star haben die faschistische türkische Armee besiegt.

Es handelt sich um eine NATO-Armee, die grenzenlose Unterstützung von dem Bündnis erfahren hat. Als Teil dessen wurde Gladio in Bewegung versetzt. Die Guerilla hat letztendlich Gladio und die NATO besiegt. Das hat der türkische Staat bis heute nicht verkraftet. Deshalb greift er Abdullah Öcalan an und deshalb kam es zum internationalen Komplott. Und daher rührt die derart umfassende Isolation und schwere Folter gegen unseren Vorsitzenden. Denn sie verkraften diese Tatsache nicht und wollen sich rächen. Sie weigern sich, ihre Niederlage einzugestehen.

Wie gesagt, die ersten 24, 48 und 72 Stunden nach den Angriffen vom 15. August 1984 vergingen, doch nur unter großen Schwierigkeiten. Lest die Tagebücher von Hevalê Egîd. Dort erfahrt ihr, wie der Feind ihn verfolgte. Bis nach Hezil folgten sie ihm damals. Denn seine Einheit hatte während des Angriffs am 15. August um die 60 Waffen erbeutet. Als seine Einheit versuchte, all diese Waffen mithilfe von Eseln vom Justizpalast in Eruh abzutransportieren, kam es zu Schwierigkeiten. Der Feind nahm die Verfolgung auf. Doch es gelang ihm nicht, sie zu vernichten. Die Kraft des Feindes reichte schlichtweg nicht aus. Natürlich setzte er seine Angriffe von da an ununterbrochen fort.

Der türkische Präsident Kenan Evren übernahm damals das Kommando für die Angriffe. Özal trug als Premierminister die politische Verantwortung. So nahmen sie untereinander eine Aufgabenteilung vor. Sie versetzten die gesamte Armee in Angriffsstellung. Kenan Evren kam persönlich bis nach Şemdinli, um die Armee zu motivieren. Das tat er noch an zahlreichen weiteren Orten. Eine Erklärung nach der anderen wurde veröffentlicht, damit die Motivation der Soldaten und ihre Kriegsbereitschaft nicht schwindet. Es waren Anstrengungen ungeheuren Ausmaßes, die unternommen wurden. In der Vergangenheit wurde immer wieder behauptet, Özal habe die Angriffe damals nicht ernst genommen und es sei nicht zu kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen. Das sind Lügen. Es ist schlichtweg falsch. Niemand hat so intensiv gegen die kurdische Guerilla gekämpft wie Özal. Er war sehr gut darin, die ökonomischen und politischen Aspekte des Krieges zu organisieren. Doch selbst das reichte nicht. Trotz seiner großen Anstrengungen reichte es am Ende nicht aus.

Auch Kenan Evrens Kommandostil war nicht angemessen. Die Angriffe, die er befehligte, waren nicht ausreichend. Er kam bis nach Şemdinli und rasselte mit den Säbeln – der Guerilla und dem Mittleren Osten gegenüber. Aber als sich sein Konvoi auf dem Rückweg befand, wurde er von den Freund:innen ins Visier genommen. Einige Leute aus Evrens Personenschutz wurden bei dem Angriff getötet und verletzt. Das hat seinem Charisma natürlich einige tiefe Kratzer verpasst. Durch die Meldung über den Angriff auf den Konvoi des Präsidenten fanden auch die Angriffe vom 15. August mediale Beachtung. Militärische Aktionen waren in der damaligen Phase äußerst wichtig. Abgesehen von einem Vorfall in Gabar hatten wir in den ersten drei Monaten keinen einzigen Gefallenen.

Nur ein Freund namens Kerim Baytar, der sich damals in Gabar innerhalb der gesellschaftlichen Aktivitäten einbrachte, wurde in Derik bei Mardin (Mêrdîn) von einigen Bandenmitgliedern erschossen. Sonst kam es zu keinerlei Verlusten im Krieg. Die Guerillaaktionen im Jahr 1984 verliefen erfolgreich. Wir taten uns jedoch schwer damit, die Ergebnisse dieser Phase richtig zu nutzen, den Krieg zu organisieren, die Guerilla zu vergrößern und zu einer kreativen Kraft zu etablieren. So kam es zu ersten Anzeichen für Rückschritte. Das war auch der Grund dafür, warum es im Jahr 1985 zu Verlusten kam und wir Gefallene zu beklagen hatten. Das geschah letztendlich, weil es nicht gelang, sich entsprechend der Anforderungen der Guerilla zu bewegen. Natürlich muss die Guerilla Erfolge erzielen, das liegt in ihrer Art. Sie lässt sich niemals auf einen Kampf ein, den sie nicht gewinnen kann. Sie trifft stets Vorkehrungen und hält ihre Ordnung aufrecht.

So sah also die Situation am Anfang aus. Die Guerilla unter dem Kommando von Hevalê Egîd folgte definitiv seiner Linie, der wahrhaftigen Art und Weise zu führen. Doch es gelang uns im Nachhinein nicht, diese Linie aufrecht zu erhalten und zur Grundlage unserer Arbeiten zu machen. Das Bandenwesen in unseren Reihen verfälschte sie. Der Feind sorgte von innen heraus für diese Verzerrungen. Deshalb zog sich der Krieg in die Länge und es kam zu Verlusten auf unserer Seite. Das gab dem Feind natürlich Hoffnung, obwohl er eigentlich durch die Angriffe vom 15. August 1984 besiegt worden war. Im Frühjahr 1985 trug die Türkei das Thema dann an die NATO heran. Wäre sie nicht besiegt worden, hätte sie diesen Schritt nie unternommen. Nun rief sie auf Grundlage von Artikel 5 den NATO-Bündnisfall aus und forderte Unterstützung ein. Die Türkei begründete diesen Schritt damit, dass sie aus dem Irak angegriffen werde. Von da an übernahm die NATO die Kontrolle über den Krieg. Und sie leitet ihn bis heute.

Letzter Teil: Die Beteiligung von Frauen an der Offensive vom 15. August und ihre Wirkung auf die späteren Phasen des Kampfes