Celle: „Unsere Freiheit liegt in unseren Händen“

In Celle kamen Frauen zusammen, um auf Kurdisch und Deutsch die verschiedenen Formen von Gewalt an Frauen zu erörtern und sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie mit Selbstorganisierung der patriarchalen Gewalt begegnet werden kann.

Anlässlich des internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen haben Hêvî e.V. - Verein für Frauen in Not Celle und der Dachverband ezidischer Frauen (Sîwana Meclîsa Jinen Êzîdi) am Sonntag zu einer Diskussionsveranstaltung zum Thema ins ezidische Kulturzentrum Mala Êzîdiya Celle eingeladen. Rund 20 Frauen folgten dem Aufruf, tauschten sich aus und besprachen gemeinsame Schritte für eine engere Zusammenarbeit von Cellerinnen.

Zum Auftakt wurde eine Schweigeminute im Gedenken an getötete Frauen im Krieg sowie Frauen, denen ihr Leben aufgrund ihres Einsatzes für Frieden und Frauenrechte genommen wurde, abgehalten. Im Anschluss stellte die Vorsitzende des Dachverbands ezidischer Frauen, Ҫîçek Yildiz, die Geschichte des 25. Novembers als Tag gegen Gewalt an Frauen vor und betonte seine Bedeutung, die bis heute anhält. Seit 5.000 Jahren wird Frauen in der Gesellschaft eine untergeordnete Rolle zugeschrieben und sie wurden mehr und mehr aus ihren wichtigen gesellschaftlichen Funktionen verdrängt und ins Haus gesperrt. Diese Rollenzuschreibung ist von vielen Frauen noch immer verinnerlicht, jedoch ist sie heute nicht mehr unhinterfragt. Seit 40 Jahren kämpft die kurdische Frauenbewegung für die Selbstbestimmung der Frau und die Sensibilisierung der kurdischen Gemeinschaft für dieses Thema.

Mit den Worten „Unsere Freiheit liegt in unseren Händen“ begann Yildiz auch über die besondere Rolle ezidischer Frauen, ihre Unterdrückung durch und ihren Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat zu sprechen. Durch die Versklavung, Verdrängung und Unterdrückung der Frauen sollte die ganze Gemeinschaft ausgelöscht werden, denn die Frauen sind diejenigen, die Kultur, Sprache, Werte und ethnische Identität über Generationen hinweg vermitteln. Daher kommt der Organisierung ezidischer Frauen eine wichtige Bedeutung zu, insbesondere auch in Europa und Deutschland. Sie ging hiermit über zu den spezifischen Problemen junger ezidischer Frauen in Deutschland und verwies auf die intensiven Kampagnen gegen die Zwangsverheiratung Minderjähriger und damit zusammenhängend die Rolle geschiedener Frauen und Witwen sowie gegen die Mitgift, die aus Perspektive der Frauen als das Verkaufen der Töchter der Familie zu bewerten sei. Durch die verschiedenen kulturellen Einflüsse entstehe teils ein Bruch zwischen den Generationen, wobei jedoch das Ziel sein müsse, den Alltag und die Werte sowie Traditionen positiv zu vereinen. Mittlerweile würde den Frauen immer mehr Vertrauen entgegengebracht, sodass sie bei familiären Problemen zu Gesprächen eingeladen werden und Lösungen aus Perspektive der Frauen gefunden werden können. Hierfür sei es wichtig, dass Frauen sich gemeinsam stark machen und bilden, auch um dem Druck der Gemeinschaft etwas entgegenzusetzen.

Besê, eine weitere Vertreterin der kurdischen Frauenbewegung, sprach über verschiedene Formen von Gewalt an Frauen und betonte die gegenseitige Verantwortung füreinander. Sie schlug verschiedene Schritte zur gemeinsamen Bekämpfung der Gewalt vor und stellte die Rolle von Wissen, Bildung und Solidarität in den Vordergrund. Es sei wichtig, sich zusammenzuschließen und organisiert vorzugehen, um die Situation der Welt zu verändern. „Wer Widerstand leistet, kann Erfolge erreichen“, sagte Ҫîçek Yildiz abschließend.

Zu der Veranstaltung waren auch Frauen vom ehemaligen Frauenring Celle sowie FemRiseUp und der feministischen Kampagne Gemeinsam Kämpfen gekommen. Gewalt gegen Frauen ist ein gemeinsames Problem, das besitzergreifende Denken von Männern äußert sich weltweit auf unterschiedliche Weise, müsse aber gemeinsam überwunden werden. Auf der Veranstaltung wurde sowohl in kurdischer wie auch in deutscher Sprache gesprochen. Zum Abschluss gab es verschiedene Leckereien und offenen Raum für Austausch und Verabredungen.