Freies Geleit für den IS in der Türkei

Serie IS-Mitglieder berichten -Teil 4: Türkische Soldaten bewegten sich gemeinsam mit IS-Mitgliedern durch die Region und hielten anschließend am Süleyman Şah Grabmal Wache.

Der im Sudan geborene IS-Angehörige Musheb Ebdilfetah Mihemed Sudan ergab sich den Demokratischen Kräften Syriens (QSD). Vorher hatte er für den Islamischen Staat (IS) als Ingenieur an den Euphrat Staudämmen gearbeitet hatte. Er berichtet über die Abkommen des IS mit der Türkei hinsichtlich Nutzwasser und Elektrizität. Mihemed erklärt, dass der IS in der Türkei freies Geleit gegen die Garantie erhalten habe, dass sie das damals auf IS-Territorium gelegene Grabmal von Süleyman Şah schützten.

Der einfachste Weg, sich dem IS anzuschließen, führt über die Türkei

Der studierte Ingenieur Mihemed brach vom Sudan in die Türkei auf ohne zu wissen, in welcher militärischen Struktur er in Syrien kämpfen würde. Aufgrund der Erzählungen eines Freundes entschloss er sich dem IS anzuschließen. Er berichtet über seine Reise vom Sudan nach Syrien: „Ich hatte für mich keine Organisation in Syrien ausgewählt, ich wollte nur nach Syrien gehen. Ich kannte damals die Unterschiede zwischen den militärischen Einheiten nicht. Khalid El Sali, ein Freund aus dem Sudan befand sich in Azaz und war IS-Mitglied. Ich nahm Kontakt zu ihm auf, um zu ihm zu kommen. Ich brach vom Flughafen von Khartum nach Istanbul auf und nahm dort einen Inlandsflug nach Antep. Ich verweilte ein paar Tage in einem Hotel in Antep und nahm dort mit Khalid Kontakt auf, dann ging ich nach Kilis und von dort aus nach Azaz, das zu diesem Zeitpunkt unter der Kontrolle des IS stand. In Azaz empfing mich mein Freund. Eigentlich wusste ich gar nicht, dass ich in Syrien war, denn nach Azaz über die Grenze zu gehen war ganz normal und einfach, wir wurden weder von türkischen Soldaten noch von türkischen Sicherheitskräften behindert und konnten vor ihren Augen völlig entspannt die Grenze passieren.“

Die Abkommen zwischen dem IS und der Türkei

Nachdem die Syrienkrise begonnen hatte, fing der türkische Staat an, das Wasser des Euphrat zu stauen. Nach der Besetzung der Region durch den Islamischen Staat kam es zu einer Verständigung zwischen dem IS und dem türkischen Staat, und die Türkei ließ das Wasser des Euphrat wieder fließen. Es diente vor allem der Stromproduktion im IS-Gebiet. Als Gegenleistung wurden etliche politische, logistische und ökonomische Abkommen erzielt. Mihemed, der als Ingenieur an den Staudämmen arbeitete, sagt dazu: „Meine Aufgabe waren Wasser und Strom. Als der IS die Kontrolle über die Euphrat-Staudämme errungen hatte, war der Wasserstand sehr niedrig … Dann unterschrieb der IS ein Abkommen mit der Türkei und der Wasserstand im Euphrat wurde erhöht. Das war für den IS sehr nützlich, denn Aufgrund dieses Abkommens konnte der IS die Wasser- und Stromprobleme in der Region lösen.“

Freies Geleit in der Türkei gegen Schutz des Süleyman Şah Grabmals

Ein weiteres Abkommen zwischen dem IS und der Türkei drehte sich um das Süleyman Şah Grabmal. Mihemed berichtet, dass es wegen des Schutzes des Süleyman Şah Grabmals eine permanente Beziehung zwischen dem IS bestanden habe und es aufgrund dessen immer wieder zu Problemen mit verschiedenen IS-Kommandanten gekommen sei. „Nach den Regeln des IS, nach denen wir ausgebildet wurden, haben wir alle historischen Orte und Friedhöfe in die Luft gesprengt. Aber es gab Streit zwischen den Bandenführern bezüglich des Süleyman Şah Grabmals, denn es wurde entgegen der Regeln des IS geschützt. Türkische Soldaten bewegten sich gemeinsam mit IS-Mitgliedern durch die Region und hielten anschließend am Süleyman Şah Grabmal Wache. Schließlich kam heraus, dass es ein Abkommen zwischen der Türkei und dem IS gab, dass sich der IS in der Türkei frei bewegen konnte, solange er in Syrien das Süleyman Şah Grabmal schützte.

ANHA | ALAN ROJ