Heute vor 23 Jahren starb die kurdische Aktivistin Gülnaz Baghistani in Berlin bei einem Hungerstreik. Dieser wurde am Tag ihres Todes gewaltsam von der Polizei angegriffen und im weiteren Verlauf aufgelöst. Die Begründung: Das PKK-Verbot. Die über 230 Personen, die sich am Hungerstreik beteiligten, wurden von der Polizei dazu gezwungen, acht Kilometer durch die brütende Hitze vom Breitscheidplatz zum kurdischen Verein nach Kreuzberg zu laufen, der sich zu diesem Zeitpunkt in der Zossener Straße befand.
Der acht Kilometer andauernde Fußmarsch führte zum Tod Gülnaz Baghistanis, einer aus Südkurdistan stammenden Mutter von fünf Töchtern, die sich nach jahrelanger Flucht über die Türkei erst seit fünf Monaten in Deutschland aufhielt. Die Staatsanwaltschaft verzichtete damals auf die genaue Klärung der Todesursache. Vier Tage nach dem Tod beteiligen sich über 10.000 Menschen an einem Trauermarsch, der sich unter anderem auch gegen das bis heute bestehende PKK-Verbot in Deutschland richtete.
Das Verbot wurde zwei Jahre zuvor vom damaligen Innenminister Manfred Kanther (CDU) erlassen und führte zu unzähligen Verboten, Razzien, Festnahmen und zahlreichen Toten. Bereits ein Jahr vor dem Tod von Gülnaz Baghistani starb in Hannover der damals 16-jährige Kurde Halim Dener, beim Anbringen von Plakaten, die sich auf die Freiheit Kurdistans bezogen, durch die Schüsse eines deutschen Polizisten.
Im Jahr 1993, als das PKK-Verbot erlassen wurde, führte das türkische Militär einen schmutzigen Krieg in Kurdistan, in dessen Verlauf Tausende starben, Dörfer systematisch niedergebrannt wurden und die kurdische Zivilbevölkerung vollkommen entrechtet wurde. Zehntausende wurden verhaftet und in türkischen Gefängnissen zu Tode gefoltert.
Zur selben Zeit rief die PKK den ersten einseitigen Waffenstillstand aus, da die kurdische Freiheitsbewegung zu einer politischen Lösung des Konflikts beitragen wollte. Dem einseitigen Waffenstillstand sollten sieben weitere folgen.
Grundstein systematischer Verfolgung
Mit dem Erlass des Verbotes wurde der Grundstein für den repressiven Kurs und die systematische Verfolgung hier lebender Kurd*innen gelegt. Die Bespitzelung und Observationen politisch aktiver Kurd*innen sind ebenso Teil des Verbots wie die hohen Haftstrafen der letzten Jahre, denen im Kern einzig und allein die Organisation von Busfahrten zu Demonstrationen oder die Organisation von Veranstaltungen zu Grunde lag. All diese Urteile wären ohne das bestehende Verbot, welches die Betätigung mit einschließt, nicht möglich.
Dass die derzeitige Bundesregierung wenig Interesse daran zu haben scheint, etwas an diesem Status Quo zu ändern, spiegelt sich in der im März 2017 erlassenen Erweiterung des PKK-Verbots wieder. In die Erweiterung des Verbots fallen unter anderem das Zeigen des Konterfeis Abdullah Öcalans sowie das Zeigen der Fahnen von YPG, YPJ und PYD.
In Berlin konnten sich Aktivist*innen gegen das Fahnenverbot durch die massenhafte Beteiligung an einem „Fahnenmeer“ durchsetzen. Dem vorausgegangen waren zahlreiche Demonstrationen, bei denen es teilweise zu Massenfestnahmen von über 100 Personen kam. Ob und wie lange das PKK-Verbot, welches sich im November 2018 zum 23. Mal jährt, weiter aufrecht erhalten werden kann, wird auch maßgeblich daran liegen, wie viel gesellschaftlicher Druck dagegen zukünftig aufgebaut wird.
Derer zu gedenken, die durch das Verbot ihr Leben ließen, und sie weiterhin im politisch-kollektiven Gedächtnis zu behalten, ist ebenso Teil des Kampfes gegen das PKK-Verbot wie das Organisieren von Demonstrationen und die Herstellung von Öffentlichkeit.