Türkei: Fünf Femizide an einem Tag

In der Türkei sind am Sonntag vier Frauen und ein sechsjähriges Mädchen ermordet worden.

In der Türkei sind am Sonntag vier Frauen und ein sechsjähriges Mädchen offenbar von Männern ermordet worden. Seit Anfang Juli ist es bereits der 14. Frauenmord, der von der Plattform Kadın Cinayetlerini Durduracağız („Wir stoppen Frauenmorde“, kurz KCDP) erfasst wurde. Nach der inoffiziellen Statistik der Organisation wurden seit Beginn des Jahres mindestes 160 Frauen Opfer eines Femizids.

In der westtürkischen Provinz Izmir sind heute gleich zwei Frauen getötet worden. Im Landkreis Buca wurde zunächst die 74-jährige Hatice Sevinç in ihrer eigenen Wohnung niedergeschossen. Nachbarn alarmierten Rettungskräfte, die die Frau in ein nahegelegenes Krankenhaus brachten. Dort erlag die Seniorin jedoch ihren schweren Verletzungen. Die Fahndung nach dem Täter, der unerkannt flüchten konnte, wurde eingeleitet.

Im 21 Kilometer entfernten Bezirk Konak ist Dilek Yüksel im Eingang ihres Wohnhauses niedergestochen worden. Ihre Hilferufe wurden von den Nachbarn gehört, die einen Krankenwagen verständigten. Zwar konnte die 43-Jährige zunächst reanimiert werden, verstarb aber kurz darauf in einem Krankenhaus. Dilek Yüksel war erst vor fünf Monaten mit ihrem Mann in das dreistöckige Gebäude gezogen. Ob er tatverdächtig ist, blieb zunächst unklar.

In der Hafenstadt Tekirdağ sind eine Mutter und ihr Kind getötet worden. Hatice Turan lebte getrennt von dem Vater ihrer sechsjährigen Tochter Esila. Am Sonntagmorgen arbeitete sie am mobilen Obststand ihrer Eltern, als Murat K. plötzlich auftauchte und sie mit einem Kopfschuss hinrichtete. Anschließend verschaffte er sich Zutritt in die 200 Meter entfernte Wohnung von Turan und tötete sein Kind, bevor er versuchte sich selbst umzubringen. Die zwischenzeitlich hinzugerufene Militärpolizei konnte den Mann verletzt festnehmen. Er wird in einem Krankenhaus behandelt.

Hatice Turan und ihre Tochter Esila

In Bursa wurde Sabriye Yıldız von ihrem Mann Mithat Yıldız im gemeinsamen Haus mit einem Jagdgewehr erschossen. Der Mann wurde von der Jandarma festgenommen, die beiden gemeinsamen Kinder werden von Psychologen betreut.

KCDP:  Ermessensspielraum von Richtern viel zu weit

Die Frauenrechtsorganisation KCDP, die Gewalt gegen Frauen erfasst und sich zur Aufgabe gemacht hat, öffentlich über Femizide aufzuklären und diese zu verhindern, setzt sich in erster Linie für die Erhaltung des Lebens und für alle Frauenrechte ein. Seit Jahren verlangt das Bündnis bereits langjährige Haftstrafen für Täter zur Abschreckung und kritisiert, dass Richter bei der Strafzumessung einen viel zu weiten Ermessensspielraum haben. Viel zu oft gebe es Strafnachlässe für angeblichen Affekt, für Reue und oft sogar für gute Führung, nur weil der Täter in Anzug und Krawatte vor Gericht erscheint, beklagt die Organisation und fordert die Umsetzung der Istanbul-Konvention, in der der Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt und Missbrauch verankert ist. Bei den Gründerinnen handelt es sich meist um Familienangehörige der ermordeten Frauen, Frauen von verschiedenen Parteien, Institutionen, Gewerkschaften, anderen Vereinen, aber auch um nicht organisierte interessierte Frauen.