Gemeinschaften wie die kurdische, die alawitische, drusische, ismailitische und christliche müssen sich organisieren, um ihre Existenz zu schützen und ihre Rechte im Rahmen einer neuen syrischen Verfassung zu sichern. In einer Artikelreihe werden die Vergangenheit und Gegenwart der drusischen und alawitischen Gemeinschaften in Syrien beleuchtet. Dies ist der erste Teil.
In Syrien leben heute schätzungsweise fast zwanzig verschiedene ethnische und religiöse Gemeinschaften. Neben den großen Gruppen wie Araber:innen, Kurd:innen, Drus:innen und Alawit:innen gibt es auch viele kleinere kulturelle Gemeinschaften. Gruppen wie die Assyrer-Syrer:innen, Turkmen:innen, Tscherkess:innen, Ezid:innen, Armenier:innen und Jüd:innen sind alle Teil dieses vielfältigen Mosaiks, jede mit ihren eigenen religiösen Glaubensgruppen und Traditionen.
Ethnisches und religiöses Geflecht
Das soziale Gefüge Syriens besteht aus einer muslimischen Mehrheit: Etwa 85 Prozent der Bevölkerung sind sunnitisch-muslimisch, daneben gibt es alawitische (Nusayris), schiitisch-muslimische, drusische und ismailitische Gemeinschaften. Die Christ:innen, die etwa 13 Prozent der Bevölkerung ausmachen, gehören verschiedenen Konfessionen an, darunter der griechisch-orthodoxen, der syrisch-orthodoxen, der armenisch-gregorianischen und verschiedenen katholischen Gemeinschaften (Maronit:innen, syrisch-katholisch und griechisch-katholisch). Unter der christlichen Bevölkerung gibt es auch eine kleine protestantische Gemeinschaft. Darüber hinaus gibt es auch ezidische Kurd:innneen, alawitische Kurd:innen und Turkmen:innen, Jüd:innen und in gewissem Umfang Atheist:innen und Agnostiker:innen.
Wo lebt die drusische Gemeinschaft?
Die Mehrheit der drusischen Bevölkerung lebt in Syrien, Schätzungen zufolge zwischen 500.000 und 700.000. Sie sind vor allem in Suweida und Daraa (Dschabal ad-Duruz) sowie in Gebieten nahe der israelischen Grenze zu finden. Eine weitere bedeutende drusische Bevölkerungsgruppe lebt in der bergigen Chouf-Region im Libanon (ca. 250.000 bis 300.000 Menschen) und in der Gegend um Amman in Jordanien (ca. 25.000 bis 30.000 Menschen). Eine kleine drusische Gemeinschaft von weniger als 1.000 Menschen lebt auch in zwei Dörfern innerhalb der israelischen Grenzen und besitzt die israelische Staatsbürger:innenschaft. Darüber hinaus gibt es schätzungsweise 100.000 bis 150.000 Drus:innen in der Diaspora. Insgesamt gelten die Drus:innen als eine Gemeinschaft von über einer Million Menschen. Diese Zahlen beruhen auf Schätzungen und können variieren.
Künstliche staatliche Grenzen
Die Verstreutheit der drusischen Bevölkerung ist weitgehend auf die künstlichen Grenzen zurückzuführen, die nach dem Ersten Weltkrieg gezogen wurden. Historisch gesehen lebten sie in der Levante, einer kulturell und geografisch bedeutenden Region. Die Levante erstreckt sich in einem weiten Bogen vom Taurusgebirge in der Türkei über Teile des heutigen Irak, Syrien, Jordanien, Saudi-Arabien, Libanon, Palästina und Israel bis hin zur Sinai-Halbinsel und dem Golf von Ägypten.
Die Levante, deren Grenzen nie eindeutig festgelegt wurden, wurde später als Provinz Damaskus bekannt. Libanon, Israel und Palästina wurden von dieser Provinz abgetrennt, und später wurde das Gebiet Palästinas geteilt, was zur Gründung des Staates Jordanien in einem Teil der Region führte. Auf diese Weise wurde das Gebiet, das einst die Provinz Damaskus umfasste, zersplittert und künstlich in die Staaten verwandelt, die heute existieren.
Ethnische Herkunft ungeklärt
Von den großen in Syrien lebenden Gruppen gibt es keine eindeutigen Informationen über die ethnische Herkunft der Drus:innen. Die meisten der verfügbaren Informationen beruhen auf Spekulationen und Legenden aus verschiedenen Quellen und stützen sich nicht auf konkrete Beweise oder verifizierte Daten.
Einige Quellen führen ihre Herkunft auf die Hethiter:innen oder die Galater:innen zurück, andere vermuten iranische Wurzeln und bringen sie mit den Perser:innen, Meder:innen (aufgrund von Ähnlichkeiten im Glaubenssystem) oder den Mazdakit:innen (Mazdakiyya) in Verbindung. In einigen Berichten werden sie mit den Phönizier:innen in Verbindung gebracht, während bestimmte jüdische Quellen behaupten, dass sie Arbeiter:innen aus Sidon waren, die sich in den Bergen des Libanon niederließen und Holzarbeiten für den Tempel Salomos verrichteten. Es gibt sogar Überlieferungen, die besagen, dass sie Nachkommen von Christ:innen sind, die nach den Kreuzzügen in der Region blieben.
Die Drus:innen selbst bekennen sich jedoch zur arabischen Identität. Dies ist auch die am meisten akzeptierte und unterstützte Ansicht. Nach dieser Sichtweise werden sie als Gruppen arabischen Ursprungs betrachtet, die sich mit den Aramäer:innen im Jemen vermischten und später aufgrund einer Flutkatastrophe in die Berge des Libanon wanderten. Mit der Ausbreitung des Islam konvertierten sie und ließen sich in diesen Bergregionen nieder, die sie zu ihrer Heimat machten.
Der drusische Glaube
Der drusische Glaube geht auf den Zweig der Sieben Imame des schiitischen Fatimidenkalifats in Ägypten zurück. Die schiitische Glaubensrichtung gliedert sich in zwei Hauptzweige: Der anatolische Schiismus erkennt die Zwölf Imame als rechtmäßig an, während die Fatimiden nur die Sieben Imame als rechtmäßig ansahen. Dieser Unterschied stellt eine grundlegende Spaltung zwischen den beiden Hauptzweigen des schiitischen Islam dar.
Das Fatimidenkalifat
Die Geschichte des Fatimidenkalifats (909-1171) ist hinsichtlich seiner Gründung recht komplex. Ursprünglich hatte es seine Wurzeln in Tunesien, aber das Staatsgebiet erstreckte sich schließlich über ein weites Gebiet, das Tunesien, Marokko, Algerien, Libyen, Ägypten, Palästina, Libanon, Syrien, Jordanien und sogar Mittelmeerinseln wie Sizilien, Malta, Sardinien und Korsika umfasste. Das Fatimidenkalifat war der erste schiitische Staat, der innerhalb des sunnitisch dominierten Abbasidenreiches errichtet wurde.
Als interne Aufstände und Unruhen das Kalifat zu bedrohen begannen, versuchte der abbasidische Staat mit Sitz in Bagdad, in der Region des Maghreb zu intervenieren, die unter seinem Einfluss stand. Ubaydullah, ein Anhänger des ismailitischen Zweigs des schiitischen Islam, wurde in den Maghreb geschickt, um die Unruhen zu unterdrücken. Dort angekommen, beendete Ubaydullah den schwächelnden und unabhängigen Aghlabidenstaat und übernahm die Kontrolle über viele Gebiete, um schließlich das Fatimidenkalifat zu gründen.
Da er behauptete, von Fatimah Zahra, der Tochter des Propheten Mohammed und Ehefrau Alis, abzustammen, benannte Ubaydullah seinen neuen Staat nach ihr. Die Fatimiden wollten eine schiitische Alternative zur Herrschaft der Abbasiden errichten und sicherten sich damit einen bedeutenden Platz in der politischen und konfessionellen Landschaft der islamischen Welt.
Ägypten als Zentrum der Entstehung
Das Fatimidenkalifat hatte Ägypten selbst unter seinem vierten Herrscher noch nicht in sein Territorium einbezogen. Zu dieser Zeit befand sich die Region unter der Kontrolle einer anderen Macht, den Ikhshidid:innen. Im Jahr 969 eroberte der fatimidische Militärbefehlshaber Jawhar Ägypten von den Ikhshidid:innen und machte es zum neuen Zentrum des fatimidischen Kalifats. In der späteren Hauptstadt Kairo wurden sowohl die Zitadelle al-Qahira als auch die al-Azhar-Moschee errichtet. Mit diesen Entwicklungen war der Fatimidenstaat in Ägypten offiziell gegründet.
Der drusische Glaube entstand unter der Herrschaft von al-Hakim, dem sechsten Kalifen des schiitischen Fatimidenkalifats in Ägypten, als Unterzweig der ismailitischen Strömung. Sie begann als eine von Muhammad bin Isma'il ad-Darazi, der sich selbst zum Imam erklärte, im Libanon verbreitete Doktrin. Diese Selbstverkündigung löste heftige öffentliche Reaktionen aus; 1016 wurde ad-Darazi der Ketzerei angeklagt und 1018 auf Befehl des Kalifen al-Hakim hingerichtet. Es wird angenommen, dass der Name „Drus:innen“ auf diese Figur zurückgeht.
Frühe Verfolgung
Die Struktur des Glaubens wurde später von Hamza bin Ali, dem Wesir des Kalifen al-Hakim, reorganisiert. Hamza proklamierte al-Hakim als „Herrscher im Namen Gottes“ und erklärte sich selbst zum Propheten. Seine Erklärungen lösten in Ägypten Massenproteste aus, die sich bald zu einem erbitterten Widerstand gegen das Kalifat entwickelten. Diese Aufstände wurden mit Gewalt niedergeschlagen. Auf dem Höhepunkt dieser Unruhen verschwand der Kalif al-Hakim im Jahr 1021 auf mysteriöse Weise und ist vermutlich gestorben.
Angesichts des anhaltenden Drucks zog sich Hamza in die Abgeschiedenheit zurück. Der neue Kalif, al-Zahir vom Fatimidenkalifat, setzte die drusischen Anhänger der Verfolgung aus. Viele wurden gezwungen, ihren Glauben im Verborgenen zu praktizieren. Hamza und seine Anhänger verließen schließlich Ägypten und wanderten in den Libanon aus, wo sie sich mit den verbliebenen Anhänger:innen von ad-Darazi zusammenschlossen.
Die drusischen Qaysis und Jemenit:innen
Die Drus:innen sind intern in zwei Zweige unterteilt, die als die Qaysis und die Jemenit:innen bekannt sind. Diese Aufteilung spiegelt auch eine historische Ausrichtung auf das Osmanische Reich und die Mamelucken wider. Während der Schlacht von Marj Dabiq im Jahr 1516 unterstützten die Jemeniten die Osmanen, während die Qaysis sich auf die Seite der Mamelucken stellten. In späteren Perioden blieben die Drus:innen eine durchweg problematische Gemeinschaft für die osmanische Herrschaft. Sie sind weithin für ihren kriegerischen Geist und ihre rebellische Natur bekannt.
Hochburgen des Widerstands
Sie waren die ersten, die sich dem Osmanischen Reich nach der Eroberung des ägyptischen Kalifats, später der französischen Besatzung und zuletzt dem Baath-Regime widersetzten. Die von ihnen bewohnten Regionen wurden oft zu Hochburgen des Widerstands. Die Drus:innen hissen nur selten ihre Fahne, aber wenn sie es tun, ist es ein Ruf zu den Waffen. Kurz gesagt, sie gelten als ein kriegerisches Volk.
Während des Ersten Weltkriegs gehörten die Drus:innen zu den ersten Gruppen, die sich an der Seite der arabischen Streitkräfte gegen die osmanische Herrschaft erhoben. Nachdem sie 1918 ihre Unabhängigkeit von ihr erlangt hatten, gründeten sie 1921 den Staat Suweida und später das Emirat Dschabal ad-Duruz, benannt nach dem Berg, auf dem sie lebten. Im Jahr 1936 wurde der Status des Emirats für die Drus:innen abgeschafft.
Antikoloniale Revolution in Syrien
Der rebellische Charakter der Drus:innen zeigte sich erneut, als sie im drusischen Gebirge unter der Führung von Sultan al-Atrasch die erste Flamme der syrischen Revolution entfachten, die sich gegen den französischen Kolonialismus richtete. Der Aufstand breitete sich schnell auf Damaskus und viele andere Teile Syriens aus. Infolge dieses Aufstandes wurde der Libanon von Syrien abgetrennt und zu einem unabhängigen Staat erklärt, wobei ein Teil der drusischen Bevölkerung innerhalb der libanesischen Grenzen verblieb.
Der erste Aufstand, der den Beginn des syrischen Bürgerkriegs markierte, brach in Daraa aus, das seit jeher ein Zentrum der Rebellion ist. Obwohl die anfänglichen Proteste gewaltsam niedergeschlagen wurden, breiteten sie sich schnell über das ganze Land aus und führten schließlich zum Zusammenbruch des Regimes. Der drusischen Heimat gelang es einmal mehr, ihre Eigenart zu bewahren und ihr Streben nach einem autonomen Leben nicht aufzugeben.
Die Herrschaft Assads
In den ersten Tagen der Machtübernahme von Hafez al-Assad erhielt er Unterstützung von Drus:innen, Ismailit:innen, Alawit:innen und Kurd:innen. Sein Vorgehen gegenüber diesen Gemeinschaften war jedoch auf die Aufrechterhaltung seiner Herrschaft ausgerichtet. Die Gruppen erhielten nicht den Grad an Repräsentation oder Einfluss, den sie erwarteten, was sie weitgehend von bedeutender Macht ausschloss. Die einstige Unterstützung für die Assad-Familie wandelte sich im Laufe der Zeit in Opposition.
Forderung nach Autonomie
Nach dem Sturz des Baath-Regimes weigerten sich die Drus:innen, sich der Herrschaft von „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS) zu unterwerfen, und begannen, ihre Forderungen nach Autonomie geltend zu machen. Die drusischen Regionen Suweida, Daraa und die Gebiete nahe der israelischen Grenze sind nach wie vor geografisch zersplittert, was einen großen Nachteil darstellt. Die Drus:innen leben in strategisch bedeutsamen und bergigen Gebieten wie den Ausläufern der von Israel besetzten Golanhöhen sowie in Kuneytra, Daraa, Damaskus und Umgebung. Sie haben sich bewusst für diese Bergregionen entschieden, um ihre kulturelle Identität zu bewahren und sich vor äußeren Bedrohungen zu schützen.
Sozialstruktur
Die Drus:innen pflegen eine sozial nach innen gerichtete Gemeindestruktur. Sie sind für ihre fortschrittliche Einstellung zur Gleichstellung der Geschlechter bekannt und halten ein hohes Maß an sozialer Parität zwischen Männern und Frauen aufrecht. In religiösen Angelegenheiten spielen die Religionsgelehrten (ulema) eine zentrale und sehr einflussreiche Rolle. Gelehrte können nur diejenigen werden, die einen langen Prozess religiöser Ausbildung und Erfahrung durchlaufen haben, und dies wird von einer geschlossenen religiösen Elite streng geregelt. In dieser Hinsicht weisen sie einige Ähnlichkeiten mit der ezidischen Gemeinschaft auf.
Ihr religiöser Glaube wird geheim gehalten und hat seine Wurzeln in einer langen und verborgenen Geschichte der klandestinen Organisation. Wer religiöser Gelehrter werden darf, wird ausschließlich vom inneren Kreis der religiösen Elite bestimmt, deren Aktivitäten vollständig nach innen gerichtet und für Außenstehende verschlossen sind. Sie werden eher als eine religiöse Minderheit denn als ethnische Gruppe wahrgenommen.
Seit dem Sturz des Baath-Regimes haben die Drus:innen eine politische Linie verfolgt, die die Autonomie unterstützt. Sie streben eine Selbstverwaltung an, die von ihren eigenen Verteidigungskräften unterstützt wird, was zu ständigen Spannungen mit der Verwaltung der HTS geführt hat. Trotz aller Versuche Israels hat die drusische Gemeinschaft ihre Distanz zum israelischen Staat gewahrt und sich nie dessen Autorität unterworfen.