Vier Frauen aus Nisêbîn seit Mittwoch in Gewahrsam

Seit Mittwoch befinden sich vier Frauen aus Nisêbîn im Rahmen von Ermittlungen aus der Zeit vor Ausrufung der Ausgangssperren im März 2016 in Polizeigewahrsam. Was ihnen vorgeworfen wird, ist unklar. Die Akte steht unter Geheimhaltung.

Seit vergangenen Mittwoch befinden sich vier Frauen aus der nordkurdischen Kreisstadt Nisêbîn (türk. Nusaybin) in Polizeigewahrsam. Die Frauen im Alter zwischen 35 und 60 Jahren waren auf Anordnung der Generalstaatsanwaltschaft in Mêrdîn (Mardin) bei polizeilichen Razzien in Gewahrsam genommen und in das Polizeipräsidium in der Provinzhauptstadt gebracht worden. Die Ermittlungen beziehen sich auf die Zeit vor Ausrufung der Ausgangssperren im März 2016 in Nisêbîn. Was den Frauen konkret vorgeworfen wird, ist unklar, da die Ermittlungsakte als Verschlusssache eingestuft worden ist. Heute wurde zudem die Festnahmedauer für vorerst vier weitere Tage verlängert. „Um die Beweissicherung nicht zu gefährden”, wie es zur Begründung heißt.

Bei den Betroffenen handelt es sich um Selime Ericek (60), Halime Akçin (45), Heybet Akçin (35) und eine weitere Frau namens Ayşe, deren Nachname noch unbekannt ist. Bei ihr soll es sich um eine syrische Geflüchtete handeln. Bei der Polizeioperation waren vor drei Tagen auch die 60-jährige Rahmet Ermez sowie Hacer Tanış festgenommen worden. In ihrem Fall ordnete die diensthabende Strafkammer am Amtsgericht in Mêrdîn am Samstag die Freilassung an.

Zu den Ermittlungen ist bislang nur bekannt, dass die Staatsanwaltschaft seit geraumer Zeit Aufnahmen aus Überwachungskameras auswertet, die in sogenannten „Terrorverfahren“ als Beweismittel herangezogen werden. Bereits seit April 2018 wird zudem in einem Mammutverfahren in der Provinz Mêrdîn gegen mehr als 50 Aktivistinnen und Aktivisten verhandelt, die Nisêbîn nach der Deklaration der Selbstverwaltung im Jahr 2015 nicht verlassen haben und seit dem 26. Mai 2016 in Untersuchungshaft sitzen. Ein Verfahren gegen 17 zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung minderjährige Jugendliche wurde abgetrennt. In allen Fällen lautet der Vorwurf „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation”, „Verletzung der territorialen Integrität der Türkei” und „Vorsätzlicher Mord an Polizisten“. Ob die Aufnahmen auch hier eine Rolle spielen, ist nicht klar, wird jedoch vermutet.

Dutzende der Angeklagten sind bereits aufgrund von fragwürdigen Beschuldigungen von vermeintlichen Kronzeugen und unter Folter erpressten Aussagen zu erschwerten lebenslänglichen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Aussichten auf eine bedingte Entlassung gibt es nach gültiger Rechtsprechung nicht: Personen, die zu lebenslanger Freiheitsstrafe mit verschärftem Vollzug wegen Straftaten verurteilt wurden, die sie nach Auffassung des Gerichts innerhalb einer Organisation gegen die „Sicherheit des Staates“ begangen haben, verbleiben bis zum physischen Tod in Haft.