Die feministische Kampagne „Gemeinsam kämpfen” erklärt zum internationalen Frauenkampftag am 8. März: „Unsere autonome Organisierung ist unser alltäglicher Streik gegen das Patriarchat!“ und ruft zum Widerstand gegen das Patriarchat auf:
Liebe Freund*innen, liebe Weggefährt*innen, liebe Verbündete,
am 8. März, dem internationalen Frauen*kampftag, sagen wir als Frauen und Queers weltweit dem Patriarchat den Kampf an. An diesem Tag schließen wir uns zusammen, tragen unsere Trauer über immerwährende Angriffe und Gewalt, unsere Wut hierüber auf die Straße und machen unseren alltäglichen Widerstand und unsere endlose Kraft sichtbar.
Das Patriarchat hat viele Gesichter. Es reicht weit bis in die Geschichte zurück, hat sich dort verankert und verwurzelt. Und so wie sich auch Lebensbedingungen, Unterdrückung, Widerstand, Natur und Gesellschaften verändert haben, hat sich auch das Patriarchat verändert und angepasst. Es hat sich verwoben mit anderen Formen der Unterdrückung, mit Kapitalismus, mit Rassismus, mit Neoliberalismus und mit der Ausbeutung von Mensch und Natur.
Die Aufspaltung und Trennung von uns untereinander ist grundlegendes Prinzip des Patriarchats. Wir sollen einander nicht fühlen, einander nicht unterstützen, nicht voneinander wissen und nicht wissen, dass wenn es eine trifft, wir alle damit gemeint sind.
Doch wir wissen, dass der Angriff auf die Frauenrevolution in Nord- und Ostsyrien – die wir als eine zentrale Quelle der Kraft für weltweite antipatriarchale Kämpfe sehen – auch ein Angriff auf uns ist. Wir wissen, dass die Frauen und die Gesellschaft dort für eine Alternative zum kapitalistischen Patriarchat kämpfen. Und wir wissen, dass wir, wenn wir unsere Gemeinsamkeiten in den Vordergrund stellen, die Idee dieser Revolution weltweit Früchte tragen wird.
Wir wissen auch, dass das Grauen, dass die Menschen an den Grenzen Europas erleben müssen, nichts schicksalhaftes hat, sondern System ist. Auf ihren Rücken wird ein Kampf der Hegemonialmächte um Vorherrschaft und Macht ausgetragen, in dem Erdogan die Rojava-Revolution und ihre Blüten vernichten will. Doch dagegen regt sich immer mehr Widerstand.
Die Verteidigung der Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien und der Aufbau eines freien Lebens beginnt in uns und überall dort, wo wir leben und in dem, wie wir mit einander umgehen. In den Werten, die wir uns selbst erarbeiten und teilen. Sie beginnt in einer harten, ehrlichen Auseinandersetzung mit unseren gesellschaftlichen Positionen, in der ernsthaften Anerkennung unserer Sozialisation und Mentalität und dem Aufbrechen alter Logiken.
Unser Widerstand richtet sich gegen all die Missstände, die wir erleben und sehen: Gegen den Backlash in der Zuweisung von Geschlechterrollen in Deutschland, ungleiche Einkommen und den versuchten Mord durch einen Mann an seiner Partnerin oder Ex-Partnerin an jeden dritten Tag. Die Morde an Frauen in Lateinamerika, jeden Tag sind es mehr als 12. Die Verhandlung in der Türkei über ein Gesetz, dass die Vergewaltigung Minderjähriger legitimieren soll, wenn der Täter die Betroffene anschließend heiratet. Das Verbot für Frauen in Alabama, selbstbestimmt über ihren Körper zu entscheiden und abzutreiben. Auch dann, wenn sie vergewaltigt wurde.
Jeder gewalttätige Ausdruck des Patriarchats, egal wo er stattfindet, trifft ein Individuum, aber er hat System. Und daher schließen wir uns zusammen und leisten Widerstand in einer langen Tradition von feministischen Kämpfen der vergangenen Jahrhunderte. Denn wir sind die Nachfolger*innen der Hexen, die ihr nicht verbrennen konntet.
Das Patriarchat hat viele Gesichter. Und unser Widerstand auch!
Als Feminist*innen stehen wir mehr denn je in der Verantwortung, das Patriarchat entschieden zu bekämpfen – und mit ihm alle Formen der Unterdrückung, da sie nach derselben Logik funktionieren. Die Toten von Hanau, das Grauen an der griechisch-türkischen Grenze, die aktuellen Feminizide in der BRD sind aktuelle schreckliche Signale.
Wir stehen für die Idee des demokratischen Weltfrauenkonföderalismus, der in der kurdischen Frauenbewegung entstand, auch wenn unsere Kämpfe in unterschiedlichen Kontexten und unter verschiedenen Bedingungen stattfinden. Wir diskutieren den Vorschlag der Zapatistas für ein weltweites Netzwerk des Widerstands und der Rebellion und wir begreifen uns als Teil der weltweiten Streikbewegung.
Lasst uns unsere Kämpfe miteinander verbinden und die Vielfalt in ihnen sichtbar werden lassen!
Lasst uns auf einander zugehen, einander zuhören, uns gegenseitig unterstützen und die Vielfalt unserer verschiedenen Kämpfe und Organisierungen als unsere Alternative zum kapitalistischen Patriarchat begreifen.
Wir streiken nicht nur am 8. März, sondern jeden Tag gegen das Patriarchat, wenn wir sagen: Unsere Organisierung ist unsere Selbstverteidigung, denn wenn wir streiken, dann steht die Welt still.
Am 8. März und an jedem weiteren Tag!
Widerstand heißt Leben!
Jin Jiyan Azadî!