Zürich: Kämpferische FLINTAQ-Demonstration gegen „Kapital und Patriarchat“

In Zürich haben mehr als 2.000 FLINTAQ mit einer unbewilligten Demonstration anlässlich des feministischen Kampftags 8. März gegen „Kapital und Patriarchat“ demonstriert. Vertreten war auch der Verband der Kurdischen Frauenbewegung in der Schweiz.

„Wir wollen unsere Wut über Ausbeutung, Diskriminierung und Unterdrückung bündeln und gemeinsam für eine emanzipatorische Gesellschaft einstehen. Wir nehmen uns die Straße – unbequem, wütend und kämpferisch.“ – Mit diesen Worten hatte das Bündnis „8. März Unite“ für diesen Samstag in Zürich eine unbewilligte Demonstration anlässlich des feministischen Kampftags angekündigt. Dass keine Bewilligung eingeholt wurde, war dabei eine bewusste Entscheidung. Dazu hieß es: „Die Forderung nach einer Bewilligung ist ein repressives Instrument des Staates.“ Dem wolle man sich nicht beugen.

Erwartet hoch fiel dann die hohe Polizeipräsenz aus. Zahlreiche schwarzgekleidete Beamte in Kampfmontur mit Helm und Schutzschild waren auf dem Versammlungsplatz am Münsterhof präsent und hatten mehrere Wasserwerfer aufgestellt. Unter anderem wurde damit der Zugang zum Limmatquai und zur Bahnhofstraße abgeriegelt. Doch gegenüber den mehr als 2.000 Frauen, Lesben, intersexuellen, nicht-binären, trans, agender und genderqueeren Personen (FLINTAQ), die sich zusammengefunden hatten, um gegen Kapital und Patriarchat zu demonstrieren, blieb der Behörde am Ende nichts anderes übrig, als den Demonstrationszug „im Rahmen der Verhältnismäßigkeit“ zu tolerieren.

YJK-S ruft zur Verteidigung der kurdischen Frauenrevolution auf

Der Münsterhof schien berstend voll. Farbenfrohe internationalistische Fahnen, darunter viele der kurdischen Frauenbewegung und revolutionären Frauenorganisationen aus der Türkei, wehten über der Menschenmenge. Die rund einstündige Auftaktkundgebung wurde mit Redebeiträgen und verschiedenen Performances gestaltet. Zu Wort kam auch eine kurdische Aktivistin, die eine Erklärung des Kurdischen Frauenverbands in der Schweiz (YJK-S) verlas. Darin wurde zur weltweiten Verteidigung der Frauenrevolution in Kurdistan aufgerufen und die internationale Ignoranz des kriegerischen Vorgehens des türkischen Staates gegen kurdische Frauen verurteilt.


Jin, Jiyan, Azadî

Die anschließende Demonstration führte durch die Züricher Innenstadt – das Ziel war der ehemalige Helvetiaplatz, der im August 2019 von Aktivist:innen des Frauen*streikkollektivs Zürich in den „Ni-Una-Menos-Platz“ umbenannt worden ist. Es gab verschiedene Blöcke – einen queerfeministischen Block, den des feministischen Streikkollektivs, einen Block für die „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution in Iran und Ostkurdistan und einen allgemeinen Block der kurdischen Frauenbewegung. „Hier zeigt sich unsere Einheit in der Vielfalt“, so das Bündnis.

Die Demonstrationsroute wurde immer wieder von Wasserwerfern und Gitterwägen der Polizei blockiert, der kämpferischen Stimmung tat dies aber keinen Abbruch, im Gegenteil. Die Demonstrierenden fanden ihre Wege und hielten die Polizei auf Trab, ganz im Sinne von: „Aufruhr, Widerstand, es gibt kein ruhiges Hinterland!“ Mit unzähligen Reden, kämpferischen Parolen, Verschönerungsaktionen, mitreißenden Liedern und einem Farbbeutelangriff auf die Fassade des Bezirksgerichts wurde der feministischen Widerstandskraft Ausdruck verliehen. Am Ende gab es noch ein kleines Konzert der Proletarischen Sing-Gruppe Zürich, bei dem viele Menschen mitsangen.

„Starker Tag für die feministische Bewegung“

„Es war ein kämpferischer und starker Tag für die feministische Bewegung – und der Auftakt für den großen Streik am 14. Juni. Es lässt sich nicht verleugnen, dass wir eine immense Kraft haben!“, resümiert „8. März Unite“. In einer Erklärung zu der Demonstration stellt das Bündnis außerdem fest: „Nach mehreren Monaten der feministischen Revolution im Iran, den katastrophalen Erdbeben in der Türkei und in Syrien ist die massive Zuspitzung der bereits existierenden Widersprüche und Missstände der kapitalistischen, rassistischen und patriarchalen Gesellschaft noch deutlicher geworden: Das Elend wird größer, reaktionäre und faschistische Tendenzen weltweit nehmen zu, denen starker Widerstand entgegen kommt. An die kämpfenden Frauen und queeren Personen weltweit – ob im Iran, Rojava, den Philippinen, in Indien und Argentinien, Mexiko, Peru, und überall: Unsere Solidarität ist grenzenlos, denn wir führen einen gemeinsamen Kampf!

Was uns schon lange bewusst war, hat sich in der momentanen Krise deutlicher denn je gezeigt: Wir – FLINTAQ – auf der ganzen Welt sind es, die dieses System zerreißen können und zerreißen werden. Wir sind es, die diesem System Angst machen! Dies weiß auch der Schweizer Staat – die Polizeipräsenz war auch heute wieder massiv. Trotz Großaufgebot der Bullen, mit ihrem gesamten Arsenal an Gitterwägen und zwei Wasserwerfern, ließen wir uns nicht einschüchtern und haben unseren Widerstand direkt in das Zentrum des Kapitals getragen. Schlussendlich ist ihre Repression ein Zeichen ihrer Angst, denn sie haben nur Barbarei zu bieten. Dagegen steht unsere Stärke als Wegweiser für eine solidarische Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung.“

Der heutige Tag habe einmal mehr gezeigt: „Wir sind viele, und wir sind nicht aufzuhalten! Auf, zum 1. Mai, zum 14. Juni, und zu jedem anderen Kampftag. 8. März ist alle Tage – wir kommen wieder, keine Frage!“, so das Bündnis. Für den morgigen Sonntag ruft „8. März Unite“ nach Basel auf. Dort soll gegen die Polizeigewalt bei der Demonstration zum „Queerfeministischen Kampftag“ am vergangenen Mittwoch protestiert werden. Der feministische Nachtmarsch unter dem Motto „Kapitalismus und Patriarchat gehen Hand in Hand. Wir leisten Widerstand!“ war mit Gummischrot von der Polizei angegriffen worden. Zudem wurden mehr als 200 Teilnehmende sogenannten Personenkontrollen unterzogen und erkennungsdienstlich behandelt.