Mütter protestieren gegen Vollzugsgesetz

Havva Kıran von der Initiative der Friedensmütter erklärt zur Vollzugsgesetzreform: „Als Mütter wollen wir nicht, dass weitere Särge aus den Gefängnissen kommen. Alle Gefangenen müssen freigelassen werden.”

Die Covid-19-Pandemie trifft die Türkei schwer und die Zahlen der Infizierten und Toten schießen schneller in die Höhe als in Italien oder Spanien. Dennoch ergreift die türkische Regierung insbesondere in den gefährdetsten Bereichen keine Maßnahmen. Einer dieser Bereiche sind die Gefängnisse, in denen im Moment etwa 300.000 Menschen einsitzen. Nun hat das AKP/MHP-Regime einen Entwurf für eine Vollzugsgesetzreform vorgelegt. Da die politischen Gefangenen aus diesem Gesetz ausgeschlossen sind, protestieren etliche zivilgesellschaftliche Organisationen und Angehörige von Gefangenen.

Die Gefangenen müssen gleichbehandelt werden“

Havva Kıran ist Mitglied des Rates der Friedensmütter. Wir haben mit ihr über die Situation der politischen Gefangenen vor dem Hintergrund der Pandemie gesprochen. Kıran warnt vor der für die Gefangenen lebensbedrohlichen Pandemie: „Die Banden, die unserer Gesellschaft Schaden zufügen, Dealer und Diebe, werden freigelassen, aber die Menschen, die ihre Gedanken geäußert haben und deswegen inhaftiert wurden, bleiben im Gefängnis. Das ist inakzeptabel. In der Türkei gibt es Tausende kranke und alte Gefangene, aber dennoch wird nichts gegen die Bedrohung durch das Coronavirus unternommen. Wenn die Türkei von Gerechtigkeit und Recht spricht, dann muss sie sofort Schritte einleiten.

Appell an die Verantwortlichen

Die politischen Gefangenen sind nicht inhaftiert, weil sie der Gesellschaft geschadet haben. Sie sind im Gefängnis, weil sie ihre Meinung geäußert haben. Wir als Mütter sagen dem türkischen Staat: ‚Wenn ihr sagt, ihr seid ein demokratischer Staat, der die Menschenrechte verteidigt, dann müsst ihr euer Wort auch erfüllen. Ein Staat, der so etwas von sich behauptet, sollte nicht zwischen den Menschen unterscheiden. Die Mütter wollen keine Toten mehr sehen. Wir haben seit zehn Jahren nichts unversucht gelassen, um das Sterben und die Tränen der Mütter zu stoppen. Wir werden mit der gleichen Entschlossenheit auch weiter agieren.‘ Wir wollen dem Präsidenten, dem Justizminister und allen Verantwortlichen dieses Staates mitteilen, dass wir Bürger dieses Landes sind. Deshalb müssen uns die gleichen Rechte wie jedem anderen auch zuerkannt werden. Deshalb müssen die Gefängnistore geöffnet und alle Gefangenen entlassen werden.“