Aufruf von Gemeinsam Kämpfen
Zehn Jahre nach dem Völkermord in Şengal hat die ezidische Frauenbefreiungsbewegung TAJÊ eine internationale Kampagne gegen Femizid und für die Selbstverteidigung von Frauen weltweit ausgerufen. Die feministische Organisation Gemeinsam Kämpfen sieht die Kampagne als große Chance, die Zusammenarbeit mit ezidischen Frauen in Deutschland zu verstärken und weltweit Lösungen für weltweite Probleme zu erschaffen. In dem Aufruf zur Beteiligung an der Kampagne heißt es:
„Gegen Femizid – Seid die Stimme der Selbstverteidigung!“
2023 wurden in Deutschland mindestens 116 Frauen durch Feminizide getötet. Diese Morde sind dabei nur der Gipfel der Gewalt, die jeden Tag gegen Frauen in unserer Gesellschaft stattfindet. Als „Gemeinsam Kämpfen – Feministische Organisierung für Selbstbestimmung und Demokratische Autonomie“ ist es unser Ziel, eine feministische Bewegung in Deutschland aufzubauen. Wir wollen Lösungen für die Probleme von Frauen und Menschen weiterer unterdrückter Geschlechter in unserer Gesellschaft finden und umsetzen. Der Kampf gegen Feminizide ist für uns darin zentral – genau wie für die Frauen im Şengal, in Afghanistan, in Mexiko, Argentinien, Polen, Chile, China und an jedem anderen Ort der Welt.
Zusammenarbeit mit êzîdischen Frauen
Feminizide sind ein weltweites Problem – der Aufbau unserer Organisierung und Selbstverteidigung eine weltweite Lösung. Feminizide haben System und um dieses System zu verdrängen, müssen wir uns als Frauen und Menschen weiterer unterdrückter Geschlechter weltweit zusammenschließen. Die Kampagne „Gegen Femizid – Seid die Stimme der Selbstverteidigung“ von TAJÊ, der Freiheitsbewegung êzîdischer Frauen im Şengal, verfolgt genau dieses Ziel. Deswegen schließen wir uns als GK der Kampagne und ihren Forderungen an und rufen alle feministischen Personen und Organisationen dazu auf, es uns gleich zu tun.
Wir sehen die Kampagne als große Chance, unsere Zusammenarbeit mit êzîdischen Frauen in Deutschland zu stärken. Şengal ist ein Ort, an dem es die Frauen nach 2014 geschafft haben, ihren Schmerz in Widerstand umzuwandeln. Es ist ein Ort, an dem Frauenbefreiung aktiv betrieben und verteidigt wird. Als Internationalist:innen ist es unsere Verantwortung, Orte wie diese gemeinsam vor Angriffen zu verteidigen.
In Deutschland leben mehr Êzîd:innen als in Şengal
Deutschland spielt dabei eine wichtige Rolle. Nach dem Genozid-Feminizid in Şengal 2014 sind zehntausende Êzid:innen nach Deutschland geflohen. Der deutsche Staat hat darin mit Sonderkontingenten auch bewusst junge Frauen aus dem Şengal nach Deutschland geholt. Heute leben mehr Êzîd:innen in Deutschland als in Şengal. Für die Menschen im Şengal selbst ist die Entvölkerung der Region aktuell einer der größten Angriffe. Zeitgleich sind die zahlreichen Attacken des türkischen Militärs auf Şengal eine Gefahr für die Menschen in ihre Heimat zurückzukehren. Wir sehen das Zusammenkommen von feministischen Kräften und Êzîd:innen in der Diaspora als große Chance, um gemeinsam für eine Demokratisierung Şengals einzustehen. Wir wollen gemeinsam dafür kämpfen, dass die Angriffe, vor allem des türkischen Staats, auf Şengal aufhören und der Aufbau der Frauenbewegung im Şengal, genau wie in Nord- und Ostsyrien, weiter als Hoffnungsschimmer in die Welt strahlen kann.
Feminizid als Kriegswaffe
Die gezielte Ermordung von Frauen, vor allem von widerständigen Frauen, ist besonders in Kriegs- und Krisenzeiten eine Strategie, um damit die Existenz und Identität einer Gesellschaft zu zerstören. Wir geben der Forderung, Feminizid als Kriegswaffe anzuerkennen, daher eine besondere Bedeutung und sehen ein großes gesamtgesellschaftliches Potenzial, dafür zu kämpfen.
Lasst uns als Frauen und Menschen weiterer unterdrückter Geschlechter zusammenkommen, um uns zu organisieren. Lasst uns als feministische Organisationen enger zusammenarbeiten. Lasst uns unsere internationalistischen Verbindungen weiter stärken. Denn nur organisiert, gemeinsam und internationalistisch können wir es schaffen, dem mörderischen femizidialen System ein Ende zu setzen. Vereinen wir unsere Stimmen der Selbstverteidigung!
Foto: Demonstration in Şengal, April 2024 © RojNews