Am 3. August 2014 überfiel die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) Şengal mit dem Ziel, eine der ältesten Religionsgemeinschaften auszulöschen: Die Ezidinnen und Eziden. Durch systematische Massakrierung, Vergewaltigung, Folterung, Vertreibung, Versklavung von Mädchen und Frauen sowie der Zwangsrekrutierung von Jungen als Kindersoldaten erlebte die ezidische Gemeinschaft den von ihr als Ferman bezeichneten 74. Völkermord in ihrer Geschichte. Mindestens 10.000 Menschen fielen Schätzungen nach den Massakern des IS zum Opfer. Mehr als 400.000 Menschen wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Über 7.000 Frauen und Kinder wurden verschleppt, Bis heute werden 2800 Frauen und Kinder vermisst. Daher stellt dieser Genozid in seiner Form zugleich auch einen Femizid dar.
Als der IS vor sieben Jahren in Şengal einrückte, zogen sich die rund 12.000 in der Region stationierten Peschmerga der südkurdischen Regierungspartei PDK ohne Vorwarnung zurück und überließen die Bevölkerung schutzlos den Islamisten. Wer fliehen konnte, ging ins Gebirge. Dort schützte zunächst ein Dutzend Guerillakämpfer der HPG den Zugang zum Gebirge und verhinderte das Eindringen der Dschihadisten. Weitere HPG-Einheiten wurden zur Verteidigung der Ezid:innen nach Şengal geschickt. Am 6. August kamen zwei Bataillone der Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG/YPJ aus Rojava den HPG zu Hilfe. Es wurde ein Fluchtkorridor eingerichtet, um die zu Zehntausenden auf den Şengal-Berg geflohenen Menschen zu evakuieren. Über diesen Korridor konnten in den ersten Tagen bereits rund 50.000 Ezid:innen nach Rojava gelangen. So konnte ein noch größeres Massaker verhindert werden.
Forderungen der kurdischen Frauenbewegung
Der Genozid und Femizid an den Ezid:innen ist nach wie vor eine offene Wunde. Als Lehre aus der Geschichte fordern die Menschen in Şengal einen Autonomiestatus und das Recht auf Selbstverteidigung ein. Dem schließt sich die Kurdische Frauenbewegung in Europa (TJK-E) an und kündigt zum Jahrestag Aktionen an, auf denen an das Massaker erinnert und folgende Forderungen aufgestellt werden:
- Der 3. August muss weltweit als Gedenktag für den Genozid und Femizid an den Ezid:innen anerkannt werden.
- Den vertriebenen Ezid:innen muss die Rückkehr nach Şengal ermöglicht werden.
- Die nach wie vor vermissten Ezidinnen müssen befreit werden.
- Şengal muss einen international anerkannten Status erhalten.
Die TJK-E erklärt, dass alle weiteren Angriffe auf Frauen nur durch organisierte Selbstverteidigung abgewehrt werden können. Ab heute finden in ganz Europa Demonstrationen, Kundgebungen und Gedenkveranstaltungen statt, die von der TJK-E und der ezidischen Frauenbewegung SMJÊ organisiert werden. In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind folgende Aktionen angekündigt:
2. August
Celle: 14-18 Uhr, Rathaus
Bremen: 19.30 Uhr, Hauptbahnhof
Wesel: 15 Uhr, Berliner Tor
3. August
Hannover: Demonstration, 17.30 Uhr, Hauptbahnhof
Walsrode: 18 Uhr, Rathaus
Frankfurt: 18 Uhr, Liebfrauenberg-Hauptwache
Gießen: 16.30 Uhr, Berliner Platz
Mannheim: 18 Uhr, Paradeplatz
Saarbrücken: 18 Uhr, Europagalerie
Darmstadt: 18 Uhr, Luisenplatz
Hamburg: 11 Uhr, Altona (Mercado)
Kiel: 13-19 Uhr, Europaplatz
Berlin: 12 Uhr, Platz der Republik
Stuttgart: 18 Uhr, Schlossplatz
Freiburg: 17 Uhr, Platz der Alten Synagoge
Essen: 18 Uhr, Willy-Brandt-Platz
Wesel: 17 Uhr, Berliner Tor
Dortmund: 18 Uhr, Sparkasse Dortmund
Düsseldorf: 18 Uhr, DGB-Haus
Münster: 18 Uhr, Hauptbahnhof
Bern: 18 Uhr, Bahnhofplatz
Genf: 13-17 Uhr, UN-Gebäude
Wien: 14 Uhr, Wipplingerstrasse