Im selbstverwalteten Flüchtlingslager Mexmûr in Südkurdistan sind die Feierlichkeiten zum diesjährigen Frauenkampftag am 8. März mit einer kämpferischen Demonstration eingeleitet worden. Tausende Frauen und Mädchen trafen sich dazu beim Rat der Angehörigen von Gefallenen. Nach einer Schweigeminute in Gedenken an die Gefallenen des kurdischen Befreiungskampfes wurde die Route der Demonstration mit einem Band in den Farben rot, gelb und grün eröffnet.
Kämpferisch, lautstark und bunt war es auf dem Protest. Viele Frauen trugen ihre traditionellen bunten Kleider, es wehten Flaggen mit den Symbolen der kurdischen Frauenbewegung und dem Konterfei Abdullah Öcalans. Begleitet von Erbane-Klängen, dem schrillen Trillern kurdischer Frauen (das sogenannte Tililî), Musik und der Parole „Jin, Jîyan, Azadî“ zog die Demonstration bis zum Park des 4. April. Hier legten die Frauen eine kurze Pause für mehrere Redebeiträge ein.
Am Ende waren es Tausende, die zur Demo gekommen waren
„Der 8. März ist der internationale Frauenkampftag. Als Teil der Frauenbewegung weltweit haben auch wir unseren Protest und Widerstand auf die Straße getragen”, hieß es in einer von Xantur Kara im Namen des Frauenrats Îştar abgegebenen Erklärung. „Dennoch begreifen wir diesen Tag nicht lediglich als eine Zeit, um auf Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter aufmerksam zu machen“, sagte Kara. Denn in Mexmûr kämpften Frauen vor allem gegen das verweigerte Selbstbestimmungsrecht des kurdischen Volkes, gegen Unterdrückung, Besatzung und Angriffe. „Wir kämpfen gegen Genozid und Feminizid. Wir kämpfen für unsere Existenz und Freiheit. Wir kämpfen gegen Krieg“, hieß es weiter. „Der 8. März ist daher kein gewöhnlicher Aktionstag, sondern ein klares Symbol unserer Haltung gegenüber dem Feind. Wir tolerieren kein aufgezwungenes System, sondern setzen uns für ein Gesellschaftsmodell ein, das auf dem Paradigma einer demokratischen Nation aufbaut. Wir halten an der Vision Abdullah Öcalans, den demokratischen Konföderalismus zu etablieren, fest. Und wir rufen die Frauen der Welt auf, sich überall gegen den Feminizid zu positionieren.“
Die Botschaft des Frauenrats war offensichtlich gegen die Regierungen in Ankara, Hewlêr und Bagdad adressiert. Denn die Türkei greift Mexmûr immer wieder aus der Luft an. Erst Anfang Februar war das Camp von der türkischen Luftwaffe bombardiert worden, zwei Mitglieder der Selbstverteidigungskräfte verloren ihr Leben. Seit bald drei Jahren gilt das von der südkurdischen PDK-Führung erlassene Embargo bereits und zu allem Überfluss verstärkt die irakische Zentralregierung seit Wochen ihre militärische Präsenz in der Gegend. Offenbar soll Mexmûr aufgelöst werden.
Größte kurdische Flüchtlingsgemeinschaft weltweit
Im Flüchtlingslager Mexmûr, das etwa 60 Kilometer südwestlich von Hewlêr (Erbil) gelegen ist, leben mehr als 12.000 Menschen. Die meisten von ihnen waren in den 1990er Jahren aufgrund der Repression des türkischen Staates und der Politik der verbrannten Erde gezwungen, ihre Dörfer in der Botan-Region in Nordkurdistan zu verlassen. Nach einer mehrjährigen Odyssee und Aufenthalten in verschiedenen Camps haben sie 1998 am Rand der Wüste das Lager Mexmûr gegründet. Die Campbevölkerung bildet damit die größte kurdische Flüchtlingsgemeinschaft weltweit. Offiziell steht Mexmûr unter dem Schutz des Flüchtlingswerks der Vereinten Nationen (UNHCR), die allerdings nur noch nominell präsent sind. Die Organisation verließ das Lager bei den Angriffen der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) im Jahr 2014 und kehrte danach nicht mehr zurück.