KJK: Das Leuchtfeuer der Hoffnung verteidigen

„In diesem dritten Weltkrieg wird die Vernichtung von Völkern, Gesellschaften, Frauen, Kindern und der Natur in einem Ausmaß und in einer Form betrieben, die das Gewissen und die Vernunft nicht begreifen können“, erklärt die KJK.

Die Gemeinschaft der Frauen Kurdistans (KJK) hat in einer Stellungnahme zu den Angriffen der Türkei gegen die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien auf die Verantwortung der internationalen Staatengemeinschaft hingewiesen. Der brutale Vernichtungsfeldzug gegen die organisierte kurdische Zivilbevölkerung werde durch das Schweigen der Großmächte und internationaler Institutionen ermöglicht, erklärte die KJK und rief zur Solidarität mit der Freiheitsbewegung Kurdistans auf. Wir veröffentlichen Ausschnitte aus der Erklärung in deutscher Übersetzung:

Auf dem Höhepunkt des Genozids, Femizids und Ökozids

Wir erleben in der Welt, im Nahen Osten und in unserem Land Kurdistan in jeder Hinsicht eine Verschärfung des Krieges. Das barbarische kapitalistische System und die nationalstaatlichen Regime befinden sich auf dem Höhepunkt des Genozids, Femizids und Ökozids. In diesem dritten Weltkrieg wird die Vernichtung von Völkern, Gesellschaften, Frauen, Kindern und der Natur in einem Ausmaß und in einer Form betrieben, die das Gewissen und die Vernunft nicht begreifen können.

Warum der türkische Staat die Angriffsrichtung nach Rojava verlegt

Seit dem Tag seiner Machtübernahme versucht das faschistische AKP/MHP-Regime, das das Leben in der Türkei in einen Kerker mit Krieg, Migration, Armut, Diebstahl, Korruption, Plünderung, Vergewaltigung, Massakern und abertausenden Krisen verwandelt hat, die Situation, für die es verantwortlich und schuldig ist, durch die Eskalation des Faschismus zu verschleiern. Das Ergebnis der Politik des Krieges ist der Tod und eine vielschichtige wirtschaftliche, soziale und politische Krise. Die türkische Armee hat in den letzten Jahren immer wieder schwere Schläge von der kurdischen Freiheitsguerilla in den Medya-Verteidigungsgebieten einstecken müssen und am 22. Dezember eine große Niederlage erlitten. Um diese Niederlage zu vertuschen, hat der faschistische türkische Staat die Angriffsrichtung nach Rojava verlegt und begeht vor den Augen der ganzen Welt Kriegsverbrechen.

Alle kurdischen Errungenschaften sollen zerstört werden

Dieser Krieg kommt nicht den Völkern der Türkei zugute und begünstigt nur die faschistischen Machthaber. Er ist das Werk des Faschismus und richtet sich gegen das friedliche und freie Zusammenleben der Völker. Diese Angriffswelle zielt auf Völkermord und einen erzwungenen demografischen Wandel ab. Im Wesentlichen geht es darum, die Errungenschaften, die das kurdische Volk mit großem Aufwand erreicht hat, zu zerstören. Der türkische Staat versucht mit der Eskalation des Krieges, die Gesellschaft und das Leben, die gemeinsame Kultur der Völker und die Werte der Demokratie auszutrocknen und ihren Willen zu schwächen.

Religiöser Fanatismus, Sexismus und Nationalismus rücken in den Vordergrund

In einem Umfeld, in dem religiöser Fanatismus, Sexismus und Nationalismus in den Vordergrund rücken, werden alle gesellschaftlichen Gruppen zu absoluten Partnern der Völkermordpolitik gemacht. In der heutigen Türkei werden alle, die die Kriegspolitik der Regierung kritisieren, gelyncht, in Kerker geworfen, getötet oder ins Exil geschickt. Daher müssen alle demokratischen Kreise und linken Kräfte lauter als je zuvor ,Stoppt den Faschismus' sagen, um sich des Verbrechens zu entledigen, Partner dieses faschistischen Regimes zu sein. Der Tag ist gekommen, um diese Regierung zu stoppen, die ihr faschistisches Regime und ihre Kriege mit nationalistischen Diskursen legitimiert. Wir fordern alle, die sich als Intellektuelle, Demokrat:innen und Linke bezeichnen, dazu auf, gegen die Kriegspolitik der Regierung Stellung zu beziehen. Es darf nicht vergessen werden, dass die Welle des Nationalismus, die sich gegen die Kurdinnen und Kurden richtet, die Armut, die Arbeitslosigkeit und die Zahl der Toten in der Türkei erhöht.

Der Freiheitskampf kurdischer Frauen soll isoliert werden

Mit der beispiellosen Isolation von Rêber Apo [Abdullah Öcalan] soll verhindert werden, dass Kurd:innen und Frauen zu einer demokratischen und freien Kraft werden. Die Freiheitsbewegung Kurdistans und der Freiheitskampf der kurdischen Frauen sollen isoliert werden. Die Gefahren, die von diesem Prozess der Isolation, der Besatzung und des Völkermords ausgehen, werden immer größer. Deshalb erklären wir, dass wir als Frauenbewegung in einem ständigen aktiven Kampf sowohl gegen die unmenschliche Isolation auf Imrali als auch gegen die verstärkten Angriffe in Rojava und anderen Teilen Kurdistans sind und sein werden. In dieser apokalyptischen Zeit rufen wir die Menschen in Kurdistan auf, auf allen Ebenen legitime Reaktionen zu zeigen, um die Angriffe zu stoppen und die Errungenschaften von Rojava zu schützen. Die demokratischen Aktionen müssen dringend fortgesetzt werden, bis der Faschismus sich zurückzieht.

Wer heute schweigt, wird sich morgen schämen

Diese Angriffe werden von der ganzen Welt beobachtet. Die Rücksichtslosigkeit des faschistischen türkischen Staates, der sich an kein internationales Recht, keine Konvention und keine Norm hält, ist auf das Schweigen dieser Mächte zurückzuführen. Das Schweigen der internationalen Organisationen und Mächte ist wie eine Einladung an die AKP/MHP-Regierung, ihren Vernichtungsfeldzug fortzusetzen. Deshalb rufen wir alle relevanten internationalen Mächte dazu auf, Stellung zu beziehen, um diese Angriffe, die das Gewissen der Menschheit verletzen, zu verhindern. Wer zu dem, was heute geschieht, schweigt, wird sich morgen schämen. Es gibt Angriffe von allen Seiten. Die Kurdinnen und Kurden werden von allen Seiten angegriffen. Unser Volk wird massakriert, unsere Lebensgrundlagen werden zerstört. Das türkische faschistische Regime will heute in allen Teilen Kurdistans vollenden, was der IS unvollendet gelassen hat.

Das Schweigen des sogenannten Gewissens des Volkes ist die Macht, die die Regierung stützt. Wer sich nicht gegen die faschistische Praxis erhebt und keine Rechenschaft fordert, ermöglicht dem Regime rücksichtslose Angriffe. Es sollte nicht vergessen werden, dass die Regierung von denen lebt, die ihre faschistische Macht unterstützen, ihr zusehen und sich in einen Panzer des Schweigens hüllen. Die derzeitige Regierung begeht Kriegsverbrechen. Der Tag der Abrechnung wird kommen.

Das Leuchtfeuer der Hoffnung für die Menschheit verteidigen

Wir appellieren erneut an alle antikapitalistischen Kräfte und unsere Freundinnen und Freunde, die den Freiheitskampf des kurdischen Volkes und der Frauen in allen Prozessen unterstützen und umarmen, die Revolution von Rojava als ein Leuchtfeuer der Hoffnung für die Menschheit zu verteidigen. Wir rufen die kurdischen Mütter, junge Frauen, Frauenorganisationen und Persönlichkeiten dazu auf, ihre Haltung gegen die verstärkten Besatzungsangriffe und Völkermordoperationen, die Massaker an Frauen, den Faschismus und die männliche Hegemonie in unserem Land auf das Schärfste zu zeigen. Die Frauenorganisationen im Nahen und Mittleren Osten und in der ganzen Welt rufen wir erneut dazu auf, ihre organisierte Stärke im Bewusstsein und in der gemeinsamen Aktion an der Seite des legitimen Widerstands des kurdischen Volkes zu erhöhen.

Foto: Trauerfeier in Qamişlo. Berivan Mihemed war eine von sieben Beschäftigten, die bei einem Drohnenangriff auf die Sîmav-Druckerei getötet wurden.