Jineolojî-Wochenende in Lausanne

Im Pôle Sud in Lausanne beginnt heute um 14 Uhr ein zweitägiges Jineolojî-Seminar. Inhaltlich geht es um antikolonialen Feminismus und 5000 Jahre Widerstand gegen das patriarchale Herrschaftssystem aus der Perspektive der kurdischen Frauenbewegung.

In Lausanne beginnt heute ein zweitägiges Seminar, das vom Jineolojî-Zentrum in Brüssel und dem im Kanton Waadt aktiven Frauenrat Lajîn veranstaltet wird. Thema des ersten Tages ist „Antikolonialistischer Feminismus“, zwischen 14 und 18 Uhr finden Workshops statt. Am Sonntag beginnt das Programm um 9 Uhr mit einem vierteiligen Seminar über 5000 Jahre Widerstand und die seit vierzig Jahren andauernde Revolution aus der Perspektive des kurdischen Befreiungskampfes. Veranstaltungssprache ist Französisch, es wird Übersetzung angeboten. Das Seminar ist für alle offen.

Sarah Marcha vom Brüsseler Jineolojî-Zentrum erklärte gegenüber ANF, dass das Seminar auf Wunsch von Frauen aus Waadt stattfindet. Die Jineolojî, übersetzt „Wissenschaft der Frau“, ist ein zentraler Bestandteil der kurdischen Befreiungsbewegung und spielt auf institutioneller Ebene vor allem in der Revolution von Rojava eine große Rolle. Die Jineolojî betrachtet die individuelle Freiheit der Frau als unabdingbare Voraussetzung für die Freiheit der gesamten Gesellschaft und stellt die Untersuchung von Gesellschaft, Geschichte, Religion, Epistemologie und vielen anderen Bereichen aus Frauenperspektive in den Mittelpunkt. Dabei beschränkt sich Jineolojî nicht auf akademische Bildung, sondern baut Zentren auf, führt Seminare durch und arbeitet auf allen Ebenen aktiv an einem Empowerment von Frauen. Die Forschungsbereiche der Jineolojî wurden in Nord- und Ostsyrien im Jahr 2015 etabliert. Mittlerweile hat sich die Jineolojî auf jede Institution und jeden Aspekt des Lebens in Nord- und Ostsyrien verbreitet, von den Akademien über die Schulen und Universitäten, die Verteidigungskräfte, bis in die Basisräte und ihre Kommissionen hinein.

„Wir wollen aus der Perspektive der Jineolojî darstellen, wie die kurdische Frauenbewegung gegen Kapitalismus, Besatzung und das patriarchale Herrschaftssystem agiert. Wir haben Bedingungen, die wir Feministinnen und allen Frauen auf der Welt bekannt machen wollen. In unserem Seminar geht es um die Geschichte von Frauen und die Entstehung der Jineolojî. Wir wollen darüber sprechen, auf welchen Grundsätzen die Jineolojî aufbaut“, so Sarah Marcha.

Die Referentin weist darauf hin, dass die Jineolojî auch in Europa zunehmend Beachtung findet, insbesondere bei feministischen Gruppen und der Ökologiebewegung. Der erste Tag findet im soziokulturellen Zentrum Pôle Sud statt, am zweiten Tag sind kurdische Frauen die Gastgeberinnen.