Gemeinsam am 25. November auf die Straße
Am 25. November steht erneut der Tag gegen Gewalt an Frauen bevor. Die Türkei und Nordkurdistan hat ein weiteres Jahr eskalierender patriarchaler Gewalt hinter sich. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Mezopotamya erklärt Simay Ada Kart von der ÖGK (Zentrale Koordination freie junger Frauen): „Die Frauen haben in jahrelangem harten Kampf einige Errungenschaften gegen die patriarchale Gewalt erzielt. Die wichtigsten sind die Istanbul-Konvention und Artikel 6284, die das Leben der Frauen schützen sollen. Diese Gesetze, die Gewalt, Belästigung und Vergewaltigung von Frauen verhindern sollen, wurden vom patriarchalen Staat außer Kraft gesetzt oder werden einfach nicht umgesetzt. Obwohl Artikel 6284 eine entscheidende Rolle für den Schutz des Lebens von Frauen spielt, wird er nicht angewandt. Daher können wir nicht davon sprechen, dass es ein Gesetz zur Verhinderung und zum Schutz von Gewalt gegen Frauen gäbe.“
„Den Frauen wird die Luft zum Atmen genommen“
Kart sprach von systematischer Gewalt gegen Frauen und einer Politik der Straflosigkeit. Sie erklärte: „Die Täter kommen durch die Vordertüren der Polizeistationen und gehen durch die Hintertüren wieder hinaus. Von Sanktionen gegen Männer, die gegen einstweilige Fernhalteverfügungen verstoßen, kann heute keine Rede sein. Selbst wenn Frauen Anzeige erstatten, bleibt diese unbearbeitet oder die Männer werden nach kurzer Zeit mit sehr geringen Strafen wieder freigelassen. Heute belohnt die Männerjustiz die Täter mit Straffreiheit. In einer Situation, in der die Täter entlastet, geschützt und sogar belohnt werden, bleibt den Frauen keine Luft zum Atmen.“
Simay Ada Kart von der ÖGK (Zentrale Koordination freie junger Frauen)
„Kämpfende Frauen werden bestraft”
Kart erinnerte an den Femizid an Ayşenur Halil und Ikbal Uzuner durch Semih Çelik und kommentierte: „Gegen den Mörder Semih Çelik lagen Anzeigen vor. Er hat Ibkbal seit über einem Jahr verfolgt. Aber nichts ist passiert. Diese Politik der Straflosigkeit des patriarchalen Staates fördert Femizide geradezu. Statt der Täter werden die Frauen, die um ihr Leben kämpfen, die für ihre Rechte kämpfen und die dies in der Öffentlichkeit zum Ausdruck bringen, bestraft.“
„Selbstverteidigung um zu leben“
Angesichts dieser staatlichen Politik sieht Kart in der Selbstverteidigung eine notwendige Alternative: „Frauen müssen sich selbst verteidigen und schützen. Der organisierte Kampf ist dafür das entscheidende Instrument. Im Vorfeld des 25. November rufen wir die Frauen auf, sich dem organisierten Kampf anzuschließen und an vorderster Front zu kämpfen. Patriarchale Gewalt ist überall, lasst uns einen Schritt nach vorne machen, um sie zu beenden. Wir hören die Schreie der Frauen, die leben wollen. Um zu überleben, ist Selbstverteidigung heute eine absolute Notwendigkeit. Wir sind es, die sich einander gegenüber dem Angriff des patriarchalen Staates unterstützen können. Wir treffen uns mit Frauen in einer Reihe von Selbstverteidigungs-Workshops in Istanbul, Izmir, Ankara und Eskişehir. Lasst uns am 25. November mit aller Kraft auf die Straße gehen, lasst uns unsere Selbstverteidigung ausbauen, lasst uns gemeinsam kämpfen, lasst uns gemeinsam stark sein!“