Istanbul: Feministische Proteste gegen Armut
In Istanbul haben heftige Frauenproteste gegen die Verarmungspolitik des türkischen Regimes stattgefunden. „Wir erheben uns, wir werden die Rechnung für diese Krise nicht bezahlen“, riefen die Frauen.
In Istanbul haben heftige Frauenproteste gegen die Verarmungspolitik des türkischen Regimes stattgefunden. „Wir erheben uns, wir werden die Rechnung für diese Krise nicht bezahlen“, riefen die Frauen.
In Istanbul versammelten sich am Donnerstag feministische Frauen, um ihre Wut über die Verarmungspolitik des Regimes zum Ausdruck zu bringen. Sie hängten Rechnungen an einem Weihnachtsbaum auf einem Platz in Beşiktaş auf, entrollten Transparente mit der Aufschrift „Feministischer Aufstand gegen Armut“ und riefen Parolen wie „Es lebe die Frauensolidarität“.
„Wir dulden diese Verarmung nicht“
In einem Redebeitrag erklärte die mehrfach ausgezeichnete Regisseurin und feministische Aktivistin Bilen Sevda Könen: „Wir sind empört darüber, dass wir gezwungen werden, die Rechnung für die Krisen dieses Systems zu bezahlen! Wir wollen nicht das Leben leben, das uns aufgezwungen wird, wir wollen unser eigenes Leben leben, ein Leben, das wir mit unserer feministischen Rebellion aufbauen werden. Wir dulden es nicht mehr, billige Arbeitskräfte zu sein, die unbezahlte Last der Hausarbeit und Fürsorge zu tragen, die männliche Gewalt, die Morde an Frauen und Transpersonen, die Hassreden, die Ausbeutung unserer Arbeitskraft und unseres Körpers als Migrantinnen, die unsichere, flexibilisierte Arbeit, die Politik, die Frauen in den Familien einsperrt, die permanente Notwendigkeit, alarmbereit in den öffentlichen Verkehrsmitteln zu sein, wir dulden die Armut nicht mehr.“
„Frauen werden gezwungen, bei ihren Familien zu bleiben“
Könen wies auf die andauernden Lohnsenkungen und die galoppierende Inflation hin, welche es den Menschen immer schwerer mache, auch nur die Grundversorgung sicherzustellen. Allein schon den Ofen anzumachen, sei aufgrund der Kosten für viele kaum noch finanzierbar. „Zusätzlich zur Preissteigerung bei den Grundnahrungsmitteln belastet uns auch die Verteuerung von Hygieneprodukten“, erklärt sie. „Wir können uns nicht mehr versorgen! Die enormen Mietsteigerungen betreffen uns Frauen zutiefst. Wir brauchen gar nicht mehr von Wohnungen mit einer angemessenen Miete zu sprechen, Frauen, die allein leben, sowie Menschen, die unverheiratet zusammenleben, wird nicht einmal eine Mietwohnung gegeben. Aufgrund des Mangels an Wohnheimen für Studierende und der hohen Preise für private Unterkünfte sind viele Frauen entweder gezwungen, bei ihrer Familie zu bleiben oder sie können nicht mehr weiter studieren. Es wird immer schwieriger für Frauen, allein zu leben. Das Wohnungsproblem erhöht den patriarchalen Druck auf Frauen von Tag zu Tag immer mehr.“
„Migrantische Frauen von extremster Ausbeutung betroffen“
Kösen fuhr fort: „Da für Frauen der Zugang zu Geld und Lebensmitteln, den Ressourcen, ein eigenständiges Leben zu führen, beschränkt ist, entstehen weitere Probleme. Die Frauen sind der Männergewalt ausgeliefert. Die Sozialleistungen erlauben es Frauen nicht, ihr Leben wieder aufzubauen, stattdessen werden Frauen, die Leistungen beantragen, wie Bettlerinnen behandelt. Frauen sind oft die ersten, die entlassen werden, und immer wieder erhalten sie weniger Lohn für eine größere Arbeitslast. Das Anheizen des Rassismus durch die AKP manifestiert sich in der Ausbeutung der Körper von migrantischen Frauen. Während die Chefs ihre Arbeitskraft ausbeuten, sind diese Frauen, weil sie nicht organisiert sind und für sie die offiziellen Beschwerdewege verschlossen sind, der grausamsten Seite des Kapitalismus ausgesetzt.“
„Die Arbeitszeit in Haus und am Arbeitsplatz ist gestiegen“
Könen beendete ihre Ansprache mit den Worten: „Frauen, die in der bezahlten Kinderbetreuung arbeiten, werden in Krisenzeiten entweder arbeitslos oder ihr Einkommen nimmt weiter ab. Die Kinderbetreuung hingegen wird auf die Großeltern übertragen, und Frauen mit Kindern sind so zur Fürsorgearbeit verdammt. Frauen mit Kindern sind zum Leben in der Familie verurteilt.“