Öcalan - Zwanzig Jahre Widerstand in einem Inselgefängnis

Die Internationale Initiative „Freiheit für Abdullah Öcalan - Frieden in Kurdistan” hat anlässlich des 20. Jahrestages des Komplotts gegen den Vordenker der kurdischen Freiheitsbewegung eine Erklärung abgegeben.

Der heutige Tag markiert den 20. Jahrestag der Verschleppung Abdullah Öcalans aus Nairobi/Kenia im Jahre 1999 in einer koordinierten Aktion, an der viele Staaten beteiligt waren. Die Empörung über die Verschleppung und Auslieferung Öcalans an die Türkei, wo er später zum Tode verurteilt wurde, führte im März 1999 zur Gründung der Internationalen Initiative „Freiheit für Abdullah Öcalan – Frieden in Kurdistan”. Anlässlich des Jahrestages des Komplotts gegen den Vordenker der kurdischen Freiheitsbewegung hat die Internationale Initiative unter der Überschrift „Ein unerwartetes Ergebnis - Zwanzig Jahre Widerstand in einem Inselgefängnis: Die Entstehung einer Alternative für die Unterdrückten” eine Erklärung abgegeben:

„Vor zwanzig Jahren, am 15. Februar 1999, wurde die Welt durch die Verschleppung der kurdischen Führungspersönlichkeit Abdullah Öcalan aus der kenianischen Hauptstadt Nairobi und die anschließenden weltweiten Proteste von Kurdinnen und Kurden erschüttert. In einer Kooperation mehrerer westlicher Geheimdienste wurde er an die Türkei übergeben, in einem Schauprozess abgeurteilt und zum Tode verurteilt. Seither wurde Abdullah Öcalan in Isolation gehalten, unter einem Haftregime, das auf körperliche und physische Vernichtung abzielt. Heute, am zwanzigsten Jahrestag dieser Ereignisse, ist es Zeit, den Blick gleichzeitig zurück und nach vorne zu richten.

Im Sommer 1998 verstärkte Abdullah Öcalan, der Vorsitzende der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), seine Bemühungen um eine politische Lösung der kurdischen Frage, indem er einen einseitigen Waffenstillstand ausrief und die Bereitschaft der Bewegung zu einer friedliche Lösung unterstrich. Die Türkei dagegen eskalierte mit Unterstützung der USA die Situation durch die Drohung, in Syrien einzufallen, wo sich Öcalan damals aufhielt. Er entschloss sich, nach Europa zu reisen, um für internationale Unterstützung für eine politische Lösung zu werben.

Diese gab es nicht. Die NATO-Staaten und sogar Jeltzins Russland standen in einer Front – gegen Frieden und eine politische Lösung. Kein europäischer Staat war gewillt, politisches Asyl auch nur in Erwägung zu ziehen oder irgendeiner Art von politischen Gesprächen zu fördern. Zwanzig Jahre später wissen wir alle mehr. Die Türkei ist tatsächlich in Syrien eingefallen. Die Reste der mittelöstlichen politischen Ordnung liegen in Trümmern. Der schändliche Akt der Verschleppung unter Verletzung des Völkerrechts war kein Gefallen für die Türkei, sondern vielmehr der Beginn einer neuen Runde von Interventionen. Die Türkei hat keines ihrer Probleme gelöst, sondern wurde vielmehr in eine aggressive Diktatur verwandelt, die im In- und Ausland enorm gewalttätig agiert.

Die Internationale Initiative „Freiheit für Abdullah Öcalan - Frieden in Kurdistan”, gegründet nur Wochen nach seiner Verschleppung, hat von Anfang an betont, dass Öcalans Freiheit absolut essenziell für eine friedliche und politische Lösung der kurdischen Frage sein würde. Die Entwicklungen haben uns Recht gegeben: Je schlimmer Öcalans Totalisolation durchgesetzt wird – er ist praktisch seit vier Jahren vollständig vom Rest der Welt abgeschnitten –, desto schlimmer wird die militaristische Politik des türkischen Staates. Und je mehr er sprechen kann, desto mehr kann Entspannung stattfinden, Waffenstillstände kommen auf die Tagesordnung, und die allgemeine Situation in der Türkei verbessert sich.

Nur wenig nach Öcalans Verschleppung sah sich die Welt dem so genannten „Krieg gegen den Terror” gegenüber. Dieser Krieg, geführt weltweit mit Schwerpunkt im Mittleren Osten, hat zu Terror an einer Vielzahl von Orten und gegen viele Völker geführt. Männer, Frauen und Kinder aus verschiedenen Völkern wurden Opfer von Staatsterror, religiösem Terror und nationalistischem Terror – oft alles gleichzeitig. Die Kurdinnen und Kurden und ihre Nachbarn lebten im Zentrum von alldem.

Öcalan, damals bereits seit drei Dekaden ein weitsichtiger Revolutionär und Politiker, sah viele der Ereignisse voraus. Im Gefängnis schrieb er ausführlich über die Notwendigkeit, ein neues Paradigma auf der Grundlage von Demokratie, Freiheit der Frau und autonome Selbstorganisierung zu entwickeln, um aus den Sackgassen herauszukommen, in die der enge Blickwinkel auf Staat, Macht und Gewalt viele Befreiungsbewegungen geführt hat.

Dank dieser Ideen und Konzepte wie dem demokratischen Konföderalismus, wurden die kurdische Freiheitsbewegung und ihre Freundinnen und Bündnispartner nicht einfach nur ein weiteres Mal zu Opfern. Stattdessen entwickelten sie eigene fortschrittliche Ideen und organisatorische Formen und wurden so zu einem Leuchtturm der Hoffnung in der ansonsten krisengeschüttelten Region des Mittleren Ostens. Trotz aller Bemühungen, Öcalans Einfluss zu beschneiden, wurde er nicht nur zum einflussreichsten kurdischen Politiker, sondern auch zum Symbol der Hoffnung für alle unterdrückten Völker und Frauen in der Region. Wie der bekannte politische Theoretiker Antonio Negri kürzlich schrieb: „Öcalan ist ein Gefangener, der zum Mythos wird – wie Mandela im zwanzigsten Jahrhundert, so er im einundzwanzigsten. Er drückt eine Reihe von Konzepten aus, die im einundzwanzigsten Jahrhundert zunehmend zu Bausteinen für die politische Konstruktion einer neuen Welt werden.”

So ist die Bilanz nach zwanzig Jahren eine gemischte. Einerseits ist Öcalan einflussreicher als je zuvor, anerkannt als die Stimme des Friedens und der legitime Sprecher für sein Volk. Andererseits ist es uns noch nicht gelungen, den Kampf für seine Freiheit erfolgreich zum Abschluss zu bringen. Schlimmer noch: am zwanzigsten Jahrestag der internationalen Verschwörung zu seiner Verschleppung und Übergabe an die Türkei ist seine Isolation schärfer als noch vor ein paar Jahren. Der Kampf gegen diese abscheulichen und absolut inakzeptablen Bedingungen geht mit voller Kraft weiter. Gerade jetzt sind die kurdische Abgeordnete im türkischen Parlament, Leyla Güven, und Hunderte andere im Hungerstreik, um genau das zu erreichen: ein Ende der Isolation Öcalans, damit er wieder die Stimme des Friedens erheben kann.

Nelson Mandela wurde im Alter von 72 Jahren nach 27 Jahren Gefangenschaft aus dem Gefängnis freigelassen. Am zwanzigsten Jahrestag der Verschleppung Öcalans und kurz vor seinem siebzigsten Geburtstag sind wir entschlossen, nicht so lange zu warten. Kämpfen sie mit uns für Frieden und Freiheit für Öcalan. Abdullah Öcalan muss freikommen, jetzt sofort!

FREE ÖCALAN! DIE ZEIT IST REIF!”