Der 9. Oktober ist für viele Menschen ein mahnender Tag. Denn an diesem begann 1998 das internationale Komplott gegen Abdullah Öcalan, welches schlussendlich zu seiner Verhaftung führte. Ein Datum, an dem im Jahr 2019 die Türkei die völkerrechtswidrige Invasion in Rojava begann. Aber auch ein Tag, an dem Frauen, Trans-Personen und nicht-binäre Menschen auf der ganzen Welt dem Aufruf des kurdischen Frauendachverbands Kongreya Star folgten und unter dem Namen Women Defend Rojava zahlreiche Aktionen zur Verteidigung der Frauenrevolution durchführten und gemeinsam Komitees aufbauten, um einen langfristigen Widerstand zu schaffen.
„Women Defend Rojava vereint uns als Frauen und weitere unterdrückte Geschlechter in unserer Solidarität mit der kurdischen Freiheitsbewegung. Wir sind fest davon überzeugt, dass der Kampf der kurdischen Freiheitsbewegung ein freies Leben für alle Menschen inner- und außerhalb Kurdistans ermöglichen kann: Eine ökologische und basisdemokratische Gesellschaft, in der alle Geschlechter frei leben können. Dafür steht Abdullah Öcalan und dafür steht Women Defend Rojava. Deshalb ist seine Freiheit für uns unerlässlich“, erklärt die internationalistische Fraueninitiative zwei Jahre nach ihrer Entstehung.
Gegen das Schweigen der EU-Staaten, für die Freiheit von Abdullah Öcalan
Abdullah Öcalan ist der Repräsentant der kurdischen Freiheitsbewegung, der sich seit über 22 Jahren auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali in Isolationshaft befindet. Women Defend Rojava weist ist in diesem Zusammenhang auf die „Mittäterschaft Deutschlands“ hin, „denn die deutsch-türkische Zusammenarbeit basiert auf Kontinuität. 1993 schuf die BRD mit der Einführung des Betätigungsverbots der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) die Grundlage für den Weg des internationalen Komplotts. Die BRD war das erste Land, das das Verbot erhob und setzte es mit Zwang in der gesamten EU durch. Die darauffolgende Kriminalisierung wie Verbote der Newroz-Feierlichkeiten, Repression gegen Mitglieder der PKK und die Ermordung des kurdischen Aktivisten Halim Deners seien hier als Folgen des Verbots zu benennen. Bis heute dauert sie an, so befinden sich aktuell elf kurdische Aktivisten in deutscher Untersuchungs- beziehungsweise Strafhaft. Das Zeigen des Porträts von Abdullah Öcalan, aber auch der Fahnen der Volksverteidigungseinheiten YPG und YPJ scheinen für den deutschen Staat oftmals ein Dorn im Auge zu sein, weshalb er immer wieder versucht, dagegen vorzugehen. Die brutale Räumung des Protestcamps für die Freiheit von Abdullah Öcalan hat wieder einmal gezeigt, wie Frankreich und andere europäische Staaten versuchen, den Protest für seine Freiheit mundtot zu machen.“
Nach 22 Jahren Isolationshaft sind die Haftbedingungen von Abdullah Öcalan immer noch rechtswidrig. Er wird vollständig von der Außenwelt abgeschottet und kann keinen Kontakt zu seinem Anwaltsteam aufnehmen. „Aus diesem Grund fordern wir das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter auf, jetzt Zwangsmaßnahmen gegen die Türkei zu ergreifen, um der Folter und unmenschlichen Behandlung auf Imrali ein Ende zu setzen. Die willkürliche Totalisolation und die rechtswidrige Verhinderung von Anwält:innenbesuchen sowie von Kommunikationsmitteln müssen sofort beendet werden. Wir nehmen das Schweigen der EU-Staaten zur gefährlichen Isolationsfolter nicht mehr hin und verlangen umgehend die Freilassung von Abdullah Öcalan und allen politischen Gefangenen“, so Liv Brandt vom „Women Defend Rojava“-Komitee Berlin. Ein Lebenszeichen von Abdullah Öcalan gab es zuletzt im März 2021 bei einem fünfminütigen Telefongespräch mit seinem Bruder.
Das Komplott richtet sich gegen mehr als einen einzelnen Menschen
„Die Stärke und Bedeutung Abdullah Öcalans für den Kampf für eine befreite Gesellschaft verdeutlichen sich in den menschenunwürdigen Haftbedingungen. Seine Ideen und Analysen sind eine Bedrohung für das kapitalistische, patriarchale System. Diese Bedrohung ist so groß, dass die Staaten, in denen wir leben, die Existenz von Abdullah Öcalan nicht aushalten können. Deswegen versuchen sie mit allen Mitteln, die Person von Abdullah Öcalan von den stattfindenden Kämpfen zu isolieren. Als Women Defend Rojava in Deutschland müssen wir an dieser Stelle selbstkritisch eingestehen, dass auch wir seine Bedeutung oftmals nicht genug ins Zentrum unserer Organisierung stellen – doch diesem Zustand setzen wir ein Ende. Es ist klar, dass sich das Komplott und die andauernde Haft nicht nur gegen einen einzelnen Menschen stellt, sondern gegen eine Bewegung, die Alternativen zu Patriarchat, Kapitalismus und Staatlichkeit fordert, erkämpft und aufbaut. Sie richtet sich gegen die Organisierung des Widerstands, gegen den Kampf gegen Krieg, Besatzung, Vergewaltigung, Feminizid und gegen die Selbstverteidigung von Frauen und aller unterdrückten Geschlechter. Mit der Isolation Abdullah Öcalans versuchen die Herrschenden die Werte und Prinzipien, für die wir als Frauen, trans Personen und nicht-binäre Menschen auf der ganzen Welt kämpfen, einzusperren und mundtot zu machen.“
Keine Akzeptanz der Kriminalisierung
Rosa Goergens von Women Defend Rojava Deutschland erklärt: „Wir werden nicht weiter zusehen, wie die westlichen Mächte versuchen, Abdullah Öcalan mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu kriminalisieren. Wie sie versuchen, nicht nur seinen Widerstand, sondern sogar sein Gesicht zu verbieten. Wie die Staaten Menschen- und Völkerrechte mit Füßen treten, weil sie mit der Bedrohung, die von Öcalans Ideen ausgeht, keinen anderen Umgang finden. Wie sie probieren durch die Kriminalisierung Öcalans, aber auch der PKK, eine Bewegung für Selbstbestimmung und Freiheit aufzuhalten.” Damit Frieden im Mittleren Osten gewährleistet werden kann und eine geschlechterbefreite Gesellschaft, in der Krieg, Vergewaltigung und Feminizid keinen Platz mehr finden, existieren kann, muss Abdullah Öcalan umgehend aus dem Gefängnis freigelassen werden, fordert Women Defend Rojava.