Gedenken an Führer der türkischen 68er-Bewegung

Heute vor 47 Jahren wurden die Revolutionäre Deniz Gezmiş, Yusuf Aslan und Hüseyin İnan in Ankara hingerichtet. An ihrer Grabstätte in Karşıyaka wurde ihrer gedacht.

Heute vor genau 47 Jahren wurden die revolutionären Führer der 68er-Bewegung in der Türkei, Deniz Gezmiş, Yusuf Aslan und Hüseyin İnan, im Ulucanlar-Gefängnis in Ankara hingerichtet. An ihrer Grabstätte auf dem Zentralfriedhof in Karşıyaka wurde ihrer gedacht.

Deniz Gezmiş, Yusuf Aslan und Hüseyin İnan gehörten zu den wichtigsten Repräsentanten der türkischen Stundenten- und Jugendbewegung. Sie waren ab Mitte der 1960er Jahre in der „Türkischen Arbeiterpartei“ (TIP) aktiv und hatten sich durch insbesondere durch militante Aktionen wie die Beteiligung an den Protesten gegen die 6. US-Flotte, die zu der Zeit in Istanbul vor Anker lag, gegen die in der Türkei stationierten US-Streitkräfte hervorgetan. Zu diesem Zeitpunkt protestierte die Jugend in vielen Ländern gegen die etablierten Institutionen und Herrschaftsformen. Die Geschichte von Gezmiş und seinen Genossen ist daher untrennbar verwoben mit den damaligen politischen Verhältnissen, die ihn und andere innerhalb der aufgespaltenen türkischen Linken den Weg in den militanten Widerstand wählen ließen.

1970 gründeten Deniz Gezmiş, Hüseyin İnan, Yusuf Aslan, Sinan Cemgil und Cihan Alptekin die Volksbefreiungsarmee der Türkei (türkisch: Türkiye Halk Kurtuluş Ordusu, THKO), eine bewaffnete marxistisch-leninistische Organisation. Gezmiş nahm als charismatischer Studentenführer ohne Angst und Scheu die Führung der Bewegung in die Hand und definierte den nationalen und internationalen Feind: Das Ziel der THKO war die Gründung einer demokratischen und unabhängigen Türkei - frei vom ausländischen imperialistischen Einfluss. Gezmiş, ein bekennender Kommunist, befürwortete den Austritt der Türkei aus der NATO, kämpfte für eine Bodenreform und kulturelle Rechte für die Minderheiten in der Türkei. Seine Ziele formulierte er: „Amerika und alle äußeren Feinde liquidieren, mit Verrätern kurzen Prozess machen und eine Türkei aufbauen, die vollkommen unabhängig und von ihren Feinden gesäubert ist.“

Die bewaffneten Stadt-Guerillaaktivitäten der THKO konnten sich nur rund eineinhalb Jahre halten. Die besten Kader der Bewegung verloren in dieser Phase ihr Leben. Im Dezember 1971 verwundeten Gezmiş und seine Freunde zwei türkische Polizisten, die die US-amerikanische Botschaft in Ankara bewachten. Einige THKO-Mitglieder - angeführt von Sinan Cemgil - beschlossen daraufhin, den bewaffneten Kampf gegen den Staat vom Berg Arxa (Akçadağ) in der nordkurdischen Provinz Meletî (Malatya) aus zu organisieren. Gezmiş und Yusuf Aslan begaben sich auf den Weg in die Nurhak-Berge, wurden aber in Sivas in ein Gefecht verwickelt. Aslan konnte aufgrund einer Schussverletzung seine Flucht nicht fortsetzen und wurde verhaftet. Gezmiş gelang es, den Feldwebel İbrahim Fırıncı zu entführen und von ihm in Richtung Gemerek gefahren zu werden. Aufgrund einer Straßensperre bei Gemerek verließ Gezmiş das Auto und suchte Schutz in einem Graben. Am 16. März 1971, vier Tage nach dem Militärputsch, wurde er festgenommen. 

Vor Gericht wurde den Führern der 68er-Bewegung vorgeworfen „den strafbaren Versuch unternommen zu haben, mit Gewalt die Verfassung der Türkischen Republik ganz oder teilweise zu ändern“. Die Staatsanwaltschaft forderte für Gezmiş und 16 weitere Mitangeklagte die Todesstrafe. Das Gericht sprach sie schuldig und verurteilte Deniz Gezmiş, Hüseyin İnan und Yusuf Aslan, die vermeintlichen Rädelsführer, zu Tode. Sie wurden am 6. Mai 1972 hingerichtet.

Wenige Minuten vor ihrer Hinrichtung bekannten sich die drei zu den Idealen des Marxismus-Leninismus. Fast 50 Jahre später werden sie in der Türkei immer noch als Helden verehrt. Viele linke Parteien und Gruppen berufen sich auf Deniz Gezmiş und seinen Kampf. Die meisten türkischen sozialistischen und marxistischen Organisationen seit den 70er Jahren entstammten selbst diesem studentischen Milieu der 68er Bewegung.