Jin TV besucht Vorbereitungen zum 8. März in Hamburg

Im kurdischen Frauensender Jin TV ist eine deutschsprachige Reportage über die Vorbereitungen auf die Demonstration am 8. März in Hamburg ausgestrahlt worden. Zu Wort kommen Aktivistinnen aus verschiedenen Gruppen.

Ein Team des in den Niederlanden ansässigen Frauensenders Jin TV hat im kurdischen Verein in Hamburg mit den Organisatorinnen des „internationalistischen Flügels“ der Demonstration zum Frauenkampftag am 8. März gesprochen. Herausgekommen ist eine halbstündige Reportage, in der die Aktivistinnen verschiedener Initiativen sich und ihre Ziele und Forderungen vorstellen. Die Doku mit den auf Deutsch von Lydia Gottschalk geführten Interviews wurde am Freitag mit kurdischen Untertiteln auf Jin TV ausgestrahlt.

 

In Hamburg wird am 8. März ein Sternmarsch stattfinden, der am Jungfernstieg um 18.30 Uhr mit einer gemeinsamen Abschlusskundgebung und einem Kulturprogamm endet. Der internationalistische Flügel startet um 16.30 Uhr am S-Bahnhof Sternschanze. Zu den Organisatorinnen gehören die Initiativen Frauenrat Rojbîn, Tejiendo Redes y Rebeldìas, Miradas Femininistas, Gemeinsam Kämpfen, Zora, Flinta und Klima, Ende Gelände Hamburg und andere feministische Gruppen.

Internationalistischer Aufruf zum feministischen Kampftag am 8. März 2022

In dem Aufruf des internationalistischen Flügels heißt es unter Überschrift „Auf die Straße zum 8. März! Eine andere Welt ist möglich!“:

Der 8. März zeigt uns, dass der Kampf um Befreiung international ist. Denn an diesem Tag schließen sich weltweit Frauen, Lesben, trans-, inter-, nicht-binäre und agender- Personen (FLinta*) zusammen und zeigen, dass der Widerstand gegen das kapitalistische Patriarchat keine Grenzen kennt. Wir können überall auf der Welt beobachten, dass feministische Bewegungen revolutionäre Kämpfe anführen, Widerstand leisten gegen patriarchale Gewalt, Ausbeutung und Unterdrückung. Wir solidarisieren uns mit diesen Bewegungen und fühlen uns mit ihren Kämpfen verbunden. Daher laufen wir am 08.03.2022 auch als internationalistischer Finger. Lasst uns an diesem Tag auch hier in Deutschland gemeinsam geschlossen als kämpfende Frauen, Lesben, trans-, inter-, nicht-binäre und agender- Personen für eine geschlechterbefreite Gesellschaft ohne Gewalt und in Frieden auf die Straße gehen. Wir wollen unsere Kräfte bündeln und zusammen kämpfen gegen:

Armut…

Die Expansion des neoliberalen Kapitalismus führt heute vor allem dazu, dass die Kluft zwischen Armen und Reichen weltweit stetig auseinander geht. Unter den 2,3 Milliarden unterernährten Menschen sind 70 % Frauen, Kinder und andere unterdrückte Geschlechter. Die Feminisierung der Armut ist international bittere Realität.

Krieg…

Wir lehnen die Kriege ab, die nur geführt werden, um Macht und Reichtum zu erhalten. Der Krieg in vielen Ländern des globalen Südens hat die Situation von Millionen von Menschen schier unerträglich gemacht. Auch die Mehrzahl der rund 100 Millionen heimatloser Menschen sind Frauen, Kinder und andere unterdrückte Geschlechter.

Gewalt...

Menschenhandel, Gewalt, Morde und Vergewaltigungen an Frauen, Lesben, inter-, nicht-binären, trans- und agender*- Personen steigen überall. Nur in den Formen und der Ausführung unterscheidet sich die Gewalt gegen uns in den verschiedenen Ländern dieser Welt. Überall auf der Welt werden täglich Frauen, Lesben, trans-, inter-, nicht-binäre und agender*-Personen umgebracht, weil diese Gesellschaft ihre Leben systematisch abwertet. Auch seit der Corona-Pandemie sehen wir, wie sich diese gewaltvollen Verhältnisse dramatisch zuspitzen.

Ökologie…

Angesichts weltweiter Krisen des Klimas und der Armut treten Debatten über Naturverhältnisse erneut in den Fokus feministischer Widerstände. Auch die globalen indigenen und kommunalen, ländlichen Kämpfe von Frauen, Lesben, trans-, inter-, nicht-binären und agender*-Personen mit dem Ziel, den eigenen Lebensraum zu schützen, finden mehr Beachtung. Damit erhalten feministische Kämpfe für eine selbstbestimmte Lebensweise verwoben mit der Verteidigung der Natur vermehrte Aufmerksamkeit und sind vermehrt Angriffen ausgesetzt. In den letzten Jahren allein wurden viele Klimaaktivist:innen im lateinamerikanischen Raum aufgrund ihres Engagements ermordet.

Alternativen…

Den 8. März begehen wir in diesem Sinne mit einem großen Verantwortungsbewusstsein. Der internationale feministische Kampftag darf nicht mehr ein Tag sein, an dem nur über die Probleme von Frauen, Lesben, inter-, nicht-binären, trans- und agender- Personen geredet wird. Am 8. März sollten die Projekte der Frauen, Lesben, inter-, nicht-binären, trans- und agender- Personen, die das Leben und die Gesellschaft betreffen, vorgestellt, diskutiert und gemeinsam umgesetzt werden. Der Kampf hierfür sollte auf alle Tage im Jahr ausgeweitet und so gefeiert werden.

Wir stellen uns das Leben anders vor. Und deshalb wollen wir auch in Hamburg zum feministischen Kampftag gemeinsam auf die Straße gehen. Wir wollen keine Beteiligung an den herrschenden Machtverhältnissen! Wir wollen eine herrschaftsfreie Gesellschaft, in der es keine Unterdrückung, keine Ausbeutung, keine Ungleichheit aufgrund von Geschlecht, Herkunft oder Klasse mehr gibt!

Wenn wir unsere Kämpfe miteinander verbinden, uns gemeinsam organisieren und uns mit Entschlossenheit gegen jegliche Angriffe widersetzen, die versuchen uns das Leben zu nehmen, werden wir unsere Existenz und unsere Gesellschaften verteidigen! Damit die Geschichte nicht weiterhin nur von den Mächtigen geschrieben wird, sondern von jenen, die sich für eine bessere Zukunft einsetzen!

Warum Frauen, Lesben, trans-, inter-, nicht-binär-, agender- Personen ohne Cis- Männer?

Wir möchten mit euch am 8. März. als Frauen-, Lesben, inter-, nicht-binäre, trans- und agender-Personen ohne cis-Männer auf die Straße gehen. Denn wir sind die Personen, die vom patriarchalen System unterdrückt werden. Wir sind von sexualisierter Ausbeutung und Unterdrückung sowie von Sexismus betroffen. Selbstverständlich leiden teilweise auch cis-Männer unter dem patriarchalem System, allerdings sind sie an Stellen privilegiert, wo Frauen, Lesben, trans- inter-, nicht-binäre und agender*-Personen marginalisiert und unterdrückt werden. Wir möchten die Demo nutzen, um uns gegenseitig zu stärken, uns die seltene Gelegenheit bieten, autonom auf die Straße zu gehen. Heute wollen wir uns, wie an vielen anderen Orten auf der Welt, von patriarchalen Strukturen frei machen, uns alles zutrauen, voneinander lernen, uns gegenseitig stärken und Freund:innenschaften bilden. Wir müssen uns organisieren, als Frauen, Lesben, trans-, inter-, nicht-binäre und agender Personen, um das männliche Herrschaftssystem der Unterdrückung und Ausbeutung, das sich gegen uns richtet, zu Fall zu bringen.