Kommenden Samstag, am 20. März 2021, startet in Hamburg die „Volksinitiative gegen Rüstungsexporte“ mit der ersten Unterschriftensammlungsphase. Zum Auftakt veranstaltet die Initiative eine Kundgebung mit politischen und kulturellen Beiträgen. Zu den Unterstützer*innen gehört auch der kurdische Dachverband KON-MED. Wir haben mit Johanna Zimmermann von der Initiative gesprochen.
Wie setzt sich das Bündnis zusammen, das nun die Volksinitiative startet?
Wir sind mittlerweile ein breites Bündnis von verschiedenen Friedensgruppen, gewerkschaftlich (GEW und Ver.di) und hochschulpolitisch Aktiven, von Künstler*innen, Aktiven aus der kurdischen Community, der alevitischen Gemeinde, der Lampedusa-Gruppe, den linken türkischen Organisationen DIDF und ATIF, aus der Klima- und sozialen Bewegung, aus der Flüchtlingssolidarität und kirchlichen Zusammenhängen, IPPNW – Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs, Attac Hamburg sowie aus den Parteien DKP und Die Linke. Und es schließen sich immer mehr Menschen an – auch über Grenzen hinweg. Wir haben zum Beispiel Kontakt nach Triest aufgebaut, wo die italienischen Mitstreiter*innen ebenso ihren Hafen für Rüstung schließen wollen.
Was ist eure Motivation dahinter?
Uns alle eint der Wunsch nach Frieden und einer Welt, die wir gemeinsam bewohnen und gestalten und in der alle Menschen sich frei und gleich entfalten können. Dazu kommt, dass wir in einem Land, das verantwortlich ist für Faschismus und zwei Weltkriege, die Aufgabe und Verantwortung haben, lautstark für das Nie Wieder einzutreten. Die Hamburger Präambel spricht es aus: „Die Freie und Hansestadt Hamburg hat als Welthafenstadt eine ihr durch Geschichte und Lage zugewiesene, besondere Aufgabe gegenüber dem deutschen Volke zu erfüllen. Sie will im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein.“ Doch in und um Hamburg produzieren mehr als 93 Unternehmen Rüstungsgüter. Über den Hafen werden pro Tag drei Container mit Munition verschifft. Dazu kommen Waffen, Panzerwagen, Panzer, Raketenwerfer und Kriegsschiffe. Transportiert wird zum Beispiel nach Mexiko, Brasilien oder Kolumbien – in Länder, in denen die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Auch nach Saudi-Arabien und in die Türkei, die damit unter anderem im Jemen, in Syrien und gegen die Kurd*innen Krieg führen. Wir sagen nein zum Geschäft mit dem Tod und setzen uns für einen ausschließlich zivilen Hafen ein.
Die Hamburger „Volksinitiative gegen Rüstungsexporte“
Wie sehen die verschiedenen Schritte der Volksinitiative aus?
Ein erfolgreicher Volksentscheid muss drei Stufen nehmen. In der ersten Phase der Volksgesetzgebung, der Volksinitiative, müssen wir innerhalb von sechs Monaten mindestens 10.000 Unterschriften sammeln, im zweiten Schritt, dem Volksbegehren dann rund 65.000 in drei Wochen. Die dritte Stufe, der Volksentscheid, wird dann an eine hamburgweite Wahl gekoppelt. Hier bedarf es 50 Prozent plus eins der abgegebenen Stimmen. Wenn wir diese Stufe gewinnen, sind Bürgerschaft (Landtag) und Senat verpflichtet das Anliegen umzusetzen.
Wie realistisch ist euer Vorhaben?
In letzter Zeit versucht der Hamburger Senat fast jede Volksinitiative juristisch schon im Keim zu unterbinden. Zuletzt klagte er mit einer hanebüchenen Argumentation gegen die Volksinitiative gegen die Schuldenbremse. Das Hamburgische Verfassungsgericht folgte dieser Vorgabe. Aus unserer Sicht eine klar politisch motivierte Entscheidung. Für uns heißt das, den Druck weiter zu erhöhen. Die Hamburger Landesregierungen versuchen seit Jahrzehnten die Verantwortung für eine friedliche Politik auf die Bundesebene zu schieben. Aber wir sind juristisch gut aufgestellt. Uns liegen zwei Gutachten von Anwält*innen vor, die bestätigen, dass die Rüstungsexporte durch den Hamburger Hafen per Landesrecht unterbunden werden können. Wir sind uns sicher, dass die Hamburger*innen ihre Stimme gegen Rüstungsexporte erheben werden.
Was kommt nun in den nächsten Monaten auf euch zu?
Wir beginnen am 20. März 2021 mit einer Auftaktveranstaltung auf dem Rathausmarkt die erste Phase der Unterschriftensammlung. Die Zeit für gesellschaftlich sinnvolles Wirken ist reif, das bestätigen schon jetzt viele Gespräche auf der Straße. Viele Menschen haben es satt, dass im Schatten von Corona notwendige Veränderungen in den Hintergrund gedrängt werden sollen. So brauchen wir mehr denn je eine Wende in der Klima- und in der Flüchtlingspolitik, sowie eine gerechte Weltwirtschaftsordnung gegen die zunehmende soziale Ungleichheit und die wachsenden Kriege. Dafür zählt jede Stimme: Unser lauter Chor für Völkerverständigung und Frieden – und jede Unterschrift gegen die Rüstungsexporte! Wir werden die nächsten Monate in alle Stadtteile gehen, mit großen und kleinen öffentlichen Veranstaltungen und Infoständen, mit Musik, Film, Theater, politischen Reden und Grußworten. Und wir freuen uns darauf, mit Ihnen und euch ins Gespräch zu kommen!
Wie kann man euch unterstützen oder sich beteiligen?
Ab dem 20. März können alle Unterschriften sammeln! Dafür kann die offizielle Unterschriftenliste ausgedruckt oder in einer Sammelstelle in der Nähe abgeholt werden. Die Datei zum Drucken sowie eine Übersicht der Sammelstellen in den jeweiligen Bezirken finden sich auf unserer Homepage. Dort können auch weitere Infos zu Sammlungsaktivitäten, Infoständen, Veranstaltungen oder zur inhaltlichen Vertiefung abgerufen werden. Darüber hinaus arbeiten wir in AGen (z.B. Organisation, Publikation, Kultur, Unterschriftensammlung) und treffen uns regelmäßig als Gesamtgruppe. Wer dazustoßen will, melde sich gern per Mail oder telefonisch (0174-8284581) bei uns. Ebenso sind Vereine, Verbände und andere Organisationen herzlich eingeladen mit uns Kontakt aufzunehmen.
Senden wir gemeinsam das Signal: Stopp der Rüstungsexporte!