Jineolojî-Konferenz in Hesekê

Auf einer Konferenz in Hesekê ist über den aktuellen Stand der weltweiten Jineolojî-Forschung und die Methoden und Ziele der „Wissenschaft der Frau und des Lebens“ in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien diskutiert worden.

„Jineolojî aktualisiert die Weisheit von Frauen“

„Die Weisheit der Frauen wird durch die Jineolojî aktualisiert“ - unter diesem Motto fand in Hesekê am 25. und 26. September die zweite Konferenz der Akademie für Jineolojî in Nordostsyrien statt. Rund 300 Delegierte diskutierten in der Serdem-Halle über den aktuellen Stand der aus der kurdischen Bewegung hervorgegangenen „Wissenschaft der Frau und des Lebens“ und die Grundlagen und Methoden der Frauenforschung.

Monatelange Vorbereitung in Arbeitsgruppen

Zur Vorbereitung der Konferenz waren bereits vor Monaten Arbeitsgruppen zu den Themen „Intellektuelle Aufgaben beim Aufbau des Akademiesystems“, „Die Methodik der Jineolojî“, „Rolle der Jineolojî beim Aufbau der Frauenrevolution“, „Methodik und Ziele der Jineolojî-Ausbildung“ und „Universalisierung der Jineolojî und ihr Ausbreitungsgrad im Nahen Osten“ gebildet worden. Die Arbeitsgruppen führten Recherchen, Umfragen und Workshops zu dem jeweiligen Thema durch und fassten die dabei gewonnenen Informationen und Meinungen als Vorlage für die Konferenz zusammen.

Pionierinnen gewidmet

Die Konferenz wurde zwei Pionierinnen der Jineolojî-Akademie gewidmet: Malda Kûsa, die 2019 durch eine vom IS gelegte Sprengfalle in der Nähe von Hesekê ums Leben kam, und Nagihan Akarsel, die die Jineolojî-Forschung in Nordostsyrien mitbegründete und am 4. Oktober 2022 vor ihrer Wohnung in Silêmanî in der Kurdistan-Region des Irak vom türkischen Geheimdienst MIT erschossen wurde. Im Vorraum der Serdem-Halle wurde mit Bildern an weitere Pionierinnen erinnert, darunter die spätantike Wissenschaftlerin Hypatia sowie Rosa Luxemburg, Sakine Cansız, Zeynep Kınacı, Arîn Mîrkan, Hêlîn Murad, Isyan Armanç und Leyla Agirî, und daran, dass das Wissen über ein freies Leben zu erlangen, mit einem hohen Preis verbunden ist. Auch das Frauendorf Jinwar wurde in dem Vorraum vorgestellt, die Frauenstiftung WJAS präsentierte sich mit einem eigenen Stand.

Ich bin die Göttin Ischtar, ich bin das Leben“

Die Konferenz begann mit einem Auftritt von vier Frauen, die auf der Bühne auf Kurdisch, Arabisch, Armenisch und Aramäisch ein Gedicht der Göttin Ischtar rezitierten: „Ich bin die Göttin Ischtar, ich bin das Leben“. Danach wurden die Themen der Konferenz in Eingangsreferaten vorgestellt und die Entwicklungen der letzten vierzehn Jahre in einem Film präsentiert. In dem einstündigen Film wird die Arbeit im Bereich Jineolojî in den vier Landesteilen Kurdistans einschließlich Mexmûr und Şengal, in anderen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens, in Europa und Lateinamerika gezeigt. Eine Theateraufführung von Internationalistinnen vom Andrea-Wolf-Institut zur Frauenrevolution und der Auftritt einer armenischen Tanzgruppe erhielten großen Beifall, die Zuschauerinnen riefen „Jin Jiyan Azadî“ (Frau Leben Freiheit).

Wechselwirkung zwischen Jineolojî und Frauenrevolution

Die Ergebnisse der Konferenz wurden in einer Abschlusserklärung zusammengefasst. In dem am Freitag veröffentlichten Bericht heißt es: „Die Jineolojî spielt eine wichtige Rolle für die Dauerhaftigkeit der Frauenrevolution, und ohne die Frauenrevolution kann die Jineolojî nicht umgesetzt werden.“

Auf der Konferenz sei festgestellt worden, dass „die Definition der Jineolojî ist bis zu einem gewissen Grad erfolgt ist. Obwohl die Arbeit zur Förderung und zum Verständnis der Jineolojî fortgesetzt werden muss, müssen wir nun in eine neue Phase eintreten. Unsere Konferenz war der Ansicht, dass es für die Akademie für Jineolojî von nun an wichtig ist, mehr auf die Bedürfnisse der Frauenrevolution einzugehen und die Lösung sozialer Probleme aus der Sicht der Soziologie der Freiheit zu begleiten. Es ist wichtig, die sich gegenseitig ergänzenden Beziehungen mit allen Teilen der Gesellschaft zu verstärken, damit die Wege und Methoden der Jineolojî die Grundlage für das Verständnis und die Umsetzung eines konföderalen Frauensystems in allen Dimensionen bilden können. Die Jineolojî hat intellektuelle Aufgaben bei der Schaffung einer paradigmatischen Revolution in der Wissenschaft und beim Aufbau der demokratischen Moderne.“

Von Kurdistan zum Weltfrauenkonföderalismus

„Die Universalisierung der Jineolojî-Forschung basiert auf der Revolution, die in Kurdistan begann. Die Frauenrevolution, vor allem in Nord- und Ostsyrien, hat sich auf Frauen in der ganzen Welt und insbesondere im Nahen Osten ausgewirkt, und die Jineolojî wird als Wissenschaft dieser Revolution anerkannt. Die weltweiten Beziehungen müssen ausgeweitet und die bestehenden Beziehungen auf eine organisierte Ebene gebracht werden, und diese Aktivitäten müssen die Grundlage für eine demokratische Weltfrauenkonföderation bilden.“

Mit der magischen Formel „Jin Jiyan Azadî“

„Die Frauenrevolution wird ihre wissenschaftliche Grundlage in der Jineolojî finden. Wir treten ein in eine neue Phase der Jineolojî, die auf den Erkenntnissen der moralischen und politischen Gesellschaft und den Erfahrungen der Frauenrevolution beruht. Damit das 21. Jahrhundert das Jahrhundert der Frauen wird, werden wir unseren Kampf auf dem Gebiet der Wissenschaft mit der magischen Formel Jin-Jiyan-Azadî führen.“

Der Begriff Jineolojî wurde von Abdullah Öcalan geprägt

In der Abschlusserklärung wird außerdem betont, dass der Begriff Jineolojî von Abdullah Öcalan geprägt wurde. Die Konferenzteilnehmerinnen sehen eine weltweite Verbreitung seiner Vorstellungen von einem freien Leben als wesentliche Aufgabe an und setzen sich für die Freilassung des seit 25 Jahren inhaftierten PKK-Begründers ein.