Mitten im Winter soll auf der Gefängnisinsel Imrali ein Waldbrand ausgebrochen sein. Das wirft Fragen auf: Was geht auf Imrali vor? Ist das Leben Abdullah Öcalans und das seiner Mitgefangenen Ömer Hayri Konar, Veysi Aktaş und Hamili Yıldırım in Gefahr?
Die PAJK (Partiya Azadiya Jinê ya Kurdistanê - Partei der freien Frau in Kurdistan) glaubt nicht an einen zufälligen Brand. In einer am Freitag veröffentlichten Stellungnahme erinnert die kurdische Frauenpartei an das spezielle System auf Imrali, das in dem Hochsicherheitsgefängnis vom Typ F angewandt wird. Öcalan, der im Rahmen eines internationalen Komplotts in Kenia gefangengenommen und völkerrechtswidrig in die Türkei verschleppt wurde, ist seit 1999 auf der Gefängnisinsel Imrali, dem europäischen Guantánamo, inhaftiert und wird dort außerhalb jeglicher nationaler und internationaler Rechtsnormen nach politischen und willkürlichen Praktiken behandelt. Die Insel trägt alle Eigenschaften, die man für ein derartig gewünschtes Gefängnis benötigt. Die Haftanstalt wurde kurz vor der Verbringung Öcalans als ein Ein-Mann-Gefängnis mit speziellen Sicherheitsvorkehrungen neu erbaut. Auf dem Gefängnisgelände, das von einem elektrischen Drahtzaun umgeben ist, verrichten etwa 1000 Soldaten ihren Dienst. 55 Kameras wurden installiert, 24 Stunden am Tag stehen das Gefängnisgelände, der Luftraum sowie die nähere Umgebung der Insel zu Wasser unter Beobachtung. Die Insel wie auch ihre Umgebung wurden zum militärischen Sperrgebiet zweiten Grades erklärt. Unmittelbar nach der Erklärung wurden die Verwaltungsrechte widerrechtlich dem Justizministerium entzogen und dem Krisenleitungszentrum, das dem Ministerpräsidenten direkt unterstellt ist, im Krisenkommunikationsbüro von Mudanya übergeben. Die Führung des Krisenleitungszentrums hat der Nationale Sicherheitsrat übernommen.
Dass unter diesen Voraussetzungen, und im Hinblick auf die Kurdenpolitik des türkischen Staates, die jeden Tag brutalere Züge annimmt, ein Waldbrand entsteht, sei unglaubwürdig, betont die PAJK. Auch hinsichtlich dessen, dass das von Abdullah Öcalan für einen würdevollen Frieden, ein gemeinsames Leben und die Befreiung der Frau entwickelte alternative System weltweit immer mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht, viele Völker des Mittleren Ostens den PKK-Gründer als eine Symbolfigur für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung begreifen, während die türkische Regierung als erklärter Feind der Demokratie gilt, sei es unmöglich, an ein zufälliges Feuer auf der Insel zu glauben. Mit dem auf Imrali praktizierten System, den schweren Isolationshaftbedingungen für die Gefangenen, die sich mit jedem Tag verschärfen, übe der türkische Staat Rache an Öcalan, um die Forderung nach Freiheit der Völker des Mittleren Ostens zu unterdrücken, so die PAJK. Die Frauenpartei zieht allerdings auch einen möglichen Zusammenhang mit den aktuellen Krisen der türkischen Regierung im Mittleren Osten, die das Handlungsmuster ihrer Innenpolitik bestimmt. „Der türkische Staat spielt erneut seine kurdische Feindseligkeitskarte, um aus der Sackgasse zu finden. Es scheint, als sei Öcalan mit neuen Provokationen ins Visier genommen worden. Die türkische Regierung setzt auf Maßnahmen, mit denen unsere Bewegung, unser Volk und die Gesundheit und das Leben unseres Vorsitzenden gefährdet werden. Aus diesem Grund sollten wir uns der Bedeutung unserer Maxime ‚Kein Leben ohne Führung’ bewusst sein. Wir müssen auf alle Angriffe des türkischen Staates vorbereitet und aktiv sein.”
Die PAJK fordert sofortigen Kontakt für den Rechtsbeistand der Imrali-Gefangenen zu ihren Mandanten und Informationen über den Gesundheitszustand Abdullah Öcalans und der drei weiteren Insassen auf Imrali. Von der kurdischen und demokratischen Öffentlichkeit erwartet die Frauenpartei eine entsprechende Aufmerksamkeit: „Es ist Zeit, unsere Aktionen zu verstärken. Bis die Anwälte und Familienangehörigen die Gefangenen besuchen können und die Wahrheit erfahren, sollten unser Volk und unsere Freunde, die Frauen und die Jugend nicht von den Straßen weichen.”