Tendûr: Frauen bauen Lehmöfen selbst

Ein Tendûr, der in Kurdistan traditionell genutzte Lehmofen, wird von Frauen selbst gebaut. Sarya Erdoğan und Şükran Erkuş aus Amed (Diyarbakir) leben seit Jahren von dieser Arbeit.

In Kurdistan ist das im Lehmofen selbst gebackene Brot Teil einer geschichtsträchtigen Lebenskultur. Im Stadtteil Seyrantepe in Amed verdienen sich Hunderte Frauen gemeinsam mit ihren Partnern und Kindern ihren Lebensunterhalt mit dem Bau von Lehmöfen. Gleichzeitig lassen sie eine uralte Tradition damit weiterleben. In Seyrantepe leben überwiegend Menschen, die in den 1990er Jahren aus den Dörfern um Licê vertrieben wurden. Ihre Dorfkultur setzen sie hier fort.

Auch Sarya Erdoğans Familie gehört dazu. Ihr Dorf wurde von Soldaten niedergebrannt, als der Staat 1990 das Dorfschützersystem durchzusetzen versuchte. Vor 28 Jahren hat sich Mutter Sarya in Seyrantepe niedergelassen und sorgt seit 22 Jahren mit dem Bau von Lehmöfen für den Unterhalt ihrer Familie.

In ökonomischer Hinsicht war es schwer, als die Familie aus Licê nach Seyrantepe kam, erzählt Mutter Sarya aus jener Zeit: „Damals waren die Lebensbedingungen in Amed hart. Wir mussten irgendeine Arbeit finden, um unseren Lebensunterhalt zu finanzieren. Der Tendûr ist ein Teil unserer Dorfkultur. Bis heute lebe ich davon, dass ich Lehmöfen baue.“

Der Lehm für die Öfen wird aus dem Dorf Kehba geholt. Eine Fuhre Lehmerde kostet tausend Lira, sagt Sarya. Die Erde wird mit Salz, Streu und Tierhaaren vermischt, für den Bau eines Tendûr braucht Sarya eine Woche. „Es steckt viel Arbeit in einem solchen Ofen. Die großen werden für 250 Lira verkauft, die kleinen für 150.“

Şükran Erkuş aus demselben Stadtteil baut seit 15 Jahren Lehmöfen. Auch sie lebt davon, aber sie beschwert sich, dass sich der Aufwand nicht lohnt: „Hunderte Familien bauen Lehmöfen in Seyrantepe und alle verkaufen sie zu unterschiedlichen Preisen.“

In Kurdistan gibt es nach Meinung von Mutter Şükran zu wenig Arbeit. „Die wichtigsten Ressourcen, die wir haben, sind Wasser und Erde. Ich brauche für einen Tendûr eine Woche. Durch diese Arbeit bin ich auf niemanden angewiesen.“

Die Lehmöfen aus Seyrantepe werden nicht nur in Amed verkauft, es kommen Käufer aus vielen Städten Kurdistans und der Türkei.