„Staat ermutigt zu Männergewalt“

Die Initiative „Wir wollen leben“ protestierte in Istanbul gegen die steigende Zahl an Frauenmorden und kritisierte, der Staat ergreife keine Maßnahmen gegen die Gewalt und ermutige so die Täter.

Am Montag versammelten sich Frauen von der Initiative „Wir wollen leben“ vor der Süreyya Oper in Istanbul zum Protest. Sie trugen Transparente mit Aufschriften wie „Schützt Frauen vor Pandemie und Männergewalt“.

Sinem Tuğcu von der Initiative warnte vor dem Ansteigen der Frauenfeindlichkeit, die im Kontext der Pandemie zugenommen habe, und machte dafür die AKP verantwortlich: „Der Staat verhindert die Gewalt gegen Frauen nicht und ermutigt dadurch die Männer. Noch schlimmer –, er schafft Gesetze, welche die Ausübung von Gewalt gegen Frauen erleichtern.“

Die Gewalt hat zugenommen

Tuğcu kritisierte in ihrem Redebeitrag das neue Vollzugsgesetz der AKP als Ausdruck der patriarchalen Haltung des Staates. Das Vollzugsgesetz ermöglichte die Freilassung von über 90.000 Gefangenen, unter ihnen Gewalttäter und Mafiabosse, während politische Gefangene von der Maßnahme ausgeschlossen sind. Auch die Erklärungen der Religionsbehörde DIYANET und der Regierung, ein Gesetz herauszubringen, nach dem die Vergewaltigung von Minderjährigen straffrei bleibe, wenn das Opfer den Täter heirate, wurden thematisiert. Frauen würden dies durch Proteste zu verhindern wissen. Tuğcu erinnerte auch an die seit dem 5. Januar verschwundene Gülistan Doku und an die Einstellung der Ermittlungen im Fall Nadira Kadirova, die im Haus des AKP-Abgeordneten Şirin Ünal unter dubiosen Umständen ums Leben kam.