Frauenbewegung in Nord- und Ostsyrien
Angesichts der Folgen der türkischen Angriffe gegen die Gebiete der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) hat Kongra Star Doppelmoral angeprangert. Die Ignoranz der internationalen Gemeinschaft gegenüber Kriegsverbrechen durch die Türkei stehe in „scharfem Kontrast“ zu Reaktionen des Westens auf Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern, kritisierte der Dachverband der Frauenbewegung in Nord- und Ostsyrien am Mittwoch. Diese Haltung mache das Völkerecht zur Farce.
„Die Kriegsverbrechen der Türkei gegen die Völker Syriens haben eine Systematik angenommen, doch die internationale Gemeinschaft ist einfach nicht in der Lage den Willen aufzubringen, mit sinnvollen Maßnahmen durchzusetzen, dass ihr Partner seine Verpflichtungen einhält, die sich aus internationalen Konventionen und Rechtsabkommen zum Schutz der Menschenrechte ergeben“, erklärte Kongra Star in einer scharf formulierten Stellungnahme.
Dass die Türkei und die von ihr kommandierten Söldnertruppe „Syrische Nationalarmee“ (SNA) bis heute in der DAANES „völlige Straffreiheit“ für eine „permanente Missachtung“ der Menschenrechte genieße, liege in einer „Kontinuität des Wegschauens“, betonte Kongra Star. Gerade die Angriffe der vergangenen Wochen mit dutzenden Toten und hunderten Verletzten seien „ein erschreckendes Beispiel“ dafür, was passiere, wenn Staaten glaubten, sie könnten das Völkerrecht missachten und Menschenrechte ohne Konsequenzen mit Füßen treten – und die internationale Gemeinschaft kontinuierlich schweige. „Doch Schweigen kommt einer Mitschuld gleich.“
Kongra Star forderte die Vereinten Nationen (UN), den UN-Sicherheitsrat und Menschenrechtsorganisationen daher auf, eine „angemessene Reaktion“ auf den von der Türkei betriebenen „Staatsterrorismus“ zu zeigen und sinnvolle Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung Nord- und Ostsyriens und ihrer Infrastruktur zu ergreifen. Die Regierung in Ankara müsse daran erinnert werden, dass das humanitäre Völkerrecht „unmissverständlich und nicht optional“ sei. Es enthält klare Regeln, die eindeutig den Schutz von Zivilpersonen, humanitären Helfer:innen und zivile Infrastruktur in Konfliktgebieten vorgeben. Die Missachtung dieser Regeln dürfe unter keinen Umständen normalisiert werden, verlangt Kongra Star.
Dutzende Tote und hunderte Verletzte
Seit dem Sturz des früheren Machthabers Baschar al-Assad in Syrien Anfang Dezember eskaliert die Türkei ihre kriegerische Aggression gegen die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien. Allein die Luft- und Bodenangriffe auf die seit drei Wochen durchgeführte Friedenswache an der Tişrîn-Talsperre südlich von Kobanê forderte bislang mindestens 22 Tote und 217 Verletzte aus der Zivilbevölkerung. Gestern töteten türkische Drohnen in Zirgan und Sirrîn mindestens 15 Zivilist:innen, dutzende weitere wurden teils schwer verletzt. Unter den Opfern sind auch zahlreiche Frauen und Kinder.
Foto: Beerdigung von sechs Zivilist:innen, die bei einem Drohnenangriff am 18. Januar auf die Mahnwache am Tişrîn-Damm getötet wurden. Bei dem Luftschlag war unter anderem der Brandenburger Physiotherapeut Jakob Rihn schwer verletzt worden.